„Wir sind viele und wir sind vernetzt“

Feministische Kampfansage gegen Koalition mit Rechts

Donnerstag, 21. Dezember 2023 | 12:09 Uhr

Von: mk

Bozen – Innerhalb von drei Tagen hat die feministische Gruppe SUSIs (Südtirols Sisters) über 2.300 Unterschriften von Südtirolerinnen und Südtiroler gesammelt, die mit dem rechten Richtungseinschlag der SVP nicht einverstanden sind. Das sind immerhin mehr Unterschriften, als die Neoabgeordnete von Fratelli d’Italia, Anna Scarafoni an Stimmen bekam.

Die Stellungnahme sei als zivilgesellschaftlicher Stimmungsmesser zu verstehen, erklären die SUSIs: „Große Teile der Bevölkerung — und das geht weit über das progressiv-linke Lager oder einer ‚intellektuellen Elite‘ hinaus — sind mit rechter, reaktionärer Politik und der Bündnispolitik der SVP nicht einverstanden.“

Der Landtagsabgeordnete Marco Galateo hat in Erwiderung auf den offenen Brief geschrieben, dass die FdI „Geschichte schreiben“ würde – mit der Wahl einer Frau als Regierungschefin, deren „Politik auf nationaler und lokaler Ebene vom Streben nach Gleichberechtigung in allen Bereichen gekennzeichnet“ sei.

Die SUSIs halten dem entgegen: Die „frauen- und familienfreundliche“ Regierung Meloni habe bisher die Mehrwertsteuer für Windeln und Säuglingsnahrung, für Binden, Tampons und Menstruationsprodukte auf zehn Prozent angehoben, die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Elternschaft erschwert, unter den vielen möglichen Kürzung im PNRR erstmals 100.000 Kinderbetreuungsplätze gekürzt und die Sozialleistung „reddito di cittadinanza“ durch den „assegno di inclusione“ mit viel strengeren Zugangsvoraussetzungen ersetzt. „Nebst der Tatsache, dass Klimawandelleugner Salvini als Minister fungiert und der Präsident des Senates La Russa mit Mussolini-Statuen in seinem Haus nostalgisch an den Faschismus erinnert.“

Eine feministische Politik sei inklusiv, progressiv, ökologisch, queerfreundlich und antirassistisch. „Für nichts davon stehen die Fratelli, die Lega oder Die Freiheitlichen. Die Fdl und Lega stehen gemessen an ihren Regierungsentscheidungen für eine rückwärtsgewandte, frauen- und familienunfreundliche, diskriminierende und queerfeindliche Politik. Und das, ja, obwohl ‚il presidente‘ in Wirklichkeit ‚la presidente‘ ist.“

Das Patriarchat sei nämlich nicht männlich und der Feminismus nicht weiblich. „Es gibt sehr viele Männer in Entscheidungspositionen, die feministischer denken und handeln als es ‚weibliche Fratelli‘ tun“, so die SUSIs.

Der Brief sei außerdem keine naive Bittstellerei, sondern eine feministische Kampfansage: „Wir sind viele, wir sind vernetzt und wir können schnell mobilisieren. Können wir sie auch nicht ändern, werden wir politische Entscheidungen nicht unkommentiert stehen lassen, sondern aus den Hinterstübchen in die Häuser, Büros, Schulen, Krankenhäuser, Theater, Museen, Unternehmen, Universitäten und Institutionen dieses Landes tragen und thematisieren.“

In einer Sache habe Galateo Recht: „Sie schreiben Geschichte: Jene rückwärtsgewandte, die wir schon kennen und von der wir alle wissen, wie spaltend, nationalistisch, reaktionär und frauenfeindlich sie ist.“ Aber eine Sache scheinen Lokalpolitikerinnen und -politiker aktuell zu übersehen, sind die SUSIs überzeugt: „Nicht sie allein schreiben Geschichte — wir schreiben mit. Und zwar an einer zukunftsfähigen, inklusiven, frauenfreundlichen, generationengerechten und progressiven Gesellschaft.“

Bezirk: Bozen