Von: mk
Bozen – Im Laufe des vergangenen Jahres wurden von den Umweltverbänden wurden mehrere Kritikpunkte am neuen Gesetzesvorschlag für Raum und Landschaft angebracht. Keiner davon sei im aktuellen Textentwurf enthalten, kritisiert der AVS. Insofern könne nicht von einem gelungenen partizipativen Prozess die Rede sein, da in diesem Text die Einzelinteressen bestimmter Lobbys gegenüber dem Allgemeingut Umwelt überwiegen würden.
Werbebilder, Postkarten und sämtliche Broschüren von Höfen, Gasthöfen und Buschenschänken zeigen uns ein idyllisches, geordnetes und sauberes Südtirol, in dem die unberührte Landschaft respektiert wird. Mit viel Einsatz wird hier ein Tourismusprodukt verkauft, das immer moderner und luxuriöser wird, aber gleichzeitig weiterhin im Einklang mit der Naturlandschaft sein soll. Jeder verbindet Südtirol mit einer unberührten Naturlandschaft. In den Leitlinien und Entwürfen des neuen Landesgesetzes Raum und Landschaft 2017 möchte man Südtirol als ein Gebiet darstellen, wo Umweltschutz an erster Stelle steht. „Aber ist das wirklich so?“, fragt der AVS, der gemeinsam mit dem Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol Georg, der Vereinigung der Südtiroler Biologen mit Mountain Wilderness , Lia per Natura y Usanzes, Legambiente Südtirol, mit dem CAI und mit dem Bozner WWF den Gesetzentwurf kritisiert.
Den Aussagen von Landesrat Theiner entnehme man, dass der Gesetzesentwurf im Einvernehmen und in gemeinsamer Arbeit mit den Bürgern und Interessensvertretern entstanden sei.
„Das stimmt aber nicht: Die Umweltverbände sind nicht damit einverstanden! Viele von ihnen haben verschiedene Versionen des Gesetzesentwurfes gelesen (inbegriffen der Entwurf von 9. Oktober 2017) und daraufhin Kommentare, Korrekturen und Anliegen eingebracht. Dennoch wurden in den darauffolgenden Entwürfen nur jene Beiträge aufgenommen, die besonderen Interessensgruppen den Rücken stärken. Wenn die endgültige Version noch nicht steht, wer arbeitet dann jetzt daran? Warum dürfen die Umweltverbände und die Bürger sich nicht an diesem Prozess beteiligen? In diesen Monaten haben gewisse Gruppen sich das Gesetz zum eigenen Vorteil umformuliert! Ist das ein partizipativer Prozess? Den Interessensvertretern wurden zahlreiche inoffizielle Versionen des Entwurfs übermittelt und damit entstand ein willentliches Chaos, in dem keiner mehr überblickte, wer gerade den Gesetzestext überarbeitet“, erklärt der AVS.
Der aktuelle Gesetzesentwurf sei ein Triumph der Einzelinteressen über das Allgemeingut Umwelt. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, der Heimatpflegeverband, der Alpenverein Südtirol, der Club Alpino Italiano sowie die Südtiroler Vereinigung der Biologen hätten im vergangenen Frühjahr mit mehreren Schreiben Landesrat Theiner, Landeshauptmann Kompatscher und die gesamte Landesregierung darüber informiert, dass ihre Beiträge in den Gesetzesentwürfen nicht berücksichtigt worden seien.
„Ganz im Gegenteil wurde der Landschaftsschutz mit jeder Bearbeitung des Gesetzesentwurfes zugunsten einzelner starker Interessensgruppen (Landwirtschaft, Baugewerbe und Tourismus) immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Leider wurden die Stellungnahmen der Umweltverbände nicht berücksichtigt. Deswegen kann nicht mehr von einem echten partizipativen Prozess sprechen. Ein Mangel an Transparenz ist auch im Gesetzestext ersichtlich, da immer wieder auf Durchführungsbestimmungen verwiesen wird, die noch gar nicht geschrieben wurden und somit nicht geprüft werden können. In der aktuellen Version des Textes ist kein ausreichender Schutz für Raum und Landschaft gewährleistet. Wir hoffen inständig, dass die finale Version unsere Anliegen berücksichtigt“, betont der AVS.
Die übergeordneten Prinzipien würden immer wieder durch Schlupflöcher und Ausnahmen zugunsten einiger Kategorien geschwächt. So stehe im Text etwa, dass unberührter Boden nicht mehr bebaut werden und die urbanistische Entwicklung nur auf den bereits bebauten Flächen stattfinden darf, aber dann würden mehrere Ausnahmen gelistet (wie z.B. der Artikel in dem es heißt, dass der Flächenverbrauch aus wirtschaftlichen Gründen – d.h. also immer – doch erlaubt ist.
Weiters sei davon die Rede, dass Maßnahmen wie Versiegelung, Erschließung und Bebauung für die landwirtschaftliche Produktion keinen Bodenverbrauch darstellen. „Die Gesetzesvorgaben dürfen nicht ständig durch Ausnahmen verfälscht oder umgangen werden, auch nicht durch Einzelfallregelungen und Freiheiten, die die Landesregierung den Gemeinden, Bürgermeistern und Interessensgruppen einräumt. Abschließend bringen wir zum Ausdruck, dass wir insgesamt im Gesetzestext einen starken Bezug zum Schutz und Erhalt des Raumes und der Landschaft sowohl betreffend der Ökosysteme als auch der Biodiversität vermissen. Der Landschaftsschutz und die Raumplanung dürfen nicht getrennt voneinander betrachtet werden, so steht es schon im Artikel 9 des Grundgesetzes und in der Europäischen Landschaftskonvention. Im Zweifelsfall hat der Landschaftsschutz Vorrang! Die schönen Postkartenmotive rücken immer weiter in die Ferne!“, so der AVS.