Kritik der Lehrkräfte - „mit Billiglöhnen abgespeist“

Bildung und Schule auf Sparkurs – auch nach Corona?

Montag, 21. Juni 2021 | 08:38 Uhr

Bozen – Ein Jahr nach der Petition „Lehrerwunderland Südtirol“ erneuern 171 Südtiroler Schulen und 4.600 Lehrkräfte gemeinsam mit den Schulgewerkschaften den Aufruf an die Verantwortlichen der Personalpolitik des Landes, „endlich die offenen Fragen des seit drei Jahren überfälligen Arbeitsvertrages des Lehrpersonals staatlicher Art zu regeln“. Die zwei Teilverträge dazu, die kürzlich von Landesseite angeboten wurden, würden laut Initiative „Lehrerwunderland Südtirol“ klar zeigen, dass die Lehrkräfte an Südtirols Schulen „weiterhin mit Billiglöhnen abgespeist“ werden sollen.

„Seit Beginn der Corona-Krise hat man die Sache verschleppt und vertröstet und überall in der Schule gekürzt: Es sei nicht die richtige Zeit für Gehaltsverhandlungen. Und jetzt, nach zwei Jahren mit höchstem Einsatz in einer Ausnahmesituation, werden die Hauptforderungen des Lehrpersonals, nämlich Inflationsangleichung und gehaltsmäßige Anerkennung der Aufgaben der öffentlichen Schule und Bildung, einfach vom Tisch gewischt“, heißt es in einer Aussendung.

Dagegen melden sich nun die Lehrerkollegien der deutschen und italienischen Schulen in Südtirol zu Wort und fordern eine Kurskorrektur. Zusammen mit der Initiative „Lehrerwunderland“ weisen sie auf die grobe Ungleichbehandlung der staatlichen Lehrkräfte im Vergleich zu jenen in Landesdienst hin und fordern eine sofortige Angleichung ihrer Gehälter an jene der Landesberufsschulen. Davon seien die angebotenen Teilverträge allerdings weit entfernt.

Durch die Inflation hätten die Lehrergehälter in zehn Jahren 20 Prozent der Kaufkraft eingebüßt, während im privaten Bereich laut ISTAT-Daten Gehaltszuwächse von über zehn Prozent belegt seien. Das aktuelle Angebot des Landes an die Schulgewerkschaften, das diese bereit sind zu unterzeichnen, sehe für die Arbeit in der Grund-, Mittel- und Oberschule jährlich eine Erhöhung von 0,4 bis 0,7 Prozent vor, das seien maximal 29 Euro brutto oder 19 Euro netto monatlich, die weit unter dem Inflationsausgleich liegen würden. Daneben bleibe der allgemeine Rückstand der Gehälter der Staatslehrpersonen von jährlich etwa 3000 Euro bestehen, der in der persönlichen Laufbahnentwicklung nicht mehr aufzuholen sei. Ein weiteres ungelöstes Problem sei die digitale Ausstattung der Lehrpersonen. Würden Südtirols Lehrkräfte den Fernunterricht nicht gänzlich aus eigener Tasche finanzieren, hätte es diesen nie gegeben.

„Das Fazit daraus ist empörend. Das reiche Lehrerwunderland Südtirol will sich eine angemessene Bezahlung seiner Lehrkräfte nicht leisten, während die Führungskräfte in Schule und Verwaltung seit 2015 eine rückwirkende Lohnerhöhung von mehr als 20 Prozent erhalten haben und nun in den Medien deren Spitzengehälter bekannt werden. Beispiel: Bildungsdirektor Gustav Tschenett mit 13.561 Euro brutto monatlich. Daneben werden regelmäßig die öffentlichen Ankündigungen und Versprechungen des Bildungslandesrats Philipp Achammer und des Landeshauptmanns und Personallandesrats Arno Kompatscher verlautbart, die sich bisher nur als leere Versprechungen erweisen. Die Frage, ob das alles auf eine Kurskorrektur in der Bildungspolitik hinweist in einem Land, in dem heute über 1500 ausgebildete Lehrkräfte fehlen und für den Herbst weitere Einsparungen in den Bereichen Schule und Bildung zu erwarten sind, darf man getrost verneinen“, erklärt die Initiative.

Von: mk

Bezirk: Bozen