In Treviso entstand eines der ersten eingemauerten Stadtviertel Italiens – VIDEO

Gated community: „Festungsviertel“ im US-Stil bezugsfertig

Donnerstag, 02. März 2017 | 08:01 Uhr

Treviso – Dass es sich beim Borgo San Martino in Treviso um keine normale Neubausiedlung handelt, ist auf den ersten Blick zu erkennen. Eine fast drei Meter hohe Mauer umgibt das bei Fertigstellung aus 55 Behausungen bestehende Neubauviertel. Zum Viertel, von dem bisher 21 Reihenhäuschen gebaut und 20 verkauft wurden, wobei in 16 die Besitzer bereits eingezogen sind, gibt es nur einen von einem hohen Tor versperrten, videoüberwachten Zugang, der keine Blicke ins Innere der Siedlung zulässt. Ebenfalls von einer ganzen Reihe von Kameras ständig überwacht, wird die ganze das Viertel umringende Mauerkrone. In der Siedlung selbst wurden mehrere Straßen, Gehwege, Parkplätze, Privatgärten, und als zentraler Treffpunkt und „zum sich kennenlernen“ ein Schwimmbad errichtet. Sollten die Besitzer der Reihenhäuser zudem die Notwendigkeit dafür sehen, sieht das Projekt auch die Anstellung eines privaten Wächters vor. Zutritt zum Viertel haben nur die im Viertel Wohnenden und natürlich geladene Gäste. Letztere werden dazu angehalten, ihr Fahrzeug außerhalb des Viertels zu parken und sich zu Fuß zum Eingang zu begeben.

Twitter/Treviso
Twitter/Treviso

Die in den Vereinigten Staaten Gated communities genannten „befestigten Viertel“ sind bisher in Europa noch selten, aber das gestiegene Sicherheitsbedürfnis und der Wunsch, das eigene Privatleben vor fremden Augen zu schützen, lassen auch in Italien solche Siedlungen wie Pilze aus dem Boden schießen. Laut Angaben der Schöpfer der „Festung“ – der Berno Real Estate – soll nach den Reihenhäusern hinter der hohen Mauer eine hohe Nachfrage bestehen. Deren Meinung zufolge treffe das Projekt den Nerv der Zeit und sorge dafür, dass die Besitzer der Häuser nachts ruhig schlafen könnten. Innerhalb der Mauern brauche es keine gepanzerten Eingangstüren mehr und man könne sogar den Zündschlüssel im Zündschloss stecken lassen, weil die hohe Mauer und das gut abgesicherte Tor für die nötige Sicherheit sorgen würden, so Berno Real Estate.

Twitter/Treviso
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Mit 2.200 Euro pro Quadratmeter liegen auch die Preise noch unterhalb der Schmerzgrenze, was übersetzt heißt, dass die Reihenhäuser, die zwischen 170 und 220 Quadratmeter groß sind, ab 400.000 Euro zu haben sind. Bei Berno Real Estate gibt man auch ohne Umstände zu, dass man sich von den in den USA schon seit vielen Jahren bestehenden ummauerten Vierteln inspirieren ließ. Von außen betrachtet wirkt das Viertel wirklich wie eine Festung. Die Videoüberwachung und die Password-gesicherte Eingangstür machen es Einbrechern sehr schwierig in die Siedlung einzudringen. Außerdem wäre es für die Täter praktisch unmöglich das Viertel mit der Beute ungehindert und in kurzer Zeit zu verlassen.

Berno Real Estate
Berno Real Estate

Gesellschaftsforscher hingegen sehen die Entwicklung mit Bedenken und meinen, dass es die Angst sei, die diese „mittelalterlichen Burgen mit Hebebrücke“ baue. Die Schuld sehen sie aber in erster Linie beim Gesetz, das für Einbruch und Diebstahl viel zu geringe Strafen vorsehe. Auch wenn es beim Einbruch zu keiner Gewalt gegen die Einwohner käme und der Verlust gering sei, so nehme das Opfer die Tat doch immer als Eindringen in seine Intimität und Vertrautheit wahr, sodass ein Gefühl der tiefen Verunsicherung entstünde, so der Soziologe Gianfranco Bettin. Die Bürger würden sich vom Staat ein starkes Signal erwarten, so Bettin abschließend.

Und was meinen unsere Leser? Können sie sich solche „Burgen“ auch in Südtirol vorstellen und würden sie gerne darin wohnen?

Von: ka