Von: ka
Benevento – Für großes Aufsehen sorgte in Italien die Nachricht, dass Krankenhäuser von Hamburg und Umgebung in Süditalien nach Pflegepersonal suchen.
Wie schon einmal in den 60-er Jahren scheint für junge Leute und Arbeitslose die einzige Aussicht, sich eine Zukunft aufbauen zu können, die Auswanderung nach Deutschland zu sein. Neu hingegen ist, dass dies heute in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern, den Krankenhäusern von Hamburg und Umgebung und den Anbietern, die Verwaltung der Provinz Benevento in Kampanien in Süditalien, unter Mitwirkung des EURES (dem europäischen Portal zur beruflichen Mobilität, Anmerkung der Redaktion) geschieht. Die Ausschreibung der offenen Stellen wird direkt von der Provinzverwaltung von Benevento vorgenommen. Der Stellenausschreibung ging ein Abkommen voraus, das zwischen dem EURES von Benevento und dem Gesundheitsdienst des Landes Hamburg, der seit Jahren unter Personalmangel leidet und händeringend nach Krankenpflegern sucht, geschlossen wurde.
In der Ausschreibung, die vom Präsidenten der Provinz Benevento und dem Verantwortlichen der Zentren für Beschäftigung, Claudio Ricci, vorgestellt wurde, wird zwar nicht die genaue Anzahl der freien Stellen angegeben, aber den Arbeitssuchenden, welche eine abgeschlossene Ausbildung als Krankenpfleger in einem EU-Land vorweisen müssen, wird ein konkretes Angebot unterbreitet. Den Krankenpflegern, die bereit sind mehr als 2.000 Kilometer nach Norden zu ziehen, wird ein zweijähriger oder ein unbefristeter Arbeitsvertrag, ein monatliches Bruttogehalt ab 2.400 Euro, wobei Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste noch einmal extra bezahlt werden, ein kostenloser Deutschkurs, der in Italien abgehalten wird, und Hilfe und Unterstützung bei der Abwicklung aller bürokratischen Verfahren geboten. Das Auswahlverfahren ist für den 22. März vorgesehen. Es war aber nicht das erste Mal, dass ein deutsches Bundesland direkt bei den Zentren für Beschäftigung der Provinz Benevento angeklopft hatte. Anfang des Jahres war es das Bundesland Bremen gewesen, das Köche und Pizzabäcker gesucht und sich an die Verwaltung der kampanischen Provinz gewendet hatte.
Die diplomierten Krankenpfleger sind aber nur ein Teil des Stroms von meist jungen, gut ausgebildeten Süditalienern, die aus dem Stiefelstaat auswandern. Allein 2015 zeigten nicht weniger als 107.000 Italiener dem Land den Rücken, wobei der Anstieg gegenüber dem Vorjahr sechs Prozent betrug. Das Land, das die meisten auswanderungswilligen Italiener anzog, war mit über 16.000 Personen Deutschland. Die Gründe für den immer breiter werdenden Strom von Auswanderern liegen auf der Hand. In Süditalien erreicht die Arbeitslosigkeit, und darunter besonders die Jugendarbeitslosigkeit, einen europaweiten Rekordwert. Eine Untersuchung ergab, dass 84 Prozent der unter 25-Jährigen keine Hoffnung auf eine Besserung der Lage sehen und konkret daran denken, die Koffer zu packen, um sich dank einer Arbeit im Ausland eine eigene, sicherere Zukunft aufbauen zu können.
Wegen der Aussichtslosigkeit, doch noch einen wirtschaftlichen Aufschwung mit der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zu erleben, droht der Süden langsam auszubluten. Nur mehr die Alten bleiben zurück.