STF fordert den Begriff „Sudtirolo“

„Alto Adige“ gestrichen – und nun?

Montag, 14. Oktober 2019 | 12:22 Uhr

Bozen – Namen sind nicht wichtig? Von wegen! Der Südtiroler Landtag hat es gewagt, in einem Gesetz mit Europabezug den Begriff „Südtirol“ an einer einzigen Stelle mit „provincia di Bolzano“ statt mit „Alto Adige“ zu übersetzen. Prompt hat dies erneut italienischen Parteien und Vereinigungen auf den Plan gerufen. „Alto Adige wurde abgeschafft!“, tönt es unisono von rechts und von links. Auch der Corriere della Sera hat sich mit dem Fall befasst.

Cristian Kollmann, Toponomastikexperte der Süd-Tiroler Freiheit, sagt dazu Folgendes: „Es wäre schön, wenn ‚Alto Adige‘ tatsächlich abgeschafft worden wäre, doch leider ist dies nur an einer einzigen Textstelle passiert. Für einen durchgehenden Verzicht, so wie er von der Süd-Tiroler Freiheit gefordert worden war, fehlte dem Landtag am Ende doch der Mut. Dabei stand ‚Sudtirolo‘, anders als von den nun wieder Wirbelnden verlautbart, nicht einmal zur Disposition.“

Kollmann zeigt sich besorgt: „Es ist erschreckend, mit welcher Leichtfertigkeit und Selbstverständlichkeit mittlerweile der Begriff ‚Alto Adige‘ von offizieller Seite gebraucht und den Südtirolern immer wieder vorgesetzt wird. ‚Alto Adige‘ ist nämlich bis heute eine höchst manipulative Etikette, die nur dazu da ist, aus italienischer Sicht die Existenz eines Tiroler Landesteiles auf italienischem Staatsgebiet zu leugnen. Und genau aus diesem Grund wird dieser unsägliche Begriff von den italienischen Nationalisten sowie von jenen, die zu Altoatesinen assimiliert sind, mit Zähnen und Klauen verteidigt. ‚Siste signa‘ – Zeichen setzen, so heißt es auf dem so genannten Siegesdenkmal. Also das Revier markieren! Urzì und Co wissen sehr genau, worauf es ankommt! Doch wissen dies auch die Südtiroler? Für alle Südtiroler, aber auch für alle Antifaschisten ist ‚Alto Adige‘ de facto eine Beleidigung. Erschwerend hinzukommt, dass ‚Alto Adige‘ sogar in die offizielle Bezeichnung der Europaregion Tirol eingeschleust wurde.“

„Mit diesem fahrlässigen Unfug muss endlich Schluss sein!“, fordert Kollmann. An die Südtiroler Volkspartei appelliert er: „Sie soll sich von der üblichen nationalistischen und antitirolischen Propaganda von Urzì und Co unbeeindruckt zeigen und diese vielmehr zum Anlass nehmen, sich von der kolonialistischen Etikette ‚Alto Adige‘ offiziell zu distanzieren und ‚Sudtirolo‘ amtlich einzuführen!“

Die ehemalige Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Eva Klotz, erinnert in Zusammenhang mit dem Wirbel um die Bezeichnung “Alto Adige”, dass es diese, bezogen auf das Land Südtirol, verfassungsrechtlich nicht gebe. Im Autonomiestatut werden ausschließlich die Begriffe “Provinz Bozen – Provinz Trient” bzw. “Provincia di Bolzano – Provincia di Trento” verwendet. Der Begriff “Alto Adige” kommt im Autonomiestatut, welches Verfassungsrang hat, nur im Kontext mit der Region, also “Region Trentino- Südtirol” bzw. “Regione Trentino- Alto Adige”, vor.

Eva Klotz ist keineswegs verwundert über den italienweiten Aufschrei: „Es zeigt sich, dass Italien nicht bereit ist, faschistisches Kulturverbrechen zu überdenken, geschweige denn, es zu tilgen! Namen und Bezeichnungen sind wesentliche Elemente der Kultur und der Identität eines Volkes. Den Südtirolern weiterhin die faschistischen Namen aufzuzwingen, bedeutet nicht nur, ihre Geschichte zu leugnen, sondern auch weiterhin ihre Identität mit Füssen zu treten.“

„Sich von Rom nicht einschüchtern lassen!“

Die Landtagsabgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit, Myriam Atz-Tammerle und Sven Knoll, bezeichnen die italienweite Polemik wegen der Ersetzung des faschistischen Begriffs „Alto Adige“ durch die offizielle italienische Landesbezeichnung „Provincia di Bolzano“ (im Europagesetz des Landtages) als Ausdruck eines verabscheuenswürdigen Nationalismus und fordern die SVP auf, sich nicht von den Drohgebärden aus Rom einschüchtern zu lassen, sondern den faschistischen Begriff Alto Adige einfach nicht mehr zu verwenden.

Die nun entbrannte Polemik sei völlig unbegründet, da es die Ersetzung des Begriffs „Alto Adige“ in den letzten Jahren in Gesetzen des Landtages immer wieder gegeben habe, ohne dass dies je beanstandet worden wäre. Es gehe zudem ja auch nicht darum, den italienischen Landesnamen zu streichen, sondern nur darum, den rechtlich korrekten italienischen Landesnamen für Süd-Tirol in Gesetzestexten zu verwenden. Dieser laute nicht „Alto Adige“, sondern „Provincia di Bolzano“. Der Begriff Alto Adige existiert rechtlich nur für die Institution der Region „Trentino-Alto Adige“ nicht aber für das Land Südtirol, das in italienischer Sprache offiziell nur „Provincia di Bolzano“ heißt. „Ein Blick auf die Fassade des Landtages genügt, um dies zu beweisen, denn auch der Landtag heißt auf Italienisch nicht ‚Consiglio dell’ Alto Adige‘, sondern ‚Consiglio provinciale di Bolzano‘“, erklären Atz-Tammerle und Knoll.

Bereits in der Sitzung des ersten Gesetzgebungsausschusses, als das Europagesetz vorab behandelt wurde, seien beim Abgeordneten Urzì die „Sicherungen“ durchgebrannt und er habe gegenüber der Landtagsabgeordneten Myriam Atz-Tammerle respektlose Beleidigungen geäußert. „Ein solcher Nationalismus, wie ihn Südtirol derzeit zu spüren bekommt, führt zu einer Spaltungen der Gesellschaft. Dass Italien nicht bereit ist, dem Faschismus endlich ein Ende zu setzen, ist damit zum wiederholten Male offenkundig geworden“, kritisieren die Abgeordneten der Bewegung.

Nehme man den Nationalismus aus der Diskussion heraus, gehe es letztlich nur um eine rechtliche und technische Sprachregelung. Die Süd-Tiroler Freiheit schlägt vor, im Landtag eine Übereinkunft zu treffen, welche die Verwendung der Landesbezeichnungen klar regelt.

„Keinesfalls darf sich Südtirol aber von Rom zwingen lassen, den faschistischen Begriff Alto Adige zu verwenden, weshalb die Süd-Tiroler Freiheit die Politik und die Bevölkerung dazu aufruft, den faschistischen Begriff Alto Adige einfach nicht mehr zu benutzen und stattdessen in italienischer Sprache die korrekte Landesbezeichnung ‚Provincia di Bolzano‘ oder die Kurzform ‚Sudtirolo‘ zu verwenden“, heißt es abschließend in einer Aussendung.

Von: mk

Bezirk: Bozen