Von: ka
Bologna – Tortellini, die entgegen der Tradition anstatt mit Schweinefleisch mit Hühnerfleisch gefüllt sind, lösen in der italienischen Öffentlichkeit heftigen Widerstand aus. Nicht wenige Hüter der gastronomischen Tradition Italiens sowie Politiker der rechtspopulistischen Lega werfen den Initiatoren nichts weniger vor, als Italiens kulinarische Genüsse zu verraten und die einheimische Küche auf dem Altar der Willkommenskultur zu opfern.
Tortellini di pollo, a Bologna è scontro tra Lega e Curia sul ripieno 'pro Islam' https://t.co/vO3i36fDXG via @carlino_bologna
— supercalifragiliEva (@AbbateEva) October 3, 2019
Die Tortellini, die entgegen der Tradition anstatt eine Füllung mit Schweinefleisch eine mit Hühnerfleisch besitzen, sind im Sinne der Initiatoren vor allem dazu gedacht, auch jene, die aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen dürfen, am Fest mit teilhaben zu lassen. Die Urheber dieser „Idee“ rechneten allerdings nicht damit, dass gerade in Italien, wo erlesene Speisen und die Kochkunst seit jeher einen sehr hohen Stellenwert besitzen, jede Abkehr von traditionellen Rezepten und der Austausch von Zutaten als Blasphemie gelten. Bologna – Hauptstadt der norditalienischen Region Emilia-Romagna – die von Genießern der italienischen Küche auch „La Grassa“(Die Fette, Anmerkung der Redaktion) genannt wird, gilt unter Feinschmeckern als eine der Epizentren der italienischen Kochkunst. Ungekrönter König der Bologneser Küche ist der Tortellino, der laut jahrhundertealtem Rezept nur mit Schweinefüllung zubereitet werden darf.
Tortellini 'dell'accoglienza' al pollo: Fdi risponde offrendo mortadella in piazza https://t.co/QlkfK7UyI3 #bologna pic.twitter.com/kKk7HmQYY6
— Bologna Today (@bolognatoday) October 3, 2019
Schon kurze Zeit nach dem Bekanntwerden, dass es beim traditionellen, an diesem Samstag stattfindenden Patroziniumsfest des Heiligen Petronius von Bologna neben den traditionellen Tortellini mit Schweinefüllung auch sogenannte „Tortellini dell’accoglienza“(Willkommenstortellini, Anmerkung der Redaktion) geben wird, schossen die wildesten Polemiken ins Kraut. Mehrere Hüter der Bologneser Küche kritisierten die Entscheidung, auch diese Huhn-Tortellini anzubieten, scharf. Sie warfen den Urhebern vor, die italienische Kochkunst auf dem Altar der Willkommenskultur zu opfern. Besonders hart mit dem „Willkommenstortellino“ gingen Politiker der Lega und der Partei Fratelli d’Italia ins Gericht.
Snaturano anche i tortellini, pure di ammiccare all'Islam, che vergogna….questa per certi è integrazione, per me è un'…
Pubblicato da Lucia Borgonzoni su Martedì 1 ottobre 2019
„Nur um dem Islam zuzublinzeln, entstellen sie sogar die Tortellini, was für eine Schande“, so die Senatorin der Lega, Lucia Borgonzoni. „Für einige ist das Integration, aber für mich ist das eine Beleidigung unserer Traditionen“, pflichtete ihr ihr Parteichef, Matteo Salvini, bei.
Pericolosissimi tortellini con ricetta classica, come li fanno le nostre nonne (e AUGURI per la vostra festa a tutti i nonni e le nonne e un pensiero per quelli che ci guardano e ci proteggono da Lassù).
Quasi quasi oggi a pranzo me ne faccio un piatto😊 pic.twitter.com/FjjReflMMu— Matteo Salvini (@matteosalvinimi) October 2, 2019
In einem ersten Moment schien es, als ob die Initiative vom Erzbischof von Bologna, Matteo Maria Zuppi, ausgegangen wäre, aber dann meldete sich das „Forum Regionale delle Famiglie dell’Emilia-Romagna“ zu Wort. Unter dem Motto des Festes „Familie ist freundliche Aufnahme“ wollte man – so das Familienforum – auch einen Tortellino anbieten, der auch von jenen gegessen werden kann, die aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen dürfen. Die Befürworter des Huhn-Tortellino fügten hinzu, dass Bologna als traditionell liberale Stadt der Willkommenskultur verpflichtet sei und die Menge dieser Tortellini verglichen mit jener der klassischen Tortellini sehr klein sein werde. Die Polemik sei völlig überzogen, so diese Stimmen.
🔴 Islam, i bolognesi si integrano.
Festa di San Petronio: tortellini senza maiale «per l’integrazione»https://t.co/8rZn2WzmkM— Imola Oggi (@ImolaOggi) October 1, 2019
Die meisten Italiener rümpfen aber trotzdem die Nase. Der bekannte Regisseur Pupi Avati brachte ihre Gedanken am besten auf dem Punkt. „Die Füllung des Tortellino muss unbedingt vom Schwein sein und man kann nicht wegen einer religiösen Frage das Schwein abschaffen. Mir scheint es ein Verrat an den Eigentümlichkeiten unserer Küche und unserer kulinarischen Genüsse“, so Pupi Avati.
#Tortellini e #tortelloni classici di #Bologna, rigorosamente fatti a mano dalle nostre stupende sfogline! Vi aspettiamo fino alle 22:00 in Piazza Minghetti a #Bologna, tutto il ricavato sarà devoluto a Loto Onlus. Un ringraziamento particolare all'Associazione Panificatori Di Bologna E Provincia è Confcommercio Ascom Bologna!
Pubblicato da Associazione Sfogline di Bologna e Provincia su Sabato 21 ottobre 2017
Bei den Heiligtümern ihrer Küche verstehen selbst Italiener, die den Einwanderern gegenüber aufgeschlossen sind, keinen Spaß. In Südtirol dürfte es kaum anders sein. „Willkommensknödel“, bei denen die traditionellen Speckwürfel durch Hühnerfleischstückchen ersetzt würden, stießen in Südtirol wohl auf wenigstens so harten Widerstand wie die „Tortellini dell’accoglienza“ in Bologna.