Von: mho
Rom – Die Spannung in der gelb-grünen italienischen Regierung ist nach den Ermittlungen gegen den ranghohen Lega-Unterstaatssekretär Armando Siri wegen Korruption sowie dem umstrittenen “Salva Roma”-Dekret von Roms M5S-Bürgermeisterin Virginia Raggi auf einem neuen, bedrohlichen Hoch. Unterdessen eröffnete sich im Zusammenhang mit der fragwürdigen Einstellung des Sohnes von Unternehmer Paolo Arata durch Lega-Staatssekretär Giancarlo Giorgetti eine neue Front.
Die Fälle Siri und Arata: “Wusste Salvini davon?”
Gegen den Lega-Unterstaatssekretär für Verkehr und “Vater der Flat Tax”, Armando Siri, wird wegen Korruption in Höhe von 30.000 Euro ermittelt. Die Untersuchung, welche Medienberichten zufolge in Palermo begann und schließlich in Rom landete, erzählt von einem komplexen Geschäftsnetzwerk, das einerseits zu Vertretern verschiedener Mafiafamilien von Trapani und andererseits zur regional-sizilianischen sowie schließlich nationalen Politik führt.
Laut Staatsanwaltschaft soll Siri aktiv eine Reihe von Gesetzesänderungen zu individuellen Gunsten des Unternehmers Paolo Arata in die Wege geleitet haben. Der korruptionsallegrische Regierungspartner Movimento Cinque Stelle (M5S) rief den parteiunabhängigen Premierminister Conte unvermittelt zu personellen Konsequenzen auf. Dieser wolle laut eigenen Angaben seine “Bewertung” des Falles bald abschließen und in den nächsten Tagen eine Entscheidung treffen.
Darüber hinaus brachte der Corriere della Sera am Freitag ein weiteres verdächtiges Detail ans Tageslicht, welches zusätzliches Öl ins Feuer goß. Ein anderer Lega-Staatssekretär, Giancarlo Giorgetti, habe Federico Arata, dem Sohn des angeklagten Unternehmers, eine Anstellung im Palazzo Chigi verschafft. “Wenn das, was vom Corriere berichtet wurde, wahr sein sollte, würden wir es mit einem echten Fall zu tun haben”, so die Fünf-Sterne-Bewegung in einer Presseaussendung, in der Lega-Innenminister Salvini offen und deutlich zu Erklärung aufgefordert wird. “Die politisch relevante Frage, die wir uns stellen, ist, ob Salvini sich all dessen bewusst war”, fährt die M5S in der Aussendung fort.
Der M5S-Vizepremier Di Maio hingegen drängte in einem Interview mit der Repubblica: “Es wäre angebracht, dass die Lega Federico Arata für eine Weile auf die Bank setzt. In den nächsten Stunden werde ich Salvini und Giorgetti um Klärung auf politischer Ebene bitten.”
Lega: “Bürgermeisterin Raggi ist unfähig”
Von Seiten der Lega wird hingegen immer stärkere Kritik am so genannten “Salva Roma”-Dekret laut, welches die außer Kontrolle geratene Schuldenlast der italienischen Haupstadt bewältigen soll. Laut Lega habe die M5S-Bürgermeisterin Raggi in den letzten drei Jahren keine wirkliche Perspektive auf die Entwicklung der Stadt geboten, vielmehr habe sich alles verschlimmert. “Raggi kann nicht verwalten”, so der Vorwurd des Vorsitzenden der Lega in Campidoglio, Maurizio Politi. Für die umstrittene Gesetzesnorm, die vom Ministerrat am kommenden Dienstag erlassen werden soll, kündigen Teile der Lega an, nicht zustimmen zu wollen.
M5S-Lega-Koalitionsregierung steht auf der Kippe
Die Fünf-Sterne-Bewegung wirft der Lega seit geraumer Zeit offen vor, die Regierung stürzen zu wollen. Salvini, der von vielen bereits als nächster Ministerpräsident gehandelt wird, streitet solche Pläne bislang ab.
Laut einer neuen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos befinden sich Salvini und seine Lega auf einem Rekordhoch von 37 Prozent der Wählerstimmen. Das sind mehr als doppelt so viele, wie bei den Parlamentswahlen vor einem Jahr.
Premierminister Conte intervenierte in einem Interview mit Corriere und schickte eine mahnende Botschaft an Salvini: “Er hat ein Leben als Premierminister vor sich, wenn und sobald die Bedingungen dafür geschaffen sind. (Aber) nicht in dieser Legislaturperiode.”