Nach Trennung für Studium der Kinder Schuldenberg angehäuft

Gericht rettet Mutter: 89.000 Euro Verbindlichkeiten gelöscht

Freitag, 27. Juli 2018 | 08:23 Uhr

Brescia – Ein Urteil, das von einem Gericht in Brescia gefällt wurde, sorgt in Italien für rege Diskussionen. Der Richter wandte ein neues Gesetz an und strich einer von ihrem Mann getrennten Mutter, welche für den Unterhalt und die Ausbildung ihrer Kinder einen enormen Schuldenberg angehäuft hatte, ihre gesamten Verbindlichkeiten. Ihrer Schuldenlast entledigt, hat die überglückliche Frau nun die Chance, ein neues Leben zu beginnen. Beobachter und Experten meinen, dass dieses Urteil sicher Schule machen werde.

Die Leidensgeschichte der 52-jährigen Frau begann mit dem Scheitern ihrer Ehe. In der Folge wurde die 52-Jährige von ihrem Mann gerichtlich getrennt. Da der Mann aber nur sehr spärlich zum Unterhalt der beiden gemeinsamen Kinder beitrug, sah sich die Frau gezwungen, fast alleine für alle anfallenden Kosten aufzukommen. Dabei fielen insbesondere die Ausbildungskosten – der Sohn studiert an einer Universität, während die Tochter nach Abschluss ihres Studiums im Ausland lebt – stark ins Gewicht. Die 52-Jährige, die in der lokalen Sanitätseinheit der Valcamonica angestellt ist und monatlich ungefähr 1.700 Euro verdient, sah sich bald unüberwindbaren finanziellen Schwierigkeiten gegenüber. Im Laufe der Jahre häufte sie bei Banken und Finanzierungsgesellschaften einen Schuldenberg von fast 90.000 Euro an. Auch dem Staat schuldete sie Geld, weil sie 1.745 Euro Steuerschulden nicht beglichen hatte.

Als die Frau ihre Kreditraten nicht mehr bedienen konnte, ließen ihre Gläubiger ihr gerichtlich ein Fünftel ihres Gehalts pfänden. In der Hoffnung die amtlich in die Wege geleiteten Pfändungen aufzuhalten und rückgängig zu machen, wandte sich die verzweifelte Frau an die Rechtsanwälte Monica Pagano und Matteo Marini der Anwaltskanzlei Pagano & Partners.

APA/APA (Symbolbild/dpa)/Stefan Puchner

Angesichts der Unhaltbarkeit der Schuldenlage der 52-Jährigen beantragten die Anwälte die Anwendung des Artikels 3/2012. Das Gesetz 3/2012, das umgangssprachlich auch als „legge salva suicidi“ oder „legge cancella debito“(„Antisuizid- oder Schuldenlöschgesetz“, Anmerkung der Redaktion) bekannt ist, sieht besondere Maßnahmen zur Entschuldung der Kreditnehmer und zum gleichzeitigen Schutz der Interessen der Gläubiger vor. Das Gericht gab dem Antrag der Rechtsanwälte der überschuldeten Frau statt und leitete umgehend die Eröffnung des Abwicklungsverfahrens ein.

Mithilfe dieses Verfahrens tritt die Antragstellerin ihr Vermögen und die daraus resultierenden Einnahmen ab. Unabhängig vom Erlös des Verkaufs wird das Vermögen dazu benutzt, um die Kredite der Gläubiger zu bedienen. Den Hinweisen des Gerichts folgend, kann die Frau später die vollständige Löschung der nach dem Abwicklungsverfahren noch verbliebenen Schulden beantragen.

„Ich habe keine Worte, um die Freude und Erleichterung, die ich in mir fühle, zu beschreiben. Ab heute beginnt ein anderes Leben“, so die überglückliche Frau kurz nach dem Urteil.

Viele Experten und Beobachter, aber auch viele Nutzer und Kommentatoren im Netz werten das Urteil des Gerichts in Brescia als großen, menschlichen Fortschritt. Manche meinen sogar, dass ein solches Urteil sowohl die Schuldner, als auch die Gläubiger zu einem besseren Umgang mit Geld und Krediten „erziehe“. Ein User war der Ansicht, dass dieses Gesetz einen Ausweg aus der misslichen Lage weise und menschliche Tragödien zu verhindern helfe.

Von: ka