Status wurde offenen Facebook-Profilen entnommen

Skandal: Firma veröffentlicht Kataloge von Singlefrauen

Montag, 15. Mai 2017 | 08:03 Uhr

Monza/Lecco – In Italien hat sich ein fast unglaublicher Datenmissbrauch ereignet, wobei sogenannte offene Facebook-Profile eine Hauptrolle gespielt haben.

Angesichts der immer größeren Anzahl von einsamen Herzen und der offenbar immer komplizierter werdenden Partnersuche dachte sich die kleine Firma Orangita Books ein ganz besonderes Geschäftsmodell aus. Die findige und umtriebige Firma setzte sich über alle moralischen und rechtlichen Bedenken hinweg und gab zwei als PDF-Download verfügbare Kataloge von angeblichen Singlefrauen heraus.

Twitter/Lecco

Offenbar durchforsteten die Mitarbeiter der Firma die offenen Facebook-Profile von Frauen der beiden lombardischen Provinzen Monza und Lecco und filterten jene weiblichen Profile heraus, die den Status Single enthielten. Daraus formte die Firma zwei säuberlich nach der Provinzzugehörigkeit getrennte jeweils 70 und 95 Seiten starke Kataloge von Singlefrauen – den “Catalogo Donne Single Monza” und den “Catalogo Donne Single Lecco§ – und bot sie auf der Internetseite lulu.com, wo sie bis zum letzten Donnerstag zur Verfügung gestanden waren, an. Um den Katalog herunterladen zu können, mussten die meist männlichen Interessenten je nach Umfang des Katalogs zwischen 6,97 und 7,01 Euro, Mehrwertsteuer inbegriffen, über das Internetbezahlsystem PayPal an die Firma überweisen.

Ganz klein muss die Nachfrage nicht gewesen sein, weil auf der gleichen Seite Orangita Books groß ankündigte, dass in naher Zukunft die entsprechenden Singlefrauenkataloge aller italienischen Provinzen verfügbar wären und die Kundschaft sie für 4,74 Euro anstatt des normalen Preises von 6,74 Euro vormerken könne.

Die denkbar einfache Methode, das Netz nach offenen weiblichen Facebook-Profilen – das sind Profile, die für jeden eingetragenen Facebook-Nutzer einsehbar sind – zu durchsuchen, ergab für Lecco 1.218 und für Monza 734 weibliche Profile, die laut den angegebenen Daten ein Alter von 14 bis 74 Jahre aufweisen. Eine „Teresa“ aus Monza aber kam laut Katalog auf sage und schreibe 107 Jahre. Alle Frauen wussten nichts von diesem Katalog und hatten auch nie ihre Zustimmung für die Nutzung der aus ihren Facebook-Profilen entnommenen Daten gegeben. Als mehrere Frauen entdeckten, dass sie in einem Katalog gelandet waren, kam es zum Skandal, der – wie kaum anders zu erwarten – auch ein gerichtliches Nachspiel haben dürfte.

 

„Auch über öffentlich verfügbare Daten und Informationen darf nicht frei verfügt werden“, so Carlo Blengino, Anwalt und Experte in rechtlichen Fragen, die Datenschutz, Copyright und neue Technologien betreffen. Beide Kataloge erfüllen daher den Straftatbestand der rechtswidrigen Nutzung persönlicher Daten. Für diese Straftat sind laut Artikel 167 des Privacy-Gesetzes bis zu drei Jahre Haft vorgesehen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei vielen der im Katalog veröffentlichten weiblichen Nutzer um Minderjährige handelt.

Wie am Freitag bekannt wurde, wurde vonseiten der Staatsanwaltschaft von Lecco ein Untersuchungsverfahren eröffnet. So wie es aussieht, wird es bei diesen beiden nunmehr vom Netz genommenen Katalogen bleiben und jene Männer, die bereits in froher Erwartung 4,74 Euro an die Firma überwiesen haben, werden wohl vergeblich auf „ihren“ Katalog warten.

Von: ka