Ex-Ministerin Raab hat neuen Spitzenjob im Migrationsbereich

Ex-Ministerin Raab neue Chefin von Migrations-Thinktank

Donnerstag, 05. Juni 2025 | 15:38 Uhr

Von: apa

Die frühere ÖVP-Integrationsministerin Susanne Raab wird neue Generaldirektorin des Wiener Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD). Vertreter der 21 ICMPD-Staaten, darunter Österreich, haben Raab am Donnerstag in Stockholm zur Nachfolgerin des mit Jahresende aus dem Amt scheidenden Generaldirektors Michael Spindelegger gewählt, teilte die Organisation in einer Aussendung mit. Die Wahl erfolgte durch das ICMPD-Leitungsgremium (Steering Board), dem derzeit Schweden vorsitzt.

Raab setzte sich in der Abstimmung mit 13 zu 8 Stimmen gegen den früheren griechischen Migrationsminister Dimitris Kairidis durch, erfuhr die APA aus informierten Kreisen. Dieser war im Vorjahr der Vorsitzende des Steering Board gewesen, als Griechenland den ICMPD-Vorsitz innehatte.

Der in der Wiener Innenstadt ansässige Thinktank mit dem Status einer internationalen Organisation betreibt Projekte in mehr als 90 Ländern und beschäftigt 540 Mitarbeiter in 31 regionalen Büros. Mit ihrer Expertise unterstützen sie die Mitgliedsstaaten und ihre Partner bei einer wirksameren Migrationspolitik. Neben der Beobachtung von Migrationsströmen gehört dazu auch die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. Die Organisation war im Jahr 1993 von der Schweiz und Österreich unter dem Eindruck der Flüchtlingswellen durch die Balkankriege gegründet worden. Nach der Migrationskrise 2015/16 gewann sie stark an Bedeutung.

Erste Frau an Spitze der Organisation

Raab ist die erste Frau an der Spitze des ICMPD. Die aktuelle Vorsitzende des Leitungsgremiums der Organisation, Sofia Östmark, würdigte die neue Generaldirektorin in einer Aussendung als “hoch qualifiziert”. “Die Expertise und die Fähigkeiten von Susanne Raab werden umfassend dazu beitragen, die Bemühungen von ICMPD bei der Entwicklung der Migrationspolitik zu unterstützen”, betonte die stellvertretende Generaldirektorin im schwedischen Justizministerium.

Raab bezeichnete es als “Privileg” die Führung der Organisation zu übernehmen, “die wegen ihres umfassenden Ansatzes im Bereich der Migrationspolitik und ihren beeindruckenden Innovationsleistungen angesehen ist”. Sie wolle auf dieser “starken Grundlage” aufbauen und die Position von ICMPD “als führende und von ihren Mitgliedern getragene internationale Organisation stärken, die sich der Entwicklung von praktikablen und wirksamen Lösungen im Migrationsmanagement verschrieben hat”.

Gratulation von Stocker, Karner und Meinl-Reisinger

Spitzenvertreter von ÖVP und NEOS, darunter auch Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), gratulierten der neuen ICMPD-Chefin. “Es ist auch gut für die Sicherheit in Österreich, mit Susanne Raab eine bestens qualifizierte und versierte Führungspersönlichkeit an der Spitze von ICMPD zu haben, die durch ihre langjährige Erfahrung im Migrations- und Integrationsbereich die Organisation als starken Partner in der Bewältigung aktueller Migrationsherausforderungen führen wird”, betonte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gegenüber der APA.

Erfreut über die Wahl zeigte sich auch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS). “ICMPD kann sich glücklich schätzen, künftig von einer kompetenten und engagierten neuen Generaldirektorin geleitet zu werden”, schrieb sie auf X. “Ich freue mich sehr für Dich – aber besonders auch für Österreich”, gratulierte sie der Ex-Ministerin und aktuellen Nationalratsabgeordneten.

Raab setzte sich gegen mehr als 70 Bewerber durch

Die Oberösterreicherin war von der scheidenden türkis-grünen Bundesregierung als österreichische Kandidatin ins Rennen geschickt worden. Raab bringt umfangreiche Expertise im Migrationsbereich mit, zuletzt fünf Jahre lang als Integrationsministerin im Bundeskanzleramt. Davor war sie Chefin der Sektion Integration im Außenministerium sowie Referatsleiterin für Integrationskoordination im Innenministerium gewesen. Die promovierte Rechtswissenschafterin forschte zudem zum Thema Asyl- und Fremdenrecht an der Universität Salzburg.

Mit der Wahl kommt ein monatelanger Bewerbungsprozess zum Abschluss. Nachdem sich auf eine internationale Ausschreibung bis Ende 2024 mehr als 70 Menschen beworben hatten, traf eine dreiköpfige Kommission die Vorauswahl. Nach einem Hearing im März schaffte es Raab auf die sogenannte Shortlist. Im April folgte ein mehrstündiger Auftritt vor Delegierten aller 21 ICMPD-Staaten.

Unter Spindelegger stieg Zahl der Mitgliedsstaaten deutlich an

Raab hat gut ein halbes Jahr zum Einarbeiten, bleibt Spindelegger doch noch bis Jahresende Generaldirektor. Der frühere Vizekanzler (ÖVP) steht seit 2016 an der Spitze der Organisation. Nach einer ersten fünfjährigen Amtszeit wurde er für eine weitere bestätigt. Unter seiner Ägide weitete sich die Anzahl der Mitgliedsstaaten der Organisation deutlich aus. Konkret traten in den vergangenen zehn Jahren die Türkei, Malta, Deutschland, Griechenland, die Niederlande und Irland dem ICMPD bei. Weitere Mitglieder sind Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Serbien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

Für seine Expertise im Migrationsbereich ist der Thinktank international hoch angesehen. Kritik gibt es immer wieder an einzelnen Projekten mit Herkunfts- und Transitländern. In die Schlagzeilen geriet die Organisation, weil sie auf Wunsch der EU-Kommission einen Internierungstrakt zur Anhaltung von Migranten im nordbosnischen Flüchtlingslager Lipa errichtete. Nach massiver Kritik von bosnischen Politikern und Aktivisten wie der österreichischen NGO “SOS Balkanroute” wurde Ende November der Abriss des Internierungstrakts verkündet, der niemals in Betrieb genommen worden war.

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