Von: apa
Die Staats- und Regierungschefs der EU sind am Mittwochabend in Brüssel mit ihren Amtskollegen aus den Westbalkanländern zum jährlichen Gipfeltreffen zusammengekommen. Die Bedeutung ihrer politischen und wirtschaftlichen Beziehungen insbesondere im aktuellen geopolitischen Kontext sollte unterstrichen und eine Erklärung dazu verabschiedet werden. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) betonte das Interesse Österreichs an einem EU-Beitritt der Westbalkanländer.
Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien streben einen Beitritt zur EU an, sind aber im Prozess unterschiedlich weit fortgeschritten. Während etwa Montenegro und Albanien zu den Frontrunnern zählen und in den kommenden Jahren beitreten wollen, sieht es in Serbien aufgrund der politischen Situation anders aus – Serbiens Präsident Aleksandar Vučić verzichtete denn auch auf eine Reise nach Brüssel. Österreich zählt zu den großen Unterstützern der Westbalkanländer im Beitrittsprozess. Betont wird, dass diese schon lange auf der Wartebank sitzen und nicht vergessen werden dürften.
“Österreich Freund der Westbalkanländer”
“Österreich war und ist ein Freund der Westbalkanländer und unterstützt ihre Aufnahme in die Europäische Union”, unterstrich Stocker unmittelbar vor Beginn des Treffens. Man habe “hohes Interesse” an einer stabilen Situation am Balkan. “Das ist sicherheitspolitisch relevant, das ist ökonomisch relevant”, so der Bundeskanzler. Er freue sich sehr über die Fortschritte der Westbalkanländer, namentlich hob Stocker Montenegro und Albanien hervor. Er sei aber auch dafür, die anderen Kandidaten nicht zu vergessen. Am Ende werde kein Vakuum entstehen, vielmehr werde es als Europäische Union darum gehen, den Raum zu füllen, “nicht andere Regionen oder Staaten”.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni nahm dieselbe Perspektive ein wie Stocker. Die EU müsse beim EU-Westlbalkan-Gipfel “ein Zeichen der Einheit” entsenden. “Ohne Fortschritte auf dem Weg unserer Partner zum EU-Beitritt laufen wir Gefahr, sie unseren systemischen Rivalen zu überlassen, unser Umfeld dauerhaft zu destabilisieren und die EU in die Bedeutungslosigkeit zu führen”, erklärte Meloni in einer Ansprache vor der Abgeordnetenkammer in Rom im Vorfeld des EU-Gipfels. Die Fortschritte, die Albanien und Montenegro im vergangenen Jahr erzielt hätten, seien “sehr ermutigend und zeigen, dass beide Länder in sehr naher Zukunft konkrete Beitrittschancen haben”. Italien gehört wie Österreich der Gruppe “Friends of the Western Balkans” an, die sich als Fürsprecher und Taktgeber für eine schrittweise und beschleunigte EU-Integration der Westbalkanstaaten versteht.
Orban: Verhalten der EU gegenüber Serbien”beschämend”
Völlig anderer Meinung bezüglich des Beitrittsprozesses der Westbalkanländer ist hingegen Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. Serbien sei das “Schlüsselland” der Region, ohne Serbien gehe gar nichts, sagte er in Brüssel. Man müsse zunächst mit Serbien Lösungen finden und anschließend mit den anderen Ländern weitermachen. Das Verhalten der EU gegenüber Serbien sei “beschämend”, so Orbán.
Einig waren sich hingegen ÖVP und SPÖ. SPÖ-Delegationsleiter und Albanien-Berichterstatter Andreas Schieder betonte in einer Aussendung: “Die internationale Sicherheitslage macht eine EU-Erweiterung im Westbalkan zu einer dringenden Notwendigkeit.” Die EU müsse ihre Versprechen auch halten und – bei Erfüllung aller Kriterien – “die nächste Erweiterungsrunde 2030 als festes Ziel ins Auge fassen”. Reinhold Lopatka stellte als ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament fest, dass die Europäische Union ohne die Länder des Westbalkans nicht vollständig sei. Als Chefverhandler der EVP-Fraktion für Montenegro freue es ihn, “dass wir die Beitrittsverhandlungen mit Montenegro hoffentlich nächstes Jahr abschließen können. Montenegro und Albanien haben die Perspektive, noch in dieser Periode bis 2029 der EU beizutreten”, so Lopatka. Er wird im Jänner mit Europaparlamentariern nach Serbien fahren, um den Kontakt zum serbischen Parlament zu stärken.




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