Von: apa
27 der 46 Mitgliedstaaten des Europarates, darunter Österreich, fordern einen Kurswechsel bei der Migration. Sie unterzeichneten am Mittwoch – dem Tag der Menschenrechte – beim informellen Ministerkomitee in Straßburg eine gemeinsame Erklärung, in der eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Systems der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verlangt wird. “Die EMRK darf nicht die Falschen schützen”, betonte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) in einer Aussendung.
“Ich will die Menschen in Österreich schützen und nicht kriminelle Ausländer, die kein Recht haben, hier zu sein. Null Toleranz gegenüber denjenigen, die unseren Schutz missbrauchen und bei uns straffällig werden”, so Stocker weiter.
Österreich ist bei der Ministertagung in Straßburg durch den Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Alexander Pröll (ÖVP), vertreten. “Unsere Pflicht als Staat ist der Schutz der Menschen in Österreich und Europa”, betonte Pröll laut Aussendung. “Wer unsere Sicherheit bedroht, verliert das Recht, hier zu bleiben.” Es gehe um ein klares Ziel, nämlich die konsequente Abschiebung vor allem von verurteilten Straftätern. Österreich habe vorgemacht, dass dies gehe, sagte Pröll in Hinblick auf Syrien, “und Europa muss jetzt gemeinsam nachziehen”.
Schutz der Bevölkerung und der Grenzen betont
In der Erklärung der 27 Staaten werden zentrale Anliegen hervorgehoben: So wird betont, dass Staaten zum Schutz der Bevölkerung und der Grenzen effektiv gegen schwere Kriminalität, illegale Migration und Schleppernetzwerke vorgehen können müssen. Verurteilte ausländische Straftäter seien auch dann auszuweisen, wenn sie Bindungen zu ihrem Aufnahmeland, etwa durch ein Familienleben (Artikel 8 EMRK), aufgebaut haben, heißt es.
Der Art und Schwere der begangenen Straftat müsse dabei mehr Gewicht beigemessen werden als den sozialen, kulturellen und familiären Bindungen des ausländischen Straftäters zum Aufnahmeland. “Der Zweck einer solchen Neugewichtung besteht darin, sicherzustellen, dass es keine Fälle mehr gibt, in denen Ausländer, die wegen schwerer Straftaten, einschließlich schwerer Gewaltverbrechen, sexueller Übergriffe, organisierter Kriminalität sowie Menschen- und Drogenhandel, verurteilt wurden, nicht ausgewiesen werden können.”
Folterverbot sollte Ausweisungen nicht per se verhindern
Der Anwendungsbereich des Begriffs “unmenschliche und erniedrigende Behandlung” gemäß Folterverbot (Artikel 3) der EMRK, der ein absolutes Recht darstellt, sollte auf die schwerwiegendsten Fälle beschränkt werden, wird in der Erklärung verlangt. Die EMRK-Vertragsstaaten sollten dadurch nicht daran gehindert werden, verhältnismäßige Entscheidungen über die Ausweisung ausländischer Straftäter zu treffen, auch in Fällen, in denen Fragen der Gesundheitsversorgung und der Haftbedingungen eine Rolle spielten.
Gefordert werden außerdem “innovative migrationspolitische Lösungen” wie Asyl- und Rückkehrverfahren in sicheren Drittstaaten. In Hinblick auf die Instrumentalisierung der Migration, wie sie etwa von Russland betrieben wird, wird die Anerkennung des äußerst sensiblen geopolitischen Kontexts und der Notwendigkeit verlangt, die nationale Sicherheit und die öffentliche Sicherheit angemessen zu gewährleisten, “auch in Fällen, in denen Menschenrechte und Grundfreiheiten von feindlichen Regimes und einzelnen Antragstellern mit Hintergedanken missbraucht und instrumentalisiert werden”.
Nicht alle EU-Staaten haben unterschrieben
Die nicht-rechtsverbindliche Erklärung wurde von folgenden 27 Mitgliedstaaten des Europarates unterzeichnet: Dänemark, Italien, Albanien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Estland, Finnland, Ungarn, Island, Irland, Lettland, Litauen, Malta, Montenegro, Niederlande, Norwegen, Polen, Rumänien, San Marino, Serbien, Slowakei, Schweden, Ukraine und Großbritannien. Von den EU-Staaten haben somit Zypern, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Luxemburg, Portugal, Slowenien und Spanien nicht unterschrieben.
Der Generalsekretär des Europarats, Alain Berset, hatte bei seinem Besuch in Wien im Oktober angekündigt, die Diskussion im Rahmen des Straßburger Treffens vertiefen zu wollen. Angestoßen hatten die Diskussion neun Staats- und Regierungschefs mit einem offenen Brief im Mai, darunter auch Stocker.




Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen