++ ARCHIVBILD ++ Schon lange Debatte um Gesundheit von Joe Biden

Ex-US-Präsident Biden hat Prostatakrebs

Montag, 19. Mai 2025 | 17:37 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Der ehemalige US-Präsident Joe Biden ist an Prostatakrebs erkrankt. Es handle sich um eine aggressivere und weit fortgeschrittene, aber behandelbare Form der Krankheit, berichteten mehrere US-Medien unter Berufung auf eine Mitteilung seines Büros. Demnach hat der Krebs bei dem 82-Jährigen auf die Knochen gestreut. Biden selbst bedankte sich nach Bekanntwerden der Diagnose auf X für die Genesungswünsche. “Krebs betrifft uns alle”, schrieb er unter ein Foto mit seiner Frau.

“Wie viele von euch haben Jill und ich die Erfahrung gemacht, dass man sich in schwierigsten Zeiten von der stärksten Seite zeigt. Danke, dass Sie uns mit Liebe und Unterstützung aufrichten”, so Biden.

Medienberichten zufolge ist der Tumor hormonempfindlich, was die Behandlungsmöglichkeiten verbessere. Biden und seine Familie beraten sich den Angaben zufolge derzeit mit seinen Ärzten über das weitere Vorgehen. Weitere Einzelheiten zu seinem Gesundheitszustand wurden zunächst nicht veröffentlicht. Vor knapp einer Woche war bekanntgeworden, dass sich Biden wegen eines Knotens in der Prostata weiteren Untersuchungen unterziehen musste.

Rückzug nach wachsendem Druck

Der Demokrat war im Jänner aus dem Amt geschieden – als bis dahin ältester Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Ursprünglich hatte er bei der Wahl 2024 erneut für die Demokraten antreten wollen. Doch im Wahljahr gab es zunehmend Zweifel an seiner körperlichen und geistigen Verfassung.

Eine enge ärztliche Betreuung des Präsidenten ist in den USA ebenso üblich wie die Kommunikation darüber. Im traditionsgemäß jährlich veröffentlichten präsidialen Gesundheitsbericht bescheinigte Bidens Leibarzt dem damaligen Amtsinhaber im Februar 2024 zwar trotz altersbedingter Gebrechen volle Dienstfähigkeit – doch die Bedenken konnten damals nicht zerstreut werden. Während Biden versuchte, an seiner Kandidatur festzuhalten, wuchs der parteiinterne Druck. Zwischenzeitlich musste sein Leibarzt erneut Stellung beziehen, um Spekulationen über eine Parkinson-Krankheit zu entkräften.

Ende Juli – nur wenige Monate vor der Wahl – zog sich der Demokrat schließlich aus dem Wahlkampf zurück. An seiner Stelle trat die damalige Vizepräsidentin Kamala Harris für die Partei an. Sie unterlag im November dem Republikaner Donald Trump.

Biden bestritt gesundheitlichen Abbau

Auch nach dem Ende seiner Amtszeit wies Biden die Spekulationen über einen drastischen gesundheitlichen Abbau während seiner Präsidentschaft immer wieder entschieden zurück. Erst Anfang Mai sagte er dem Sender ABC News, derartige Berichte seien falsch und entbehrten jeder Grundlage.

Zwar räumte er ein, beim TV-Duell gegen Trump im vergangenen Juni nicht überzeugt zu haben – ein Auftritt, der maßgeblich zur parteiinternen Kritik beigetragen hatte. Die Entscheidung, aus dem Rennen auszusteigen, sei jedoch nicht aus gesundheitlichen Gründen erfolgt, betonte Biden, sondern um eine Spaltung der Demokraten zu verhindern. “Ich wollte das Land über mein persönliches Interesse stellen”, sagte er.

Kritik aus dem eigenen Lager

Wohl auch wegen dieser Beharrlichkeit riss die öffentliche Debatte zu dem Thema in den USA nicht ab – insbesondere in demokratischen Kreisen schwelt der Vorwurf, dass sein Handeln letztlich den Weg für Trump ebnete.

Mehrere Bücher widmen sich inzwischen dem Thema. Besonders viel Aufmerksamkeit erhält ein neues Werk, das am Dienstag erscheint. Die Journalisten Jake Tapper von CNN und Alex Thompson von Axios führten dafür nach eigenen Angaben Interviews mit etlichen Personen aus dem Umfeld Bidens und der Demokratischen Partei. Ihre Recherchen zeichnen das Bild eines Präsidenten, der zunehmend mit körperlichen und geistigen Einschränkungen zu kämpfen gehabt habe – und dessen Umfeld bemüht gewesen sei, dies möglichst vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

Genesungswünsche von Trump und politischen Weggefährten

Nach Bekanntwerden der Krebsdiagnose sprach Trump seinem Amtsvorgänger Genesungswünsche aus. “Melania und ich sind betrübt über die jüngste medizinische Diagnose von Joe Biden”, schrieb der Republikaner auf seiner Plattform Truth Social. “Wir senden Jill und der Familie unsere besten Wünsche und wünschen Joe eine rasche und erfolgreiche Genesung.” Im Wahlkampf hatte Trump den Gesundheitszustand seines Gegners immer wieder für scharfe Attacken benutzt – und auch seit seinem Amtsantritt hat er sich häufiger verächtlich dazu geäußert.

Das übernahm nun sein ältester Sohn, Don Jr., bei X. “Was ich wissen will ist, wie Dr. Jill Biden den metastasierenden Krebs im fünften Stadium übersehen konnte”, schrieb er dort und trug damit zu einer bereits entbrannten Online-Debatte bei. “Oder ist dies eine weitere Verschleierung?” Jill Biden ist keine Medizinerin, sondern promovierte Erziehungswissenschaftlerin. Dass sie den Doktortitel so offen trägt, hat ihr immer wieder Kritik von Rechts eingebracht.

Neben den Trumps äußerten sich zahlreiche politische Weggefährten Bidens. Ex-Präsident Barack Obama und seine Ehefrau Michelle schrieben auf X, sie seien “in Gedanken bei der gesamten Biden-Familie”. “Ich bin sicher, dass er diese Herausforderung mit seiner typischen Entschlossenheit und Würde meistern wird”, betonte der Ex-Präsident, dessen Vize Biden von 2009 bis 2017 war. “Wir beten für eine schnelle und vollständige Genesung.”

Kamala Harris bezeichnete ihn bei X als “Kämpfer”, der “diese Herausforderung mit der gleichen Stärke, Unverwüstlichkeit und dem gleichen Optimismus angehen wird, die sein Leben und seine Führungsqualitäten immer geprägt haben”. Der demokratische Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, nannte seinen Parteikollegen bei X einen Mann “mit Würde, Stärke und Mitgefühl”, der es verdiene, “ein langes und schönes Leben zu leben”. Auch international gab es Bekundungen – etwa vom britischen Premierminister Keir Starmer.

Auch der britische König Charles III. (76) drückte in einem persönlichen Schreiben seine Anteilnahme aus. Das teilte der Buckingham-Palast mit. Bei Charles war Anfang 2024 Krebs diagnostiziert worden, seitdem befindet sich der Monarch in Behandlung. An welcher Art von Krebserkrankung der König leidet, ist nicht öffentlich bekannt. Zum Inhalt des Schreibens machte der Palast keine Angaben. Der britische König hatte den damaligen US-Präsidenten im Sommer 2023 in Windsor empfangen. Die Beziehung der beiden soll der Nachrichtenagentur PA zufolge “äußerst herzlich” gewesen sein.

Alter bei Diagnose ein wichtiger Faktor

Nach Angaben der renommierten American Cancer Society erkrankt etwa jeder achte Mann in den USA im Laufe seines Lebens an Prostatakrebs – ältere Männer sind deutlich häufiger betroffen. Die Krankheit ist dem Verband zufolge nach Lungenkrebs die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern; etwa einer von 44 Betroffenen stirbt daran. Die Sterberate ist in den vergangenen Jahrzehnten allerdings deutlich gesunken, was auf frühere Diagnosen und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten zurückgeführt wird.

Laut der Mitteilung wurde Bidens Krebs mit einem Gleason-Score von 9 (Gradgruppe 5) eingestuft. Nach Angaben der American Cancer Society lässt dies auf eine besonders aggressive Form schließen, bei der ein rasches Wachstum und eine Ausbreitung wahrscheinlich sind. Moderne Therapien, etwa mit Hormonen, können das Fortschreiten verlangsamen und die Lebensqualität verbessern.

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