Bevölkerung des Gazastreifens von Hungersnot bedroht

Gaza-Behörde: Mehr als 100 Tote in 24 Stunden

Mittwoch, 30. Juli 2025 | 19:16 Uhr

Von: APA/dpa/AFP/KAP

Im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben mehr als 100 Menschen an einem Tag infolge von israelischen Angriffen ums Leben gekommen. Die von der islamistischen Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde meldete am Mittwoch 104 Tote sowie 399 Verletzte in den vergangenen 24 Stunden. Die Angaben lassen sich derzeit nicht verifizieren. Auch die UN beklagen weiter Todesfälle und großes Leid unter der Zivilbevölkerung.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sind nach palästinensischen Angaben in Gaza mehr als 60.100 Menschen getötet worden. Mehr als 146.200 wurden verletzt. Das von der Hamas kontrollierte Ministerium unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten.

Israel: Weitere Hilfstransporte angekommen

Nach israelischen Angaben haben am Mittwoch den vierten Tag in Folge Hilfstransporte die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen erreicht. 220 Lastwagen seien in den abgeriegelten Küstenstreifen eingefahren und warteten auf die Verteilung der Güter, teilte die israelische Militärbehörde Cogat auf X mit.

Am Dienstag seien mehr als 200 Lastwagenladungen in den Gazastreifen gelangt. Sie seien von UN- und anderen Organisationen übernommen worden, um die humanitäre Hilfe zu verteilen.

Israel hatte am Sonntag erstmals seit Monaten die Einfuhr von Hilfslieferungen in größerem Stil zugelassen. Seitdem gelangen durchschnittlich um die 200 Lastwagenladungen pro Tag zur Verteilung. UN-Organisationen zufolge deckt das nicht einmal die Hälfte des Bedarfs einer Bevölkerung, die nach Einschätzung internationaler Experten von einer Hungersnot bedroht ist. Vor der Verhängung der Blockade durch Israel im März waren täglich ungefähr 500 Lastwagen in den Gazastreifen gefahren.

UN: Hunger und Tote trotz Kampfpausen in Gaza

Nach Beginn der Kampfpausen des israelischen Militärs beklagen auch die Vereinten Nationen weiter Todesfälle und großes Leid unter der Zivilbevölkerung. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros (OCHA) kommt es weiterhin zu Opfern unter den Menschen, die dringend benötigte Hilfe suchen. Zudem sterben demnach weiterhin Kinder und Erwachsene an Hunger und Mangelernährung. “Eltern kämpfen weiterhin darum, ihre hungernden Kinder zu retten”, sagte Sprecher Farhan Haq.

Die Bedingungen für die Lieferung von Hilfsgütern blieben weiterhin unzureichend, es käme nicht genügend Hilfe in das Gebiet. Als Beispiel dafür nannte der Sprecher die Herausforderungen am Grenzübergang Kerem Schalom. Dieser sei ein umzäuntes Areal, zu dem Fahrer nur mit Genehmigung der israelischen Behörden Zugang erhielten. Die Behörden müssten die Fahrt zunächst bewilligen, sichere Routen festlegen, Bewegungen in bestimmte Bereiche mehrfach freigeben, währenddessen Luftangriffe aussetzen und schließlich die Tore öffnen, um die Einreise zu ermöglichen, erklärte er.

Der Gazastreifen steht nach UN-Angaben unmittelbar vor einer Hungersnot. Nach Angaben lokaler Behörden, die von der Hamas kontrolliert werden, sind bereits mehr als 100 Menschen verhungert. Die Vereinten Nationen halten die Berichte für glaubwürdig. Israel kontrolliert alle Zufahrtsstraßen nach Gaza und hat das Küstengebiet abgeriegelt.

Jordaniens König: Humanitäre Katastrophe in Gaza”

Jordaniens König Abdullah II. hat die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen als die schlimmste “der modernen Geschichte” bezeichnet. “Gaza erlebt eine humanitäre Katastrophe, die alles übertrifft, was wir in der modernen Geschichte erlebt haben”, sagte Abdullah II. am Mittwoch. “Die Hilfslieferungen reichen trotz des großen Umfangs nicht aus, um das Leid solch großen Ausmaßes zu lindern”, sagte er weiter. “Ganze Familien werden ausgelöscht und Kinder sind ausgehungert”, fügte der König hinzu.

Jordanien will der Bevölkerung im Gazastreifen gemeinsam mit Deutschland mit einer Luftbrücke helfen, wie Abdullah II. und der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Dienstag in Berlin verkündeten. Zwei Transportflugzeuge der Bundeswehr starteten nach Angaben von Merz bereits in das an Israel grenzende Königreich. Weitere Länder wie Frankreich und Belgien wollen ebenfalls Hilfe abwerfen.

Die UNO und Hilfsorganisation kritisierten die Luftbrücke als nicht ausreichend. Im Gazastreifen ereigne sich “jetzt das schlimmste Szenario einer Hungersnot”, warnte die für das Hungermonitoring zuständige UN-Initiative. Die Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft in dem von der islamistischen Hamas kontrollierten Gebiet reichten nicht aus, um eine “humanitäre Katastrophe” zu verhindern. Die jüngsten Daten zeigten, dass “im größten” Teil des Gazastreifens die “Hungersnot-Schwelle” erreicht sei.

Pfarrer: Hunger in Gaza ist “real und dramatisch”

Der Hunger in Gaza ist “real und dramatisch”: Das stellte unterdessen der Pfarrer von Gaza-Stadt, Gabriel Romanelli, laut Kathpress in einer in der Nacht auf Mittwoch verbreiteten Videobotschaft klar. Der aus Argentinien stammende Missionar widersprach damit Behauptungen, wonach es keine ernsthafte Nahrungsmittelnot in der Region gebe und wies den Hinweis auf gestohlene Hilfslieferungen zurück. Dies könne “niemals rechtfertigen, dass die Hilfe nicht ankommt”.

Die humanitäre Lage sei “schrecklich”, zahlreiche Fälle von Unterernährung bräuchten dringend medizinische Behandlung, so der Priester der einzigen römisch-katholischen Pfarre in dem umkämpften Gebiet, der am Dienstag Besuch einer UNO-Delegation erhalten hatte.

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