Folgen des Spannungsfelds

Paradox: Italiens Kampf gegen Undertourism

Mittwoch, 02. Juli 2025 | 07:12 Uhr

Von: idr

Rom – Italiens Tourismus steht in einem konstanten Spannungsfeld: Während zahlreiche Orte wie Venedig, Rom und Capri im Overtourism zu ersticken drohen und Stimmen nach einem geregelten und nachhaltigen Tourismus lauter werden, beklagt man sich andererorts über zu wenig Besucher. In Italien herrscht also gleichzeitig Over- und Undertourism. Italiens Tourismusministerium versucht nun, vor allem auch gegen zu geringe Besucherzahlen zu wirken.

Es lässt sich beobachten: Touristen besuchen vor allem bekannte Hotspots. Wird etwas viel beworben, zum Beispiel durch gezieltes Influencer-Marketing, steigen meist die Besucherzahlen. Die neuen Besucher posten ebenfalls ihre Urlaubseindrücke und locken wiederum weitere Besucher an. Overtourism führt also zu mehr Overtourism – Undertourism demzufolge auch zu mehr Undertourism.

Initiative gegen Undertourism

Italien versucht, dem gezielt entgegenzuwirken – etwa mit der Kampagne „99 % of Italy“. Die Initiative wurde von Italiens Tourismusministerium ins Leben gerufen, um auf die weitgehend unbekannten Regionen des Landes aufmerksam zu machen, also auf jene 99 Prozent Italiens, die von Touristen kaum besucht werden. Ziel ist es, die einseitige Konzentration auf wenige Hotspots zu durchbrechen.

Die Folgen des sogenannten Undertourism reichen von wirtschaftlicher Stagnation über die Abwanderung junger Menschen bis hin zum kulturellen Verfall ganzer Landstriche. „99 % of Italy“ will diesen Entwicklungen aktiv entgegenwirken, indem sie Besucher ermutigt, abseits der bekannten Pfade zu reisen und dabei ein authentisches Italien zu entdecken, das ebenso faszinierend, aber weit weniger überlaufen ist.

Unerschlossene Juwelen

Ein Beispiel für Undertourism ist die Basilikata: Abseits der Massen erschloss sich Matera vielen Besuchern und ist heute zu einem Highlight geworden, doch das restliche Gebiet bleibt weitgehend unentdeckt. Andernorts läuft der Kampf gegen den Undertourism bereits erfolgreich: In der Nähe von Vicenza erleben Regionen wie Bassano del Grappa oder Nove eine Renaissance jenseits des Massentourismus.

Kleine Küsten- und Bergorte wie Paestum, Cilento oder Pantelleria bieten unerkannte Schätze: archäologische Stätten, unberührte Strände und authentische Lebensqualität. Zudem sind weitreichend unerschlossene Orte häufig günstiger als Hotspots. Man kommt mit den Einheimischen in Kontakt und verbringt sein Leben viel näher am echten Leben der Menschen.

Die gute Nachricht: Italien hat genug Platz für alle, die das Land erleben wollen. Sicher können dabei auch beliebte Attraktionen wie Pompeji oder Positano besucht werden, doch eine Reise abseits der ausgetretenen Pfade lohnt sich oft.

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