Russland hat weitere Tote zu verantworten

Elf Tote bei russischem Beschuss in Region Donezk

Sonntag, 07. Januar 2024 | 09:22 Uhr

Bei einem russischen Raketenangriff auf die ostukrainische Stadt Pokrowsk sind am Samstag nach Angaben der regionalen Behörden elf Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten seien fünf Kinder, schrieb der Gouverneur der Region Donezk, Wadym Filaschkin, auf Telegram. Pokrowsk liegt etwa 80 km nordwestlich von Donezk, dem von Russland gehaltenen Zentrum der Region. Der Angriff sei mit S-300-Luftabwehrraketen ausgeführt worden, so Filaschkin.

Filaschkin hatte zuvor berichtet, dass sechs Privathäuser in den Gemeinden Swirowe und Pokrowsk durch russischen Beschuss beschädigt worden seien. Eine Person sei aus den Trümmern gerettet worden, zwei weitere Personen seien verschüttet. Eine Suchaktion sei im Gange, sagte der Gouverneur nach Angaben der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform. Im Dorf Riwne sei eine Rakete in das Haus einer sechsköpfigen Familie eingeschlagen, fügte der Militärgouverneur hinzu.

Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Die Such- und Bergungsarbeiten würden fortgeführt, die Verletzten versorgt, versicherte er. Russland habe auf rein zivile Ziele geschossen. “Und Russland muss fühlen – jedes Mal spüren -, dass keiner dieser Angriffe ohne Folgen für den Terrorstaat enden wird”, forderte er.

Die ukrainische Armee gab am Samstagabend auch bekannt, dass drei russische Angriffe bei Bachmut zurückgeschlagen worden seien. Dabei seien 33 Fahrzeuge zerstört worden und auch Gefangene gemacht worden. “Wir konnten die Zahl der Russen auf ukrainischem Boden um 131 Menschen verringern”, fügte der Sprecher der Bodenstreitkräfte, Wolodymyr Fitio, nach Angaben von Ukrinform hinzu.

Der ukrainische Geheimdienst verkündete einen Schlag gegen die russische Luftabwehr in Belgorod. Spezialkräfte hätten zwei Abwehrsysteme des Typs Pantsir-S1 jenseits der Grenze “neutralisiert”, teilte die Geheimdienstabteilung des Verteidigungsministeriums mit. Wie Ukrinform weiter berichtete, beförderte Präsident Selenskyj Geheimdienstchef Wassyl Maljuk zum Generalleutnant und dessen Stellvertreter Oleksandr Poklad zum Generalmajor.

Während sich die russischen Angriffe seit Wochen auf die Region Donezk konzentrieren, nimmt die Ukraine die militärische Infrastruktur der Besatzer auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim ins Visier. So teilte das ukrainische Militär am Samstag mit, dass in der Nacht ein russischer Kommandopunkt am Flughafen Saky auf der Krim zerstört worden sei. “Aerodrom Saky: Alle Ziele sind abgeschossen”, sagte Luftwaffenchef Mykola Oleschtschuk am Samstag ukrainischen Medienberichten zufolge. Das russische Verteidigungsministerium hatte in der Nacht seinerseits den Abschuss von vier ukrainischen Raketen durch die eigene Flugabwehr auf der Krim gemeldet.

Unabhängig lassen sich die Berichte nicht überprüfen. In der Vergangenheit ist es der Ukraine allerdings bereits mehrfach – trotz teilweise zunächst anderslautender Meldungen aus Moskau – gelungen, russische Militärobjekte anzugreifen und zu beschädigen oder sogar zu zerstören. So hat die Ukraine zum Beispiel die auf der Krim liegende Basis der russischen Schwarzmeerflotte mit Raketen getroffen. Auch wurden das Flaggschiff der Schwarzmeerflotte, der Raketenkreuzer “Moskwa”, und zuletzt das große Landungsschiff “Nowotscherkassk” versenkt.

Russland will unterdessen bis 2030 mehr als 32.000 Drohnen pro Jahr produzieren. Das sei fast das Dreifache der aktuellen Produktionsmenge, sagte der Erste Vizeministerpräsident Andrej Beloussow der staatlichen Nachrichtenagentur TASS zufolge am Samstag.

Das russische Militär setzt in seinem Krieg gegen die Ukraine in großem Umfang Drohnen ein. Häufig werden dabei iranische Shahed-Drohnen verwendet, die vergleichsweise billig hergestellt werden. Für die ukrainische Flugabwehr waren diese Drohnen anfangs schwer zu entdecken, ein Abschuss mit teuren Luftverteidigungsraketen war nicht die kostengünstigste Strategie. Inzwischen setzt die Ukraine kleine Drohnen zur Abwehr ein.

Angesichts der fast täglichen ukrainischen Angriffe auf die russische Grenzregion haben die dortigen Behörden kurzfristig angekündigt, dass die Mitternachtsmessen zum orthodoxen Weihnachtsfest in der Stadt Belgorod ausfallen würden. Der Bürgermeister von Belgorod, Valentin Demidow, erklärte in Onlinemedien, er sei mit Kirchenvertretern überein gekommen, dass die “nächtlichen Messen in Belgorod angesichts der operativen Situation gestrichen würden”. In Russland wird das orthodoxe Weihnachtsfest am 7. Jänner gefeiert, die Mitternachtsmessen finden in der vorausgehenden Nacht statt. Aus Belgorod waren in den vergangenen Tagen mehrere schwere ukrainische Angriffe gemeldet worden. Bei dem schwersten von ihnen wurden am 30. Dezember 25 Menschen getötet. Am Freitag boten die Behörden der Bevölkerung sogar die Evakuierung aus der Stadt an. Die Schulen der Region waren bereits am Donnerstag angewiesen worden, ihre Winterferien zu verlängern.

Von: APA/dpa/Reuters