Südafrikanischer Präsident verkündete Erweiterung des Bündnisses

BRICS-Gruppe erweitert sich um sechs Mitgliedstaaten

Donnerstag, 24. August 2023 | 16:18 Uhr

Die BRICS-Gruppe wichtiger Schwellenländer wird um sechs Länder erweitert. Saudi-Arabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Argentinien, Ägypten und Äthiopien werden mit 1. Jänner 2024 aufgenommen, wie der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa am Donnerstag beim Gipfel der Allianz in Johannesburg ankündigte. Südafrika hat derzeit den Vorsitz des Staatenbundes inne, dem bisher außerdem Brasilien, Russland, Indien und China angehören.

Eine Erweiterung, auf die etwa Peking drängte, soll dem Block mehr globales Gewicht verleihen. Vor allem China und Russland pochen auf ein Gegengewicht zum Westen. Brasilien lehnt dagegen eine Frontstellung etwa zum G7-Bündnis der wichtigsten westlichen Industrieländer ab.

Die Erweiterung werde der Kooperation der Gruppe neue Impulse verleihen und sei historisch, sagte der chinesische Präsident Xi Jinping in Johannesburg. Die BRICS-Staaten hätten einen wichtigen globalen Einfluss und eine große Verantwortung. Er kündigte einen umgerechnet zehn Milliarden US-Dollar schweren Sonderfonds für die globale Entwicklung an. China wolle zudem die Zusammenarbeit mit dem Iran im Rahmen des BRICS-Blocks und auf anderen multilateralen Plattformen verstärken, berichtete der chinesische staatliche Sender China Central Television (CCTV) über ein Gespräch von Xi mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi am Rande des Gipfels.

Der russische Präsident Wladimir Putin, der wegen eines internationalen Haftbefehls gegen ihn nicht zum Gipfel gereist war, dankte Ramaphosa für dessen Einsatz für eine Erweiterung. Er kündigte in einer Videobotschaft zudem ein stärkeres russisches Engagement in Afrika an. Putin erwähnte 30 Energieprojekte. Russische Exporte an Öl und Gas würden helfen, die Energiepreise in Afrika stabil zu halten. Die BRICS-Staaten könnten den afrikanischen Staaten auch helfen, im Bereich der Ernährungssicherheit unabhängiger zu werden, sagte der Präsident der Komoren, Azali Assoumani. Er hat derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU) inne.

Der BRICS-Block repräsentiert etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung und ein Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts. Innerhalb der Gruppe gibt es auch politische Spannungen. So streiten Indien und China über ungelöste Grenzfragen. Nach Angaben südafrikanischer Beamter haben mehr als 40 Länder ihr Interesse an einem BRICS-Beitritt bekundet, 22 haben offiziell um Aufnahme gebeten. Das Interesse anderer Länder an einer Mitgliedschaft zeige, wie wichtig deren Streben nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung sei, sagte der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva.

Die Regierungen der VAE, Äthiopiens, Argentiniens und Saudi-Arabiens begrüßten umgehend die Einladung zur Teilnahme. “Damit eröffnen sich neue Chancen für Argentinien”, sagte Präsident Alberto Fernández in einer am Donnerstag veröffentlichten Videobotschaft. “Wir werden Protagonisten im Streben nach einem gemeinsamen Ziel innerhalb eines Blocks, der 40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentiert.”

Angesichts der geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen sei es für Argentinien sinnvoll, sich der Gruppe anzuschließen. “Die BRICS spielen eine Schlüsselrolle bei der Forderung nach einer globalen Finanzarchitektur, die dem Bedürfnis nach Wachstum, Handel, Investitionen und sozialem Wohlstand Rechnung trägt”, sagte Fernández.

Für Argentinien sind die BRICS-Mitglieder China und Brasilien bereits heute die wichtigsten Handelspartner. Die beim Internationalen Währungsfonds (IWF) hoch verschuldete Regierung in Buenos Aires sucht zudem nach neuen Kreditgebern wie der Neuen Entwicklungsbank der BRICS-Gruppe.

Während ihres Gipfeltreffens in Südafrika verabschiedeten die BRICS-Staaten auch eine Resolution, um die Schaffung einer neuen Zahlungswährung zu prüfen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow, der Putin in Johannesburg vertrat, sprach sogar davon, dass man ein alternatives Zahlungssystem einführen wolle. Lula hatte sich dafür eingesetzt, Geschäfte zwischen den BRICS-Ländern nicht mehr in Dollar abzuwickeln.

UNO-Generalsekretär António Guterres sprach sich im Rahmen des BRICS-Gipfels für eine Reform multilateraler Institutionen aus. “Wir bewegen uns auf eine multipolare Welt zu, und das ist eine positive Sache”, sagte Guterres kurz nach der Ankündigung der Fünfer-Gruppe, sechs weitere Mitglieder aufzunehmen. Eine gestärkte und reformierte multilaterale Architektur auf der Grundlage der UNO-Charta sei “dringend” notwendig, sagte Guterres. Die aktuelle Ordnung der Weltwirtschaft “spiegelt die Welt von gestern wider”.

Eine Neugestaltung der heutigen veralteten, dysfunktionalen und ungerechten globalen Finanzarchitektur sei unerlässlich, warnte der UNO-Generalsekretär. “Dies erfordert den Mut zum Kompromiss” und zu Reformen. Es sei eine gravierende Ungerechtigkeit, dass afrikanische Länder im Schnitt viermal mehr für Kredite zahlten als die USA und achtmal mehr als die reichsten europäischen Länder, sagte Guterres und forderte die Entwicklung eines wirksamen Schuldentilgungsmechanismus.

Die Frage ist nun, wie der Westen auf die Verkündung reagiert, vor allem auf die Aufnahme des Iran und Saudi-Arabiens. “Die BRICS-Staaten haben weiterhin keine politischen Leitlinien. Die geplante Erweiterung des Bündnisses, darunter vier eindeutig autoritär regierte Staaten, bestätigt, dass den Staatenlenkern ein strategischer Kompass fehlt”, sagte der Ökonom Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung, der Deutschen Presse-Agentur. “Ihnen geht es allein darum, möglichst viele Mitläufer auf die vermeintlich anti-westliche Seite zu ziehen.” Ab Jänner werden autokratisch regierte Staaten die Mehrheit des Verbunds bilden, warnte Paqué.

Die westliche Staatengemeinschaft solle angesichts der BRICS-Erweiterung “jedoch nicht in Panik verfallen”, sagte der Ökonom. Auf die individuellen Beziehungen des Westens zu wichtigen demokratischen Handelspartnern wie Brasilien, Indien oder Südafrika werde die Ausweitung wenig Einfluss haben, sagte Paqué.

Von: APA/dpa/Reuters