Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Landesgesetzentwurf Nr. 7/19: Änderungen zum Landesgesetz vom 12. Mai 2010, Nr. 6, „Naturschutzgesetz und andere Bestimmungen“ (vorgelegt vom Abg. Nicolini). Der Entwurf besteht aus einem einzigen Artikel, der den Einsatz von Unkrautbekämpfungsmitteln betrifft, und zwar im Bereich von Feldrainen und Dämmen sowie Böschungen von Straßen, Fließgewässern und Gräben.
Es handle sich um eine kleine Änderung am Naturschutzgesetz, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung), und er vertrete dabei keine extremen Positionen. Es sei der Versuch zu einem langsamen, progressiven Übergang zur biologischen Landwirtschaft. Der Einsatz von Glyphosat und anderen Unkrautbekämpfungsmitteln sei vom Landesgesetz bereits eingeschränkt, aber dabei habe man einen Aspekt ausgelassen. “Die vorgeschlagene Gesetzesänderung, die aus einem einzigen Aufhebungsartikel besteht, würde die Möglichkeit des Einsatzes von Pestiziden in Gebieten, die normalerweise von der Bevölkerung (wenn auch durch entsprechende Transportmittel) benutzt werden, wie entlang von Straßen, Bahngeländen und insbesondere Wasserläufen, erheblich einschränken.
Franz Locher, Vorsitzender des II. Gesetzgebungsausschusses, verlas den Bericht des Ausschusses, der den Entwurf mit 7 Ja und 1 Enthaltung gutgeheißen hatte. Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) bemerkte, dass das bestehende Gesetz wohl eine Einschränkung beinhalte, dass der Gesetzentwurf aber eine nützliche Präzisierung vorschlage. Es sei ein Thema, das in der Öffentlichkeit stark diskutiert werde, nicht nur in Mals. Laut Bauern seien diese Mittel notwendig, für die Bürger aber seien sie schädlich. Der Gesetzentwurf regle den Einsatz dieser Mittel genauer und habe den Schutz der Menschen in der Nähe von landwirtschaftlichen Gründen zum Ziel. Die Erhebungen hätten gezeigt, dass diese Mittel oft auch in der Nähe von Wohngebieten eingesetzt würden.
Brigitte Foppa (Grüne) betonte, dass der Entwurf nicht nur ein bereits gültiges Prinzip wiederhole. Es sei eine nützliche Präzisierung, wenngleich der nationale Aktionsplan weiter gehe. Man sollte auch explizit die Wohngebiete schützen. Früher sei jeder Grashalm zwischen den Pflastersteinen weggespritzt worden, heute würden sich die Bürger mehr Sensibilität erwarten.
Peter Faistnauer (Team K) bemerkte, dass es neben Herbiziden auch andere Pflanzenschutzmittel gebe. Der Gesetzentwurf schließe eine Lücke. Zum Vorschlag Foppas, in den Wohngebieten mechanische Mittel einzusehen, gebe es auch Bedenken, denn auch diese Mittel hätten ihre Nachteile. Er kündigte Zustimmung zum Gesetzentwurf an.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) sah im Gesetzentwurf eine Präzisierung, aber keine große Änderung. Abgebrannte Böschungen finde man heute keine mehr.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) meinte auch, dass sich praktisch nicht viel ändern werde. Vor vielen Jahren seien auch in Südtirol Böschungen abgebrannt worden, heute nicht mehr. In den Städten gäbe es sicher andere Methoden zur Unkrautbekämpfung als die Herbizide.
Hanspeter Staffler (Grüne) rief zu einem Standpunktwechsel auf: Man sollte die Sache aus der Sicht des Naturschutzes sehen. Tiere und Pflanzen seien an Lebensräume gebunden, wenn der Lebensraum verschwinde, verschwänden auch die Tier- und Pflanzenarten. Im Südtiroler Naturschutzgesetz habe man anders als in anderen Ländern die Liste der bedrohten Arten nicht untergebracht. Dieses Gesetz sehe den Schutz von Feuchtgebieten, Auwäldern usw. vor, aber keine geeigneten Strafen bei Übertretung. Der UN-Bericht zur Biodiversität spreche von einem dramatischen Aussterben der Arten, absichtlich, nebenbei, aber auch durch den Klimawandel, durch Luft- und Umweltverschmutzung. Die kleinen Lebensräume seien wichtig auch für jene Lebewesen, die uns unerwünschte Insekten vom Leib hielten.
Arnold Schuler (SVP) betonte, dass der Beruf des Bauern der wichtigste Beruf sei und bleiben werde. Die Bauern versorgten die Bevölkerung mit Lebensmitteln. Bei der jüngsten Tagung zur Biolandwirtschaft sei von einem Experten festgehalten worden, dass die Biolandwirtschaft das Effizienteste im Sinne des Naturschutzes sei, die konventionelle Landwirtschaft aber das Effizienteste für die Lebensmittelversorgung. Europa sei auf Lebensmittelimporte angewiesen, 70 Prozent davon kämen aus Entwicklungsländern. Man entziehe diesen Ländern Lebensmittel und man habe daher die Pflicht, selber mehr Lebensmittel zu produzieren. Um das zu erreichen, brauche es eine effiziente Lebensmittelproduktion. Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft sei stark reglementiert, der Einsatz im privaten Bereich nicht. An Urzì gerichtet meinte Schuler, die meisten Bozner wären froh, wenn sie in der Nähe der wenigen landwirtschaftlichen Gebiete in der Stadt leben könnten. Die Herausforderung sei es heute, die Pflanzenschutzmittel nur dort einzusetzen, wo sie gebraucht würden. Auf den Spielplätzen sei nur ein Mittel gegen die Tigermücke gefunden worden. Das bestehende Gesetz sei bereits klar, was den Schutz von Parks und Böschungen betreffe, daher wäre der vorliegende Gesetzentwurf nicht nötig.
Franz Locher (SVP) betonte, dass auch er für Verbesserungen offen sei. Es sei aber schade, dass gerade die Landwirtschaft bei solchen Diskussionen ins schlechte Licht gerückt werde. 50 Prozent der Landesfläche seien Wald, also ein großer Platz für Lebewesen. Nach dem Krieg habe das Augenmerk auf der Lebensmittelversorgung gelegen, und dafür seien alle Mittel eingesetzt worden. Aber im Laufe der Zeit habe sich vieles verändert und man habe aus der Entwicklung gelernt. Deswegen wurde auch viel unternommen, um Lebewesen zu schonen. Die Bauern versuchten, naturnah Lebensmittel herzustellen. In Südtirol sei eine relativ kleine Fläche vom Einsatz von Pflanzenschutzmitteln betroffen, aber das sei manchen schon zu viel. Die Alternative wäre mehr Import von Lebensmitteln. Andere Methoden könnten durchaus möglich sein, aber das sei eine Entwicklung, das könne nicht von heute auf morgen gehen. Staffler sei ein Experte in Sachen Artenschutz, aber man könne nicht die Landwirtschaft für alles verantwortlich machen, auch der Klimawandel und andere Faktoren seien verantwortlich.
Brigitte Foppa fragte, ob im Sarntal das Anthropozän noch nicht angekommen ist. Franz Locher erwiderte, dass man den Klimawandel nicht mit Gesetzen aufhalten könne. Es sei vieles zu tun, auch beim Kaufverhalten, aber man sei auf einem guten Weg.
Die Debatte zum Gesetzentwurf wird in der nächsten Sitzung fortgesetzt, da die Zeit der Opposition um 11.45 Uhr beendet war.