Tod einer 25-Jährigen war der Auslöser

Venedig: Revolte im Erstaufnahmezentrum

Mittwoch, 04. Januar 2017 | 11:33 Uhr

Cona – Nach dem Tod der 25-jährigen Migrantin Sandrine Bakayoko von der Elfenbeinküste wäre es in Cona in der Nähe von Venedig in einem Erstaufnahmezentrum, wo derzeit 1.400 Flüchtlinge untergebracht sind, beinahe zu einer Revolte gekommen. Die Asylwerber randalierten am Montagabend in der ehemaligen Militärbasis und setzten Holzpaletten in Brand. 25 Mitarbeiter der Genossenschaft, die sich um die Betreuung kümmert, verbarrikadierten sich daraufhin im Büro und konnten erst nach Stunden befreit werden. Die Polizei schaffte es, ohne Einsatz von Gewalt die Barrikade aufzulösen, doch die Spannungen bleiben.

Rund Flüchtlinge sollen nun auf Anweisung des Innenministeriums in die Emilia Romagna verlegt werden. Unterdessen sind viele Asylwerber von der Elfenbeinküste in den Hungerstreik getreten. Der Quästor von Venedig, Angelo Sanna, verurteilte die Ausschreitungen. Zwar sei die Trauer beim Tod eines Landsmannes verständlich, doch das gehe zu weit. Laut dem Ergebnis Autopsie sei die junge Frau eines natürlichen Todes gestorben, erklärte Sann laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa.

Die Bewohner von Cona – einer Gemeinde mit 190 Einwohnern – sind unterdessen beunruhigt. 1.500 Migranten für so einen Ort sei eine große Belastung. Es herrsche ein ständiges Kommen und Gehen, die Leute würden Koffer und Gepäck transportieren sowie leere Dosen oder Flaschen und ihren Müll herumliegen lassen, erklärte ein 54-jähriger Maurer laut Ansa.

In Cona werde niemand wie ein Tier behandelt, erklärte unterdessen Gaetano Battocchio, der Präsident der Genossenschaft Edeco, die für die Betreuung zuständig ist. Die Genossenschaft ist in der Vergangenheit allerdings wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. „Natürlich ist ein Gasthaus komfortabler, doch die Präfektur hat uns diesen Platz zugewiesen.“

Battocchio beteuert außerdem, dass beim Tod der 25-Jährigen nicht zu spät erste Hilfe geleistet worden sei. Ein Arzt, der im Lager tätig ist, habe sich um die Frau gekümmert und sofort den Notruf gewählt.

Die 25-Jährige war bewusstlos in einem Badezimmer aufgefunden worden, in das sie sich zuvor eingeschlossen hatte. Todesursache soll eine Thrombembolie in beiden Lungenflügeln gewesen sein. Laut Staatsanwaltschaft können vorherige Infektionen oder Gewaltvorfälle als Ursache ausgeschlossen werden. Erst vor einem Monat hatte die 25-Jährige eine Fehlgeburt erlitten. Doch die Frau sei ärztlich betreut worden und es bestehe kein Zusammenhang.

Der Tod der 25-Jährigen löst bei den Flüchtlingen nicht nur Schmerz, sondern auch Wut über die eigenen Lebensumstände aus. „Es gibt keinen Respekt für uns. Es sind zu viele in dem Zentrum. Wir leben in Zelten, es ist kalt, und die Dokumente, die wir brauchen, kommen nie“, erklärt ein Asylwerber laut Ansa.

Von: mk