Von: ka
Prepotto/Stregna – In den Bergen des oberen Natisone- und Judriotales im Friaul in der Nähe der slowenischen Grenze sorgen Nackte aus ganz Europa für helle Aufregung.
Rund 1.500 Hippies der „Rainbow family“ geben sich für ihr jährliches Rainbow-Fest in den stillen Bergen an der slowenischen Grenze ein Stelldichein und richten für zwei Wochen direkt am Flüsschen Judrio einen bunten Campingplatz ein.
Wie in der Hippiegemeinde seit Jahrzehnten üblich, bleiben bei solchen Gelegenheiten die meisten Textilien zu Hause und selbst Smartphones sind auf dem Campingplatz verpönt. Die radikalen Pazifisten und Blumenkinder des 21. Jahrhunderts gehen zum Telefonieren wie in früheren Zeiten, lieber ins nächste Dorf. Auch das Geld wird nur einmal täglich bei der Sammlung für den gemeinschaftlichen Lebensmitteleinkauf verwendet.
Die Blumenkinder singen, spielen Gitarre, fahren Autostopp ins nächste Dorf und wollen erst wieder verschwinden, wenn die Mondphase zu Ende geht. Was aber die wenigen Einwohner der friulanischen Bergdörfer in Rage treibt, ist, dass die Blumenkinder fast immer nackt unterwegs sind. Längst haben sich aus nah und fern Spanner, die von „nackten Frauen in den Bergen“ gehört hatten, eingefunden und begeben sich mit Digitalkamera und dicken Teleobjektiven auf die Jagd.
Eine Frau rief sogar, als sie nackte Männer und Frauen sah, ihre drei Töchter ins Haus zurück und verständigte die Carabinieri. Die Menschen der friulanischen Berge meinen, dass die Hippies mit ihrer offensiv zur Schau getragenen Nacktheit ihr Schamgefühl verletzten. Noch mehr ärgern sie nur die Spanner, die mit ihren Autos die Gegend vollparken. Viele erboste Friulaner haben ebenfalls Fotos nackter Blumenkinder geschossen und sie als „Beweis“ den Carabinieri zukommen lassen.
In ihrer Not riefen die wütenden Einwohner die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden Prepotto und Stregna zu Hilfe. Es folgten Gemeinderatssitzungen, Bürgerversammlungen und sogar ein Lokalaugenschein der Carabinieri im Nudistencamp. Aber alle Kontrollen ergaben, dass die Hippies keine Gesetzesübertretung begangen haben und dass der Platz, auf dem die Zeltstadt errichtet wurde, regulär angemietet wurde.
Mittlerweile haben sich die Friulaner mit den Hippies arrangiert. Zwischen Einheimischen und Blumenkindern bricht sogar der Frieden aus. Bereitwillig leiht ein älterer angezogener Friulaner einer Blumenfrau sein Smartphone, damit diese ihren Sohn in Deutschland anrufen kann.