Beppe Grillos Sohn wegen Gruppenvergewaltigung zu acht Jahren Haft verurteilt – VIDEO

„Zustimmung der Frau muss frei, bewusst, ausdrücklich und fortdauernd sein“

Mittwoch, 24. September 2025 | 08:03 Uhr

Von: ka

Porto Cervo/Tempio Pausania – Auch wenn sich das Verfahren bereits seit mehr als sechs Jahren hinzieht, schlug die Nachricht, dass Ciro Grillo, der Sohn des Gründers der Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillo, wegen Gruppenvergewaltigung zu acht Jahren Haft verurteilt wurde, in der italienischen Öffentlichkeit ein wie eine Bombe.

Seine beiden Freunde Edoardo Capitta und Vittorio Lauria wurden ebenfalls mit einer achtjährigen Gefängnisstrafe bestraft. Mit sechs Jahren und sechs Monaten erhielt der vierte Verurteilte, Francesco Corsiglia, ebenfalls eine hohe Haftstrafe.

APA/APA/dpa/Fabian Sommer

Das Gericht von Tempio Pausania, das in erster Instanz über den aufsehenerregenden Fall zu befinden hatte, sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 2019 in Beppe Grillos Villa in Porto Cervo zwei damals 19-jährige Frauen sexuell missbraucht hatten. Keiner der vier Angeklagten war im Gerichtssaal anwesend, als das Urteil verkündet wurde. Auch das Hauptopfer, eine damals 19-jährige italienisch-norwegische Studentin, war abwesend.

ANSA/Combo Gerichtssaal von Tempio Pausania und Foto von Ciro Grillo.

Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge ereigneten sich die den Angeklagten zur Last gelegten Geschehnisse in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 2019 während einer Party in Beppe Grillos Villa in Porto Cervo. Die vier jungen Männer sollen die 19-Jährige zunächst betrunken gemacht und anschließend vergewaltigt haben.

Dabei filmten sie alles mit ihrem Smartphone. Auch die Freundin der jungen Frau, die auf dem Sofa schlief, wurde ohne ihre Zustimmung auf einigen obszönen Fotos abgebildet. Dies könnte die Anklage wegen sexueller Gewalt in der Gruppe verschärfen. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft für alle Angeklagten zusätzlich zu sechs Jahren Haft drei Jahre wegen Fortsetzung der Straftat gemäß den Bestimmungen des Codice Rosso zur Bekämpfung von gegen Frauen gerichteter sexueller Gewalt und Misshandlungen gefordert.

Ciro Grillo, Edoardo Capitta, Francesco Corsiglia und Vittorio Lauria waren zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alt. Um den erfolgreichen Abschluss der Maturaprüfungen zu feiern, brachen sie zu einer Reise nach Sardinien auf. Am Abend des 16. Juli 2019 lernten sie im Billionaire, dem von Flavio Briatore gegründeten Lokal, zwei gleichaltrige Frauen kennen. Spätabends verließen die vier Männer und die beiden 19-jährigen Frauen das Billionaire. Vermutlich wurden die beiden Frauen dazu überredet, die Party in Beppe Grillos Villa in Cala di Volpe fortzusetzen. Corsiglia, der als Einziger am Prozess teilgenommen hat, soll das Hauptopfer – eine italienisch-norwegische Studentin, deren Identität aus nachvollziehbaren Gründen nicht bekannt gegeben wird – dort ein erstes Mal vergewaltigt haben.

Die Freundin der 19-Jährigen berichtete während des Prozesses, dass sie mit der Studentin gesprochen habe. Diese sei in Tränen aufgelöst gewesen. Dann sei sie jedoch eingeschlafen, ohne zu verstehen, was genau passiert war. Kurz darauf kam es laut dem Opfer zu einer zweiten Vergewaltigung, diesmal durch die ganze Gruppe. Die vier hätten der 19-Jährigen einen „Drink” auf Wodka-Basis eingeflöst, der sie praktisch wehrlos gemacht habe. „Ich spürte meinen Körper nicht mehr, ich spürte meine Beine nicht mehr, auch meine Arme konnte ich nicht mehr bewegen”, sagte die junge Frau während der Verhandlung aus.

Wie in ähnlichen Prozessen bereits geschehen, beteuerten die Angeklagten und ihre Rechtsbeistände, dass es nie zu sexueller Gewalt gekommen sei und es sich in beiden Fällen um einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehandelt habe. Das Anwaltsteam, das die vier jungen Männer – darunter auch Ciro Grillos Cousin Enrico – verteidigt, bezweifelte die Aussagen der beiden jungen Frauen. Es betonte, dass es zwischen den vier Mandanten und den beiden Frauen zu einvernehmlichem Sexualverkehr gekommen sei. Nach Ansicht der Anwälte hätten die Angeklagten die 19-Jährige nicht gezwungen, den hochprozentigen Cocktail zu trinken, und hätten das „Nein” ihrer Freundin respektiert, die auf dem Sofa lag.

Sowohl die Anklage als auch die Richter schenkten diesen Ausführungen jedoch wenig Glauben. Es wirkt, als hätte die Freundin dem Gruppensex zugestimmt, den die vier Männer in einem Video festhielten. Die Anklage und die Zivilpartei, vertreten durch Anwältin Giulia Bongiorno, sind hingegen der Ansicht, dass das Video, das in die Gerichtsakten aufgenommen wurde, beweist, dass die Vierergruppe die 19-Jährige vergewaltigt hat.

Während ihrer minutiösen Einvernahme beantwortete die italienisch-norwegische Studentin nicht weniger als 1.675 Fragen. Eindrucksvoll beschrieb sie das Gefühl eines „Blackouts” sowie ihren Zustand völliger Hilflosigkeit und Unterwerfung. „Sie haben mich alle vergewaltigt”, gestand sie unter Tränen am Nachmittag des 17. Juli 2019 ihrer Freundin.

Das Gericht von Tempio Pausania folgte im Wesentlichen den Forderungen der Staatsanwaltschaft und gestand den vier Beschuldigten lediglich einige mildernde Umstände zu. Ciro Grillo und seine beiden Freunde Edoardo Capitta und Vittorio Lauria wurden zu einer achtjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Mit sechs Jahren und sechs Monaten erhielt der vierte Verurteilte, Francesco Corsiglia, ebenfalls eine hohe Haftstrafe. Für die Entschädigungen wurde ein Zivilverfahren anberaumt. Zur Verteidigung seines Sohnes meldete sich auch Beppe Grillo selbst zu Wort.

Die Verteidiger der vier Verurteilten zeigten sich „enttäuscht“ über das Urteil der ersten Instanz und bekräftigten die „Unschuld“ ihrer Mandanten. „Wir warten auf die Urteilsbegründung und werden dann natürlich Berufung einlegen“, kündigten die Anwälte der vier jungen Männer an.

Wie ihre Anwältin Giulia Bongiorno berichtete, brach die italienisch-norwegische Studentin nach dem Bekanntwerden des Urteils in Tränen aus.

Facebook/Maria Teresa Manente

Teresa Manente, Anwältin und Expertin für geschlechtsspezifische Gewalt sowie Leiterin der Rechtsabteilung von Differenza Donna, erklärt gegenüber der römischen Tageszeitung La Repubblica, welcher Grundsatz bei der Verurteilung von Ciro Grillo und seinen Freunden zum Tragen gekommen ist.

Facebook/Associazione Differenza Donna

„Ich glaube, dass die Richter die geltenden Gesetze angewendet haben und der seit Langem geltenden Rechtsprechung gefolgt sind. Es muss anerkannt werden, dass es sich immer dann um eine Straftat handelt, wenn die Frau nicht bewusst daran teilnimmt. Dies ist in allen internationalen Normen verankert, angefangen bei der Istanbul-Konvention, die integraler Bestandteil unserer Rechtsordnung ist. Auch der Kassationsgerichtshof hat dies mehrfach bekräftigt“, so Teresa Manente.

Teresa Manente erklärt, dass die Zustimmung der Frau „frei, bewusst, ausdrücklich und fortdauernd“ sein muss. „Es handelt sich um ein sehr einfaches Prinzip, das jeder verstehen kann. Wenn eine Frau ihre Zustimmung zu Geschlechtsverkehr verweigert, gibt es weder mildernde Umstände noch Missverständnisse. Alles andere ist eine Straftat“, betont die Anwältin und Expertin für geschlechtsspezifische Gewalt.

 

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