Demonstrant knapp vor dem Anzünden des Koran

Erdogan verurteilt Koranverbrennung in Stockholm

Donnerstag, 29. Juni 2023 | 15:34 Uhr

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist Schweden und den Westen als Ganzes nach der öffentlichen Koran-Verbrennung in Stockholm scharf angegangen. “Wir werden den Überheblichen im Westen letztendlich beibringen, dass die Beleidigung der Heiligtümer von Muslimen nichts mit Meinungsfreiheit zu tun hat”, sagte der türkische Staatschef am Donnerstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Bei einer Demonstration in Stockholm war am Mittwoch ein Koran angezündet worden. Ein Mann setzte hinter Absperrband der Polizei ein Exemplar der heiligen Schrift des Islams in Brand. Die Polizei hatte den Protest vor der Stockholmer Moschee im Viertel Södermalm zuvor bewilligt, nachdem andere Aktionen dieser Art im Februar untersagt worden waren. Schwedische Gerichte hatten danach geurteilt, dass die Polizei nicht das Recht habe, die Erlaubnis zu Koranverbrennungen zu verweigern. Gegen den Veranstalter wird jetzt unter anderem wegen Volksverhetzung ermittelt.

Welchen Einfluss der Vorfall nun auf das schwedische NATO-Beitrittsgesuch haben wird, ist unklar. Die Türkei verurteilte die Aktion bereits am Mittwoch als “verachtenswert” und “inakzeptabel”. Das Land verweigert bisher seine Zustimmung zum NATO-Beitritt und argumentiert, Schweden gehe nicht konsequent genug gegen “Terroristen” vor. . Schweden und Finnland hatten im Mai 2022 vor dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gemeinsam die Mitgliedschaft in der NATO beantragt. Finnland ist bereits Anfang April als 31. Mitglied in das westliche Verteidigungsbündnis aufgenommen worden.

Die Koranverbrennung war auf scharfe Kritik arabischer Staaten gestoßen. Die Arabische Liga verurteilte in einer Erklärung vom Donnerstag die Genehmigung der Verbrennung durch die schwedischen Behörden aufs Schärfste. Schweden müsse islamfeindlichen Ideen und Extremismus entgegentreten, statt diese zu fördern, hieß es. Als Reaktion auf die “inakzeptable Tat” berief Marokko seinen Botschafter in Schweden zur “Konsultation auf unbestimmte Zeit” zurück, wie die lokale Nachrichtenagentur MAP am Donnerstag berichtete. Zudem wurde Schwedens Botschafter in Rabat ins marokkanische Außenministerium zitiert.

Das Außenministerium in Saudi-Arabien teilte mit: “Diese hasserfüllten und wiederholten Taten können unter keiner Rechtfertigung hingenommen werden.” Sie schürten Hass, Ausgrenzung und Rassismus. Das mehrheitlich muslimische Ägypten äußerte sich ähnlich. “Die Verbrennung einer Kopie des Heiligen Korans durch einen Extremisten ist eine schändliche Tat, die am ersten Tag von Eid al-Adha die Gefühle von Muslimen auf der ganzen Welt provoziert”, erklärte das ägyptische Außenministerium mit Hinweis auf das islamische Opferfest, das am Mittwoch begann.

Die pro-iranische Hisbollah im Libanon forderte in einer Erklärung die arabischen und islamischen Regierungen auf, Schritte zu unternehmen, um andere Länder dazu zu bewegen, “die Wiederholung dieser Torheiten auf ihrem Boden zu verhindern und die Verbreitung einer Kultur des Hasses zu stoppen”. Auch Irans Außenamtssprecher Nasser Kanaani verurteilte den Schritt als “provokant” und “inakzeptabel”.

Auch das US-Außenministerium kritisierte die Koran-Verbrennung. “Wir haben immer gesagt, dass die Verbrennung religiöser Texte respektlos und beleidigend ist”, sagte der stellvertretende Pressesprecher Vedant Patel. Ungeachtet dessen müsse Schweden “so schnell wie möglich” Mitglied der Nato werden.

Bereits im Jänner hatten rechtsextreme Demonstranten in Stockholm einen Koran vor der türkischen Botschaft verbrannt und damit wütende Reaktionen in der islamischen Welt ausgelöst. Die Koran-Verbrennung führte damals zu einer Verhärtung des türkischen Widerstands gegen Schwedens NATO-Beitritt.

Ankara begründet seine bisherige Blockade von Schwedens Aufnahme in die Militärallianz aber vor allem damit, dass das Land ein Zufluchtsort für “Terroristen” sei. Damit sind in erster Linie Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gemeint.

Von: APA/dpa/AFP