Dachverband kritisiert die Landesregierung

Biodiversität – „Zuallererst schützen, was noch da ist“

Mittwoch, 26. Juni 2019 | 12:14 Uhr

Bozen/Olang – Die Südtiroler Landesregierung hat in einer großen Pressekonferenz die Biodiversitätsstrategie Südtirols dargestellt und sich ambitionierte Ziele gesetzt. Damit trifft sie den Zeitgeist, denn der enorme weltweite Artenschwund macht auch vor Südtirol nicht halt. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz übt aber auch Kritik.

Denn die Landesregierung habe es bislang nicht geschafft, die laufende Zerstörung von bedrohten Lebensräumen und Biodiversitäts-Hotspots in Südtirol zu stoppen. „Dabei wäre dies die dringlichste Maßnahme. Denn einen verloren gegangenen Lebensraum wiederherzustellen ist immens aufwendig, einen bereits vorhandenen effektiv zu schützen weitaus einfacher“, so der Dachverband.

Der Artikel Nr. 16 des Landesnaturschutzgesetzes Nr. 6 aus dem Jahre 2010 scheint klar und eindeutig. Absatz 1 führt aus: „Schützenswerte Nass- und Feuchtflächen sind: … ,Moore, …“ Im Absatz 3 wird die Pflicht zur Erhaltung solcher Lebensräume unterstrichen: „Schützenswerte Nass- und Feuchtflächen… sind zu erhalten“ und abschließend verbietet Absatz 4 jedwede Beeinträchtigung, indem präzisiert wird: „Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen Beeinträchtigung der Flächen laut Absatz 3 führen können, sind unzulässig.“

Völlig unverständlich ist es daher für den Dachverband für Natur- und Umweltschutz, wie es dennoch zu den Meliorierungsarbeiten an einem bestehenden Quellmoos in Olang kommen konnte. In den vergangenen Tagen wurde ein Großteil des Moores umgebaggert und damit beinahe zur Gänze zerstört.

„Fraglich ist, wie einerseits solche Arbeiten genehmigt werden können, wenn es einschlägige Landesgesetze gibt, die genau solche Eingriffe verbieten. Andererseits muss auch die Frage nach der Kontrolle gestellt werden. Denn es waren nicht Behörden, sondern besorgte Bürger, die auf den Umstand aufmerksam gemacht haben“, erklären die Umweltschützer.

Dieses Beispiel zeige exemplarisch die Diskrepanz zwischen dem politischen Anspruch in Südtirol, das Land in den kommenden Jahren zu einem „Land der Artenvielfalt“ (O-Ton Pressekonferenz von LH Kompatscher, LR Schuler und LRin Hochgruber Kuenzer am 7. Juni 2019) machen zu wollen, und andererseits der Realität, in der Mechanismen zur Gesetzeseinhaltung auf mehreren Ebenen völlig versagen würden.

„Bei aller Wichtigkeit von langfristigen und übergeordneten Biodiversitätsstrategien ist der Schutz des Bestandes am dringlichsten! Schaffen wir es nicht, den Verlust von noch vorhandenen Lebensräumen zu stoppen, relativieren sich alle noch so anspruchsvollen und ambitionierten Zielsetzungen in Sachen Artenschutz und Biodiversität für die Zukunft. Südtiroler Landesregierung, werte Politikerinnen und Politiker, zeigt uns, dass ihr es wirklich ernst meint mit den Botschaften eurer Pressekonferenz Anfang Juni!“, erklärt der Dachverband abschließend.

Von: mk

Bezirk: Bozen, Pustertal