Sex- und Justizskandal erschüttert Italien – VIDEO

Sexuelle Dienstleistungen für „zurechtgebogene“ Prozesse

Sonntag, 09. Dezember 2018 | 08:00 Uhr

Lecce – Ein schier unglaublicher Sex- und Korruptionsskandal erschüttert die italienische Justiz. Am Donnerstag wurden in Lecce der Staatsanwalt Emilio Arnesano und die Rechtsanwältin Benedetta Martina verhaftet. Während Benedetta Martina in den Hausarrest überstellt wurde, mussten Emilio Arnesano sowie eine Führungskraft des lokalen Gesundheitsbetriebes von Lecce den Weg in die Haftzelle antreten. Emilio Arnesano wird zur Last gelegt, für Begünstigungen und Geschenke aller Art sowie für sexuelle Dienstleistungen Prozesse und Gerichtsverfahren „zurechtgebogen“ zu haben.

ANSA/CLAUDIO LONGO

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von Potenza förderten ein unglaubliches System aus Korruption, Sex und gegenseitigen Begünstigungen zutage. Emilio Arnesano, dem Amtsmissbrauch und Bestechung im Bereich der Rechtspflege zur Last gelegt werden, und eine Führungskraft des lokalen Gesundheitsbetriebes, Carlo Siciliano, wurden festgenommen und in eine Haftanstalt überstellt. Für den Generaldirektor des Gesundheitsbetriebes und zwei weitere Führungskräfte – Ottavio Narracci, Giorgio Trianni und Giuseppe Rollo – sowie für die Rechtsanwältin Benedetta Martina wurde der Hausarrest verhängt. Vier Monate intensiver Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Finanzpolizei brachten ans Licht, dass „Emilio Arnesano ohne jegliche Hemmschwelle sich einer Vielzahl von Korruptions- und Amtsmissbrauchsfällen verantwortlich gemacht hatte, wobei er die Ausübung seines Amtes für Begegnungen sexueller Natur und andere Begünstigungen prostituiert hatte“, schreibt der Voruntersuchungsrichter von Potenza, Amerigo Palma.

Eine „Hauptdarstellerin“ in diesem Verfahren ist die Rechtsanwältin Benedetta Martina. Im Gegenzug für sexuelle Dienstleistungen soll sie erreicht haben, für jene Prozesse, in denen sie die Angeklagten vertrat, einen günstigen Verlauf zu erwirken. Laut der Staatsanwaltschaft von Potenza soll Emilio Arnesano zudem einer Kollegin von Benedetta Martina dazu verholfen haben, eine mündliche Prüfung für den Anwaltsberuf zu bestehen. Auch in diesem Fall soll die Gegenleistung aus Begegnungen sexueller Natur bestanden haben. Im Vorfeld der „mündlichen Prüfung“ soll sich Arnesano bei Martina informiert haben, ob ihre Kollegin attraktiv sei.

Anders liegt der Fall bei den Führungskräften des lokalen Gesundheitsbetriebes. Im Fall von Narraci soll Arnesano in einem Prozess wegen Veruntreuung im Amt eingegriffen haben, um ihn im Sinne des Angeklagten „zurechtzubiegen“. Von Siciliano hingegen soll Arnesano für eine Reihe von Begünstigungen eine zwölf Meter lange Yacht zu einem Spottpreis erhalten haben. Aber das soll nicht alles gewesen sein. Im Laufe der Zeit soll Arnesano neben sexuellen Dienstleistungen auch besondere Geschenke und Vorteile wie eine Treibjagd, Luxusaufenthalte sowie eine Vorzugsschiene für ärztliche Visiten für Verwandte und Freunde bekommen haben.

Im Fall von Trianni, der beschuldigt war, illegal ein Schwimmbad errichtet zu haben, soll Arnesano die Freigabe des Bauwerks erwirkt haben. Ironischerweise war es aber der „Schwimmbadfall“, der die Ermittlungen der Finanzwache und der Staatsanwalt ins Rollen und in vier Monaten das gesamte aus Sex, Begünstigungen, Gefälligkeiten und Geschenken bestehende System zum Einsturz brachte.

Aber die Arbeit der Staatsanwaltschaft von Potenza ist noch lange nicht zu Ende. Laut dem Untersuchungsrichter könnten sich unter den im Büro von Arnesano aufliegenden Gerichtsakten noch einige befinden, für die der Verdacht der Vorteilsnahme und des Amtsmissbrauchs besteht.

Der Sex- und Justizskandal löste weit über die Welt der Gerichte und der Rechtsanwälte hinaus Entsetzen aus.

Von: ka