Die Krisen der vergangenen Jahre führten zu mehr Armut

165 Millionen Menschen rutschen unter Armutsgrenze

Freitag, 14. Juli 2023 | 13:31 Uhr

In den vergangenen Jahren sind 165 Millionen Menschen weltweit einem UNO-Bericht zufolge zusätzlich unter die Armutsgrenze gerutscht. Wegen der Covid-Pandemie und den folgenden wirtschaftlichen Verwerfungen seit 2020 sei das täglich zur Verfügung stehende Geld für die Betroffenen unter die Schwelle von 3,65 Dollar (etwa 3,26 Euro) gesunken, teilte die UNO-Entwicklungsagentur UNDP am Freitag mit. Insgesamt leben gut 1,65 Milliarden Menschen unter dieser Grenze.

“Diese Zahl hätte sogar noch höher ausfallen können, wenn die Regierungen während der Corona-Krise nicht soziale Programme und Konjunkturpakete aufgelegt hätten”, sagte UNDP-Chef Achim Steiner. Vor allem für arme Länder sei diese Belastung aber oft nicht tragbar.

Dies habe weitreichende soziale Folgen: “Eine Regierung, die keine Ärzte und Krankenschwestern mehr in Krankenhäusern beschäftigen kann, die keine Medikamente für ländliche Gesundheitszentren bereitstellen kann, untergräbt im Wesentlichen die soziale Infrastruktur des Landes”, so Steiner weiter. Dies bedeute weniger medizinische Hilfe, weniger Bildung und keine sozialen Sicherheitsnetze, die Menschen entlasten könnten, wenn sie ihre Familie nicht mehr ernähren können. Alle 165 Millionen Menschen, die zusätzlich von Armut betroffen sind, leben in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, so das UNDP.

Die Vereinten Nationen fordern für ärmere Länder Erleichterungen bei der Rückzahlung ihrer Schulden. Der Anstieg der Zinssätze hat dazu geführt, dass ärmere Länder derzeit einen doppelt oder dreimal so hohen Anteil ihrer Einnahmen für den Schuldendienst ausgeben wie reichere Länder, und etwa 2,3 Mal mehr für Zinszahlungen als für Sozialhilfe. Daher forderte Steiner eine “Schulden-Armuts-Pause”, damit die Länder, die akut zu kämpfen haben, ihre Ressourcen auf kritische Sozialausgaben konzentrieren können. Vergleichbar wäre die Maßnahme mit der inzwischen beendeten Initiative zur Aussetzung des Schuldendienstes (DSSI), die die Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G20) während der Corona-Pandemie zur Unterstützung ärmerer Länder eingerichtet hatte.

“Besonders für Länder mit niedrigem Einkommen ist die Schuldenlast nicht mehr tragbar”, sagte Steiner. Das UNDP schätzt, dass 25 einkommensschwache Länder im vergangenen Jahr mehr als 20 Prozent ihrer Einnahmen für den Schuldendienst ausgaben. Das war die höchste Zahl, die diese Schwelle seit 2000 überschritten hat, und sie könnte weiter zulegen, wenn die weltweiten Zinssätze weiter steigen.

Die Beseitigung der Armut ist eines der Ziele der Vereinten Nationen, die darauf abzielen, bis 2030 einige der gravierendsten Probleme der Menschheit zu bekämpfen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat eine umfassende Reform des internationalen Finanzsystems gefordert, um eine gerechtere Verteilung der Ressourcen zu ermöglichen.

Einem diese Woche veröffentlichten Bericht zufolge entfallen fast 30 Prozent der weltweiten Staatsschulden in Höhe von 92 Billionen Dollar auf die Entwicklungsländer. “Wir brauchen neue Mechanismen, um Schocks zu antizipieren und abzufedern”, sagte Steiner. Erleichterungen für die Armen der Welt würden etwas mehr als 107 Milliarden Dollar oder 0,065 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung kosten. In der nächsten Woche befassen sich die G20-Finanzminister bei ihrem Treffen in Indien mit Armutsbekämpfung sowie die Reform der wichtigsten multilateralen Institutionen und der internationalen Schuldenarchitektur.

Von: APA/dpa/Reuters