Schreiben an PD und Regierung

Wahlgesetz: SVP erzürnt

Freitag, 09. Juni 2017 | 19:21 Uhr

 

Bozen – „Die gestrige Genehmigung des Abänderungsantrages 1535 zum Wahlgesetz ist ein Fehlverhalten, das so keineswegs toleriert werden kann“: Mit dieser unmissverständlichen Botschaft wendet sich die Südtiroler Volkspartei heute in einem Brief an Ministerpräsident Paolo Gentiloni, den PD-Vorsitzenden Matteo Renzi sowie die PD-Fraktionssprecher im Parlament Gianluigi Zanda und Ettore Rosato. Unterschrieben wurde das Dokument von den Parlamentariern Karl Zeller (Sprecher der Autonomiegruppe im Senat), Daniel Alfreider (Sprecher der Minderheitengruppe in der Abgeordnetenkammer) sowie Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer.

„Sowohl in der Kommission für Verfassungsangelegenheiten als auch im Plenum hat es ein Einvernehmen zwischen der SVP und dem Partito Democratico, der Cinque-Stelle-Bewegung, Forza Italia und Lega Nord gegeben“, unterstreichen die SVP-Politiker Karl Zeller, Daniel Alfreider, Arno Kompatscher und Philipp Achammer. „Mehrmals ist dabei bestätigt worden, dass der vom Emanuele Fiano in der Kommission vorgelegte Gesetzestext nicht Gegenstand von Abänderungen sein wird. Alle politischen Kräfte haben die entsprechende Übereinkunft in der Kommission mitgetragen – und hätten sich bewusst sein müssen, dass diese eine notwendige Verpflichtung für die Behandlung im Plenum ist.“

„Das erzielte Einvernehmen hinsichtlich der Beibehaltung der Einmannwahlkreise in der Region Trentino-Südtirol war ein wesentlicher, nicht mehr verhandelbarer Punkt dieser Übereinkunft“, erklären Karl Zeller, Daniel Alfreider, Arno Kompatscher und Philipp Achammer. „Die Einmannwahlkreise sind aus verfassungsrechtlichen Gründen, aufgrund internationaler Vereinbarungen und nicht zuletzt aufgrund des Autonomiestatutes indiskutabel. Sie sind und waren das Modell, welches dem Prinzip der Absicherung und des Schutzes der Sprachgruppen gerecht wird – deren angemessene Vertretung ist eine wesentliche Grundlage unseres Zusammenlebens.“

„Wir hatten schon öfters die Gelegenheit uns davon zu vergewissern, dass Abänderungsanträge wie jene von Riccardo Fraccaro und Michaela Biancofiore einer reinen Instrumentalisierung dienen sollen“, sagen Karl Zeller, Daniel Alfreider, Arno Kompatscher und Philipp Achammer. Diese hätten mit ihren Anträgen immer und immer wieder die Vertretung der sprachlichen Minderheiten geschwächt – anstatt diese zu stärken. Der gestrige Abänderungsantrag sei für alle, auch für die italienische Sprachgruppe in Südtirol, ein wesentlicher Rückschritt. „Die Anwendung der regionalen 20-Prozent-Hürde auch für die Wahl in den Einmannwahlkreisen gefährdet die Vertretung der sprachlichen Minderheiten im Parlament in besonderer Art und Weise – zudem steht sie im Widerspruch zur Verfassung.“

„Der Verfassungsgerichtshof habe in seinen Urteilen Nr. 1/2014 und Nr. 35/2017 nichts gegen die Anwendung des so genannten ‘Mattarellum’ nur in der Region Trentino-Südtirol eingewendet“, so die vier SVP-Politiker in ihrem Brief. Dieses sei somit als verfassungskonform angesehen worden. „Das ‘Mattarellum’ für die Wahl des Senates und für jene der Abgeordnetenkammer entspricht darüber hinaus der grundsätzlichen Zielsetzung, die Staatspräsident Sergio Mattarella vorgegeben hat, nämlich die Wahlsysteme der beiden italienischen Kammern zu vereinheitlichen.“

„Eines ist für uns klar: Das vorliegende Wahlgesetz in der Kommission weiter zu behandeln ist für uns – nach der Genehmigung des Abänderungsantrages 1535 – keine Option mehr“, meinen Karl Zeller, Daniel Alfreider, Arno Kompatscher und Philipp Achammer. „Wir schätzen und teilen, was Vorsitzender Ettore Rosato und Einbringer Emanuele Fiano im Plenum gesagt haben – ebenso die Worte des PD-Vorsitzenden Matteo Renzi. Die gestrige Abstimmung hat aber so tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Autonomie, dass eine Fortsetzung der Arbeiten am bisher genehmigten Gesetzestext unmöglich ist – eine solche würde lediglich der Zusammenarbeit mit der aktuellen politischen Mehrheit schaden.“

Renzi: “Kein Wahlgesetz ohne Südtirol zu berücksichtigen”

Nach dem geplatzten Südtirolpassus im Wahlgesetz hat sich der frühere Ministerpräsident Matteo Renzi und nunmehrige PD-Chef zu Wort gemeldet.

Er versprach, dass es niemals ein Wahlgesetz geben werde, dass die Südtiroler Minderheit außer Acht lässt. „Die Autonomie kann nicht in Diskussion gestellt werden.“

Auch der SVP stärkte Renzi den Rücken. Sie sei ein Bezugspunkt in einem wichtigen Gebiet Italiens.

Von: luk