Gewalttätiger Stiefvater bezichtigt Lehrerin und zwingt Siebenjährigen zur Lüge

„Sie haben mich in der Schule verprügelt“

Mittwoch, 30. Oktober 2019 | 08:05 Uhr

Tirano – Aus Tirano im Veltlin gelangte eine ganz besonders hässliche und traurige Geschichte an die italienische Öffentlichkeit. Ein 24-Jähriger, der seinen siebenjährigen Stiefsohn verprügelt hatte, zwang das vollkommen eingeschüchterte und verängstigte Kind, zu lügen und einen Klassenkameraden der Tat zu bezichtigen. Um den Verdacht von sich zu lenken, zeigte der Mann den Mitschüler des Buben und die Lehrerin an. Die schreckliche Wahrheit kam aber bald ans Tageslicht. Der 24-Jährige wurde von den Carabinieri wegen Misshandlung und schwerer Körperverletzung festgenommen.

„Es ist mein Banknachbar gewesen. Er hat mich unten auf dem Pausenhof verprügelt. Ich bin gefallen und habe mir wehgetan“, erzählte der siebenjährige Bub seiner jungen Mutter, die gerade erst von der Arbeit nach Hause gekommen war. Der Körper des Siebenjährigen war über und über mit blauen Flecken übersät. Zudem wiesen die Arme und Beine des Kindes mehrere Verletzungen und Abschürfungen auf. Im ersten Moment glaubte die Mutter dieser Lüge. Sie nahm den Buben zur Hand und brachte ihn in die Erste Hilfe des Krankenhauses von Sondrio.

Die Art und die Schwere der Verletzungen, von denen viele auch von vergangenen Tagen stammten, ließen die Mediziner aber schnell einen schrecklichen Verdacht schöpfen. Es war unmöglich – so die Meinung der behandelnden Ärzte – dass der Siebenjährige sich diese Abschürfungen und Hämatome bei einer Auseinandersetzung mit einem Gleichaltrigen geholt hätte. Während dem Buben, der stationär aufgenommen werden musste, eine Heilungsdauer von 20 Tagen bescheinigt wurde, wurde der mutmaßliche Fall von Kindesmisshandlung der zuständigen Quästur von Sondrio gemeldet.

In der Zwischenzeit blieb der Stiefvater nicht untätig. Um jeglichen Verdacht von sich zu lenken und die Ermittlungen auf eine falsche Fährte zu locken, begab sich der 24-Jährige zu den Carabinieri von Tirano und erstattete dort gegen den Banknachbarn des Buben und die Lehrerin jeweils wegen des angeblichen Angriffs und wegen unterlassener Aufsichtspflicht Anzeige. Die auf den ärztlichen Bericht hin ins Rollen gebrachten Ermittlungen brachten aber bald die schreckliche Wahrheit ans Tageslicht. Am Dienstag wurde der vom Voruntersuchungsrichter Pietro Della Pona unterschriebene Haftbefehl in die Tat umgesetzt. Der 24-Jährige wurde von den Carabinieri wegen Misshandlung und schwerer Körperverletzung festgenommen und in eine Haftanstalt überstellt.

Zudem wird er sich gegenüber der am Fall vollkommen unbeteiligten Lehrerin und dem zu Unrecht des Angriffs bezichtigten Zweitklässlers vor Gericht wegen erschwerter Verleumdung verantworten müssen. Niemand anders als der 24-Jährige war es gewesen, der den vollkommen eingeschüchterten und verängstigten Buben zuerst verprügelt und ihn später dazu gezwungen hatte, die Mutter anzulügen.

Die traurige Geschichte aus Tirano zeigt nicht nur, unter welch lieblosen und gewalttätigen Verhältnissen viele Buben und Mädchen aufwachsen müssen, sondern auch wie schnell vollkommen Unbeteiligte, wie der Mitschüler und die Volksschullehrerin, nur um eine schreckliche Wahrheit zu verdecken, unter einem schweren Verdacht geraten können. Angesichts solcher Begebenheiten ist es wenig verwunderlich, wenn heute viele Lehrerinnen und Lehrer am Limit sind.

 

 

Von: ka