Bei Neuwahlen für beide nichts zu gewinnen – ein Kommentar

Conte reloaded – Chance für Italien und Südtirol

Donnerstag, 05. September 2019 | 10:20 Uhr

Bozen/Rom – Nachdem die Aktivisten des „Movimento 5 Stelle“ bei einer Online-Befragung mit großer Mehrheit für eine Koalition mit dem PD gestimmt haben, steht der Regierung Conte II nichts mehr im Wege.

Das ist gut für Italien. Der krisengebeutelte Stiefelstaat kann es sich nicht leisten, jedes Jahr zu wählen, während ein wahrer Berg von Problemen weiter einer Lösung harrt. Matteo Salvini, dem der Erfolg bei den Europawahlen wohl zu Kopf gestiegen ist und der mutwillig die Regierungskrise vom Zaun gebrochen hat, um die Mehrheitsverhältnisse in seinem Sinne zu ändern, wird sich vorerst mit der Oppositionsrolle begnügen müssen.

APA/APA (AFP)/VINCENZO PINTO

Aber seine Zeit ist noch lange nicht vorbei. Während die M5S-PD-Regierung unter Conte manch schmerzhafte Entscheidung treffen muss, hat Salvini von jeglicher Verantwortung befreit weiterhin Gelegenheit, sich als „Retter der Nation“ zu stilisieren und alle Gegner zu sammeln. Der tapfere Giuseppe Conte wird es nicht leicht haben. In beiden Parteien gärt es. Neben vielen, die an einem besseren Italien mitarbeiten wollen, mangelt es nicht an Unzufriedenen, die viele Beschlüsse und Gesetze nicht mittragen werden. Manch Gezerre des letzten Jahres wird leider seine Fortsetzung finden. Angesichts der hauchdünnen – oder besser gesagt fehlenden – Mehrheit im Senat ist bereits heute manch Schlappe vorprogrammiert.

Diese hauchdünne Mehrheit im Senat ermöglicht es aber auch den unseren Vertretern, in Rom wieder mehr zu bewegen. Die in langen Jahren aufgebauten Verbindungen zum PD – Maria Elena Boschi verdankt ihr Senatsmandat den Stimmen der SVP – können nach dem Lega-Flirt wiederbelebt werden. Es wird sie auch brauchen, um die Autonomieskeptiker des M5S zur Räson zu bringen. Und vielleicht – so die Hoffnung – ließe sich wie früher auch der eine oder andere Coup für Südtirol landen.

Bei Neuwahlen mit einer möglichen italienischen Rechtsmehrheit hat Südtirol nichts zu gewinnen. Dem intelligenten, proeuropäischen und autonomiefreundlichen Giuseppe Conte hingegen könnte mit dieser Regierung bis zum Ende der Legislatur vieles gelingen – unter anderem das Kunststück, das Ansehen und die Seriosität Italiens zu heben. Eine Hoffnung für Italien – und für Südtirol.

Von: ka

Bezirk: Bozen