Urteil des Kassationsgerichtshofs sorgt für Diskussionen

Unachtsame Bestohlene: Dieb erhält Haftskonto

Donnerstag, 04. Januar 2018 | 07:43 Uhr

Von: ka

Rom – Das Urteil des Kassationsgerichtshofs, das die Gerichtsurteile der ersten zwei Instanzen über den Haufen wirft, sorgt in Italien für erhebliche Diskussionen. 2014 verurteilte das Gericht von Bergamo eine Diebin wegen des Entwendens einer Geldbörse und berücksichtigte beim Strafmaß auch den erschwerenden Umstand des „Diebstahls mit Geschick“. Dieses Urteil wurde zwar im Appell bestätigt, aber vom Höchstgericht wieder kassiert. Laut den Richtern des Kassationsgerichtshofs bedarf es keiner besonderen Geschicklichkeit, um aus einer unbeaufsichtigten Handtasche die Geldbörse zu stehlen.

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Die Geschichte begann in einem Supermarkt. Eine Frau legte ihre Handtasche in den Einkaufswagen und fuhr fort, ihre Einkäufe zu tätigen und Preise und Produkte zu vergleichen. Währenddessen nutzte eine Diebin, die 51-jährige E.Q., die Unachtsamkeit der Einkaufenden aus, steckte ihre Hand in die Damentasche der Frau und entwendete die Geldbörse. Der Diebstahl wurde vom internen Sicherheitsdienst des Supermarkts entdeckt und die Diebin gestellt. Die Geldbörse wurde der rechtmäßigen Besitzerin sogleich zurückgegeben, während die Diebin von der Frau angezeigt wurde.

Vor dem Gericht kam es für die 51-jährige Diebin dann knüppeldick. Die Richter meinten, dass E.Q. beim Diebstahl „mit besonderer Geschicklichkeit und Schnelligkeit vorgegangen sei, weil die Angeklagte die Unachtsamkeit der Frau und die Lage der Geldbörse im Einkaufswagen ausgenutzt habe“. Der Unterschied ist groß. Wenn der erschwerende Umstand des „Diebstahls mit Geschick“ berücksichtigt wird, kann der Dieb auch zu einer Haftstrafe von bis zu sechs Jahren verurteilt werden.

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Die Anwältin der Diebin gab aber nicht auf und ging vor das römische Kassationsgericht. Die Höchstrichter stießen den Urteilsspruch der Richter aus Bergamo um und urteilten, dass es für die Berücksichtigung des erschwerenden Umstands des „Diebstahls mit Geschick ein besonderes Maß an Geschicklichkeit, Listigkeit und Umsicht bedarf, welche dazu geeignet ist, die Aufsicht des Besitzers über sein Gut abzuschwächen und zu täuschen“. Nur die Unachtsamkeit auszunutzen, um die Geldbörse aus einer offen im Einkaufswagen liegenden Handtasche zu entwenden – so das Urteil des Kassationsgerichtshofs – reicht nicht aus, um die Diebin zu einer höheren Strafe zu verurteilen.

Im Klartext heißt das, dass im Falle einer unbeaufsichtigten Handtasche oder Geldbörse, der Dieb „nur“ zu einer weniger harten Strafe verurteilt wird.

Das Urteil löste auch weitab der Welt der Paragrafen eine rege Diskussion aus. Viele Kommentatoren meinten, dass traurigerweise jeder Grund gut genug sei, um die Strafe für Diebstahl zu verringern, sodass das Diebstahlopfer quasi als „der Dumme“ dasteht.