"EU-Ägypten-Deal": Internationale Politikerriege in Kairo

“EU-Ägypten-Deal” soll Migrantenströme nach Europa eindämmen

Sonntag, 17. März 2024 | 23:06 Uhr

Die Europäische Union hat am Sonntag ein Finanzierungspaket in Höhe von 7,4 Mrd. Euro für Ägypten eine Verbesserung des Verhältnisses zu dem nordafrikanischen Land angekündigt. Damit sollen nicht zuletzt die Migrantenströme nach Europa eingedämmt werden. Das Abkommen für eine “strategischen Partnerschaft” wurde bei einem Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit mehreren Regierungschefs, darunter Karl Nehammer (ÖVP), in der ägyptischen Hauptstadt fixiert.

“Der EU-Ägypten-Deal” – es waren mit Zyperns Präsident Staatspräsident Nikos Christodoulidis, Italiens Regierungschefin, Giorgia Meloni, sowie den Amtskollegen Kyriakos Mitsotakis (Griechenland) und Alexander De Croo (EU-Vorsitzland Belgien) weitere Vertreter des rechtskonservativen Politlagers zu einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Fattah al-Sisi nach Kairo gereist – soll die Zusammenarbeit in Bereichen wie erneuerbare Energien, Grüne Technologien, Handel und Sicherheit fördern und gleichzeitig in den nächsten drei Jahren Zuschüsse, Darlehen und andere Finanzmittel bereitstellen, um Ägyptens schwächelnde Wirtschaft zu unterstützen.

Von der Leyen sprach nach der Unterzeichnung des Abkommens von einem “Meilenstein” in den Beziehungen und hob Ägyptens strategische Rolle inmitten einer sehr schwierigen Nachbarschaft hervor. Al-Sisi nannte den Deal einen “beträchtlichen Schritt vorwärts” in den gemeinsamen Beziehungen. Um den Nahost-Konflikt einzudämmen, müsste Palästina als vollwertiges Mitglied in den Vereinten Nationen vertreten sein. Aktuell gilt nur ein Beobachterstatus.

Alle anwesenden Staats- und Regierungschefs waren sich einig, dass im Gaza-Krieg ein baldiger Waffenstillstand das Ziel sein müsse, um eine weitere humanitäre Katastrophe zu vermeiden. “Es droht eine Hungersnot”, sagte von der Leyen, “das dürfen wir nicht zulassen.” Ein israelischer Angriff auf Rafah wäre in diesem Zusammenhang fatal. Doch müssten auch alle israelischen Geiseln von der islamistischen Hamas freigelassen werden.

Die ökonomische Lage Ägyptens droht sich aufgrund der Konflikte in der Ukraine (gestiegene Getreidepreise), im Sudan und im Gazastreifen zu verschlechtern, wodurch wiederum die Migrationszahlen nach Europa steigen könnten. In dem Finanzpaket enthalten sind Zuschüsse für bilaterale (400 Millionen) und migrationsspezifische Projekte (200 Millionen) wie der Betreuung von Drittstaatsangehörigen oder dem Grenzschutz. Fünf Milliarden werden in Tranchen als Makrofinanzhilfe in Darlehen ausbezahlt, 1,8 Milliarden für Investments zur Verfügung gestellt.

Allein in Ägypten leben laut Schätzungen um die sechs bis sieben Millionen innerafrikanische Flüchtlinge (vor allem aus dem Sudan, Äthiopien und Eritrea), offiziell liegen die Zahlen allerdings weit darunter. Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) hat knapp 500.000 Personen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus registriert. Zuletzt war auch die Zahl der Migranten, die von Libyen aus nach Griechenland und damit in die EU übersetzen wollen, im Steigen begriffen.

Das Abkommen diene auch dazu, “die geordnete Zuwanderung in den Arbeitsmarkt” zu regeln, erklärte Bundeskanzler Nehammer (ÖVP). “Ägypten ist hier zu vielen Kooperationen bereit und vor allem auch ein sehr interessanter Markt für österreichische Firmen”, resümierte er. Gleichzeitig müsse aber die Basis geschaffen werden, um jene Ägypter und andere Migranten, “die nicht in Österreich bleiben dürfen”, durch ein bilaterales Rückführungsabkommen schneller “zurückzubringen”.

Ägypten habe ein enormes Bevölkerungswachstum, führte der Kanzler weiter aus. Im 110-Millionen-Einwohnerstaat käme jedes Jahr eine weitere Million Menschen dazu. Dies bedeute aber eine “unfassbare” Belastung für die Infrastruktur. “Daher ist es durchaus im ägyptischen Interesse, dass Fachkräfte geordnet auf den europäischen Arbeitsmarkt kommen können.” Dort wiederum würden sie wegen der gegensätzlichen demografischen Entwicklung auch gebraucht.

Prinzipiell hielt Nehammer zudem fest, das Abkommen sei “ein wichtiger Schritt, aber wir dürfen uns deshalb nicht ausruhen”. Im Gegenteil: “Im Kampf gegen illegale Migration müssen wir in der EU alle Hebel in Bewegung setzen, Tabus brechen und neue Wege gehen. Das Ziel muss sein, dass wir Asylverfahren in sicheren Drittstaaten durchführen und auch Abschiebungen in sichere Drittstaaten durchführen können.”

Wichtig sei ein Übereinkommen “auf Augenhöhe”, schließlich sei Ägypten ein Schlüsselpartner ebenso in wirtschaftlichen wie sicherheitspolitischen Fragen, postulierte Nehammer. Durch die am Sonntag geschlossene Vereinbarung sei aber ein neues Level der Beziehungen erreicht worden. “Wir sehen viel Potenzial für Kooperation.”Zunächst brauche es aber einmal das Vertrauen in das klare Bekenntnis, “dass wir in die ägyptische Wirtschaft investieren wollen, weil wir an die Menschen in Ägypten glauben.” Generell sei die Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern auch vor dem Hintergrund des Wettbewerbs mit China oder den USA, aber zunehmend auch Lateinamerika, wichtig.

Die EU will Ägypten auch in Fragen wie “Demokratie” oder “Menschenrechte” zur Seite stehen. Der Bundeskanzler erklärte dazu: “Die Menschenrechte sind für jeden europäischen Politiker ein zentrales Thema, weil sie ja unsere Identität und auch unsere DNA sind.” Um Menschenrechte weiterzuentwickeln, müssten aber auch das Vertrauen und die Rahmenbedingungen geschaffen werden, “dass das auch tatsächlich möglich ist”.

Kritik an dem Deal kam von der FPÖ. “Offenbar handelt es sich wie zuvor bei der Türkei und Tunesien um einen Marketing-Gag als Beruhigungspille vor der EU-Wahl”, teilte der FPÖ-Europaabgeordnete Harald Vilimsky am Sonntag in einer Aussendung mit. “Unter dem Motto ,Am Abend wird der Faule fleißig ́ versucht man jetzt, einen drohenden Mega-Wahlverlust zu verhindern, obwohl jedem klar ist, dass bisher keine einzige Maßnahme der EU zu einer Lösung des illegalen Migrationsproblems geführt hat. Und so wird es auch diesmal sein.”

Der SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder bemängelte: “Alleine Fotos von dieser Reise zu posten, wird keine Lösung in der Migrationsfrage bringen.” Auch hier sehe man eindeutig, dass die Konservativen und Rechten nicht an echten Lösungen für die Menschen in Europa interessiert seien, so Schieder in einer Aussendung. Lob zollte indes die Europäische Volkspartei (EVP). Manfred Weber, EVP-Parteichef und Fraktionschef im Europaparlament, teilte mit: “Die heutige Einigung beweist einmal mehr: Unter der Führung der EVP lösen wir die wichtigen Herausforderungen.”

Ähnliche Deals hatte die EU bereits mit Mauretanien, der Türkei und Tunesien geschlossen. Diese waren aber auch auf Kritik gestoßen. Auch die Vereinbarung mit Ägypten wird von NGO-Vertretern und Migrationsexperten mit Argwohn betrachtet. Flüchtlingsorganisationen sehen den Schutz der Menschenrechte nicht gewahrt. Migranten würden bei ihrer Flucht in Folge bloß auf “gefährlichere Routen” ausweichen.

Von: apa

Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

14 Kommentare auf "“EU-Ägypten-Deal” soll Migrantenströme nach Europa eindämmen"


Sortiert nach:   neuste | älteste | Relevanz
Neuling
1 Monat 9 Tage

Man könnte einwenden, dass die Milliarden besser für einen effektiven Grenzschutz investiert werden oder dass man den Schutz der EU-Außengrenzen sogar kostenneutral finanzieren kann, wenn man insbesondere in Deutschland die Leistungen für Migranten deutlich reduzieren würde, was den Nebeneffekt hätte, dass ein Großteil der „Fluchtursachen“ wegfiele.

Hustinettenbaer
1 Monat 9 Tage

@Jelqer
Auch dieser Beitrag stammt 1:1 aus Tichys Einblick.
APOLLO NEWS ist die Textquelle dieser Kommentare “Tatsächlich hat der Begriff „Blutbad“ im Englischen mehrere Definitionen…”, “Gewaltbereite „Schutzsuchende“ bleiben einfach hier. Das lässt nur den Schluß zu”, “Diese Totalitaristen und ihre Influencer sagen sich: Halt du sie dumm, ich halt sie arm.”

Leute, wer da 👍 klickt, sollte die gesamten Suaden lesen.

https://www.tichyseinblick.de/meinungen/gruene-kritik-abkommen-eu-aegypten-migration/
https://apollo-news.net/afghanen-entgehen-durch-gewaltandrohung-und-kirchenasyl-abschiebung/
https://apollo-news.net/eu-staaten-stimmen-fuer-lieferkettengesetz-die-industrie-muss-jetzt-alles-dem-klimaschutz-unterordnen/
https://buzzard.org/medium/apollo-news/

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 9 Tage

Man könnte auch argumentieren, dass das Geld besser in Ausbildung der Migranten gesteckt werden könnte denn wir werden sie dringendst brauchen. Deutschland brauch beispielsweise jährlich 500.000 Zuwanderer um die offenen Stellen halbwegs besetzen zu können. Und zu glauben man würde nur ausgebildete Leute anlocken können sind Träumereien denn alle Länder konkurrieren darum. Italien hat da wenig Chancen da kein Geld.

Selbstbewertung
Selbstbewertung
Universalgelehrter
1 Monat 9 Tage

@Jelqer: da müsste man sich erst mal eine genauere Vorstellung dazu machen, WIE man die Grenze im Mittelmeer überhaupt effektiv schützen kann, ohne jährlich tausende vor den eigenen Augen absaufen, in den Booten verdursten oder verhungern zu lassen, einschließlich Frauen und Kinder. Schon jetzt sterben jährlich im Mittelmeer mehr als 2000 Migranten, ohne dass dadurch eine Abschreckung spürbar wäre. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der praktischen Machbarkeit!

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 10 Tage

Natürlich macht sich die EU damit erpressbar. Schon Erdogan in der Türkei hat in der Vergangenheit damit gedroht die Flüchtlinge durch zu lassen wenn ihm was nicht passte. Was wenn solche Länder dies dann einfach tun. Verträge sind in der heutigen Zeit Papier und das bezahlte Geld ist weg…!

krokodilstraene
krokodilstraene
Universalgelehrter
1 Monat 9 Tage

Da werden von der EU Millionen und Milliarden an Staaten verschenkt, die sich eins ins Fäustchen lachen und die EU letzten Endes ganz klar an der Nase herumführen…

Selbstbewertung
Selbstbewertung
Universalgelehrter
1 Monat 8 Tage

@Krokodilstraene: das zeigt einmal mehr, wie schwierig es ist, dieses Problem überhaupt zu lösen. Wie soll man diese Länder dazu bringen, ihre eigenen Bürger zurückzunehmen und die Migrationsströme durch ihre Länder zu stoppen? Manche dieser Länder stehen vor ähnlichen Problemen wie wir: was tun mit den vielen Migranten, die nicht zurückbefördert werden können?

user6
user6
Tratscher
1 Monat 8 Tage

einige grosse schiffe um eindringlinge abzuhalten würde weniger kosten

Selbstbewertung
Selbstbewertung
Universalgelehrter
1 Monat 8 Tage

@user6: und wie geht es dann mit den gestrandeten und untauglichen Booten auf hoher See konkret weiter?

user6
user6
Tratscher
1 Monat 8 Tage

@Selbstbewertung, das ist mir……

Hustinettenbaer
1 Monat 8 Tage

@user6
Na denn.
Wo bleiben die Boot-runter-👍 ?

OH
OH
Superredner
1 Monat 8 Tage

Da hat die “Uschi” wieder viel versprochen und viele viele EU-Steuergelder werden wieder irgendwo im Wüstensand Ägyptens verschwinden !!! Aber an der Flüchtlingssituation wird sich nichts ändern ! Das Business “Flucht aus Afrika” ist dort viel zu verlockend und ein gut laufendes Geschäft. Da lachen sich schon einige ins Fäustchen !!!

OH
OH
Superredner
1 Monat 7 Tage

Bravo ‘suedtirolfan’ !!
Hauptsache einen Daumen nach unten, aber sicherlich einer der ersten die sich aufregen das es zu viele Migranten gibt !!!

Rudy1967
Rudy1967
Grünschnabel
1 Monat 7 Tage
Mit Tunesien hat die EU vot einiger Zeit auch einen Pakt für viele Millionen gemacht, trotzdem kommen immer noch tausende  illegale Einwanderer nach Italien.  Jetzt machen sie das selbe mit  Ägypten, auch diese überschütten sie mit Millionen, das Resultat wird immer das selbe sein. Das Problem ist,  dass alles von der europäischen Bevölkerung finanziert wird, deshalb  wird es immer schlimmer für die normalen Bürger die es nicht mehr schaffen Steuern über Steuern zu zahlen. Das einfachste System wäre die EU  Außengrenzen abzuriegeln, sodass auch Schlepper wie die ganzen sogenannten Hilfsorganisationen mit ihren Menschenhandel ein Ende hat. Im Grunde scheint es… Weiterlesen »
wpDiscuz