Staatsbegräbnis am Mittwoch im Mailänder Dom

Kompatscher zu Berlusconis Tod: Prägend, im Guten wie im Schlechten

Dienstag, 13. Juni 2023 | 06:55 Uhr

Rom/Bozen – Der italienische Ex-Premier Silvio Berlusconi ist tot. Der Medientycoon starb mit 86 Jahren in der Mailänder San Raffaele-Klinik, in die er am Freitag wegen seiner chronischen Leukämie eingeliefert worden war, bestätigte Berlusconis Fernsehkonzern MFE. Wie seine Familie mitteilte, war für Mittwoch ein Staatsbegräbnis im Mailänder Dom im Beisein von Staatspräsident Sergio Mattarella geplant.
Das Begräbnis wird vom Mailänder Erzbischof Mario Delpini zelebriert. Der Mittwoch soll ein Trauertag in Italien sein. Am Montag wurden die Fahnen des Regierungsgebäudes und des Parlaments in Rom als Zeichen der Trauer auf Halbmast gehisst.

Um den Tod des Medientycoons bekannt zu geben, waren die Programme von Berlusconis TV-Sender unterbrochen worden. Hunderte Journalisten, TV-Teams und Anhänger des Medienzaren versammelten sich vor der Klinik. Berlusconis Leichnam wurde in seine Residenz in Arcore überführt. Am Dienstag soll er in einem Studio der TV-Gruppe Mediaset aufgebahrt werden. Erwartet wird, dass tausende Menschen von dem Medientycoon Abschied nehmen werden.

Politiker aus allen Lagern kondolierten der Familie. “Silvio Berlusconi war vor allem ein Kämpfer, er war ein Mann, der nie Angst hatte, seine Überzeugungen zu verteidigen, und genau dieser Mut und diese Entschlossenheit machten ihn zu einem der einflussreichsten Männer in der Geschichte Italiens”, so die italienische Premierministerin Giorgia Meloni. “Mit Berlusconi hat Italien gelernt, dass es sich niemals Grenzen auferlegen lassen darf. Es lernte, dass es niemals aufgeben darf. Mit ihm haben wir viele Schlachten geschlagen, gewonnen und verloren. Und auch für ihn werden wir die Ziele, die wir uns gemeinsam gesetzt haben, erreichen. Auf Wiedersehen Silvio”, schrieb Meloni. Ihre Regierungskoalition wird von Berlusconis Partei Forza Italia unterstützt.

Präsident Sergio Mattarella würdigte Berlusconi als Persönlichkeit, die lange Zeit die italienische Politik geprägt hat. “Berlusconi war ein großer Politiker, der der Geschichte unserer Republik seinen Stempel aufgedrückt hat”, so Mattarella. “Wir verlieren einen großen Italiener”, erklärte der Chef der rechten Lega, Matteo Salvini. “Der Tod Berlusconis bedeutet das Ende einer Ära, für uns ist sein Ableben ein großer, enormer Schmerz”, sagte Verteidigungsminister Guido Crosetto.

Berlusconis “rechte Hand” in der Forza Italia, Außenminister Antonio Tajani, sprach von einem enormen Verlust. “Wir haben als Forza Italia die Pflicht, vorwärts zu gehen, auch wenn wir verwundet sind. Wir werden dies unter Berlusconis moralischer und geistiger Führung tun und wir werden nach seinen Hinweisen weiterarbeiten”, sagte Tajani. Erwartet wird, dass Tajani das Ruder der Partei übernehmen wird.

US-Außenminister Antony Blinken sprach dem italienischen Volk sein Mitgefühl aus. Berlusconi sei “offensichtlich eine enorm wichtige Persönlichkeit im politischen und öffentlichen Leben Italiens” gewesen, sagte Blinken laut dpa am Montag bei einem Treffen mit seinem italienischen Kollegen Tajani in Washington. Er selbst habe nie die Gelegenheit gehabt, Berlusconi persönlich kennenzulernen oder mit ihm zu arbeiten.

Tajani, der seinen USA-Besuch wegen Berlusconis Tod verkürzt, dankte Blinken für dessen Flexibilität, ihn früher zu treffen, damit er rasch nach Italien zurückkehren könne. “Ich betrachte dies als eine weitere Geste der Freundschaft gegenüber Italien”, sagte der italienische Außenminister.

Der Papst sendete der Familie Berlusconis ein Beileidstelegramm. Franziskus drückte “seine aufrichtige Anteilnahme an der Trauer über den Verlust eines Protagonisten von Italiens politischem Leben aus, der mit energischem Temperament öffentliche Verantwortung trug”, teilte der Vatikan mit. “Seine Heiligkeit erbittet vom Herrn den ewigen Frieden für ihn und den Trost des Herzens für alle, die um ihn trauern. Ich schließe mich den Beileidsbekundungen mit inbrünstigem Gedenken im Gebet an”, hieß es im Telegramm an die Kinder Berlusconis. Der ehemalige Premierminister hatte fünf Kinder aus zwei Ehen und 16 Enkelkinder.

Auch Südtirols Politik trauert um Silvio Berlusconi. Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) meinte, der Ex-Premierminister habe Politik und Wirtschaft Italiens der vergangenen 30 Jahre geprägt wie kaum ein anderer – “im Guten wie im Schlechten”. Der frühere Regierungschef und Medientycoon sei in persönlichen Begegnungen “äußerst charmant und wortgewandt” gewesen. Die Beziehung zu Südtirol sei nicht immer besonders gut gewesen.

Es habe “nicht immer das Gespür für unsere Autonomie gegeben”. In den vergangenen Jahren habe sich dies aber gebessert, so Kompatscher. Berlusconi gelte als der Erfinder einer neuen Form von Politik, die sich ganz stark auf Umfragen und die Meinung des Volkes berufe, auf Kommunikation, “um nicht zu sagen, Werbung”, sagte der Landeshauptmann. Für manche gelte er als Erfinder des Populismus, einer Art Politik zu machen, der sehr viele nachgefolgt seien. Daher sei Berlusconi prägend nicht nur für Italien gewesen, sondern für die Politik im Allgemeinen, erklärte der Südtiroler Landeschef.

Kompatschers Vorgänger, Altlandeshauptmann Luis Durnwalder (SVP), bezeichnete Berlusconi gegenüber der Internetplattform “stol.it” als “höflichen und netten Menschen”, bei dem man immer auch das Gefühl gehabt habe, dass er einem zuhöre und sich Zeit für die Anliegen Südtirols nehme. “Bei der Umsetzung hat es dann aber leider oftmals gehapert”, schränkte der Ex-Landeschef, der mit dem Ministerpräsidenten Berlusconi in beider Amtszeiten viel zu tun hatte, ein. Ihm bleibe jedenfalls Berlusconis “lockerer Umgang” bei persönlichen Treffen in Erinnerung. Er sei erstaunt, “dass es nun so schnell ging”, sagte Durnwalder zum Tod des Politikers und Unternehmers.

Auch aus dem Ausland trafen Kondolenzschreiben ein. Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete Berlusconis Tod als “irreparablen Verlust”. “Ich habe ihn stets für seine Weisheit, seine Fähigkeit, selbst in den schwierigsten Situationen ausgewogene und weitsichtige Entscheidungen zu treffen, aufrichtig bewundert. Bei jedem unserer Treffen vermittelte er mir seine unglaubliche Vitalität, seinen Optimismus und seinen Sinn für Humor”, schrieb der russische Präsident in einer Kondolenzbotschaft an Staatspräsident Mattarella, die auf der Website des Kremls veröffentlicht wurde.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) würdigte Berlusconi als prägende Figur der europäischen Politik. “Als ehemaliger Ministerpräsident Italiens hat Silvio Berlusconi die politische Landschaft unseres Nachbarlandes und Europas geprägt”, schrieb Nehammer am Montag auf Twitter zum Ableben Berlusconis. “Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt in diesen schweren Stunden seinen Angehörigen und dem italienischen Volk.”

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekundete Italien sein Beileid. “Er hat das italienische politische Leben der vergangenen Jahrzehnte geprägt”, würdigte Macron den Verstorbenen am Montagabend in Paris. Berlusconi sei ein großer Unternehmer und eine wichtige Figur im zeitgenössischen Italien gewesen. In einer Mitteilung des Élyséepalastes hieß es, Berlusconi sei Frankreich verbunden gewesen und habe die intensive Beziehung zwischen Frankreich und Italien bekräftigt.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen twitterte laut dpa, dass Berlusconi “Italien in einer Zeit des politischen Übergangs geführt und seitdem weitergemacht habe, sein geliebtes Land zu formen”. Ein Sprecher der britischen Regierung in London sagte: “Silvio Berlusconi hat über mehrere Jahrzehnte einen großen Einfluss auf die italienische Politik ausgeübt, und unsere Gedanken sind beim italienischen Volk und seiner Familie.”

Der stellvertretende Sprecher der deutschen Regierung, Wolfgang Büchner, sagte in Berlin: “Wir sprechen dem italienischen Volk und der italienischen Regierung unsere Anteilnahme aus.”

Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán postete auf Twitter und Facebook ein gemeinsames Foto, unter dem “Riposa in pace, amico mio!” (Ruhe in Frieden, mein Freund!) stand. “Der große Kämpfer ist gegangen”, schrieb der rechtsnationale Ministerpräsident dazu.

Die Chefin der rechtspopulistischen französischen Partei “Rassemblement National”, Marine Le Pen, schrieb, dass Berlusconi “Italiens politisches Leben zutiefst geprägt hat”. “Er war ein untypischer Politiker mit einem außerordentlichen Leben”, kommentierte Le Pen.

Auch die italienischen Opposition würdigte Berlusconis Rolle in der Politik. “Wir haben unterschiedliche Welten vertreten, doch wir waren nie Feinde”, kommentierte der Ex-EU-Kommissionschef Romano Prodi. “Berlusconi hat die Geschichte unseres Landes geschrieben. Sein Tod betrifft uns alle”, betonte der ehemalige Premier und frühere Chef der Demokratischen Partei (PD), Enrico Letta. Auch Berlusconis Fußballclub AC Monza trauert um den Medientycoon, der von 1986 bis 2017 auch Eigentümer des Erstligisten AC Milan war.

Um Berlusconi trauert auch die Marokkanerin Karima El Mahroug, die weltweit unter dem Namen “Ruby Rubacuori” (Ruby Herzensbrecherin) bekannt geworden ist. Weil sie als 17-Jährige an Partys in Berlusconis Mailänder Residenz teilgenommen hatte, musste der Medienzar wegen Amtsmissbrauchs und Prostitution einer Minderjährigen vor Gericht. Der lange Prozess endete mit einem Freispruch. Darauf folgte ein weiteres Verfahren gegen Berlusconi wegen mutmaßlicher Zeugenbestechung in Zusammenhang mit dem Fall Ruby, der ebenfalls im vergangenen Februar mit einem Freispruch zu Ende ging. “Adieu Ministerpräsident!”, schrieb Karima El Mahroug auf Instagram und postete das Bild eines gebrochenen Herzens.

Gianni Infantino, der Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA, schrieb auf Instagram über den früheren Besitzer und Präsidenten des Spitzenclubs AC Mailand: “Ich werde ihn in Erinnerung behalten als jemanden, der in unserem geliebten Sport geträumt hat und die Ideen dann in die Realität umsetzte.”

Erst am 19. Mai war Berlusconi nach 45 Tagen Aufenthalt aus dem Krankenhaus entlassen worden, in dem er wegen einer Lungeninfektion behandelt worden war. Er hatte zwölf Tage auf der Intensivstation verbracht. Berlusconi war bis zu seinem Tode Vorsitzender der mitregierenden Mitte-Rechts-Partei Forza Italia. Zwischen 1994 und 2011 war er vier Mal italienischer Regierungschef gewesen.

Von: apa

Bezirk: Bozen