Die Staatsanwaltschaft St. Pölten ermittelt

Geplanter Pride-Anschlag: Duo leugnet ernsthafte Absichten

Dienstag, 20. Juni 2023 | 21:37 Uhr

Die beiden in U-Haft befindlichen Verdächtigen im Alter von 14 und 17 Jahren bestreiten mutmaßliche Anschlagspläne auf die Wiener Regenbogenparade am Wochenende. Die Jugendlichen “räumen die Teilnahme an Chats ein, bestreiten aber die Ernsthaftigkeit ihrer Absichten”, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Leopold Bien. Für den Wiener Rechtsanwalt Andreas Schweitzer, der den 14-Jährigen vertritt, handelt es sich bei der Verdachtslage um “ein Politikum”.

Er sei “aus allen Wolken gefallen, als ich von der Festnahme erfahren habe”, sagte Schweitzer am Dienstagabend bei einem kurzfristig einberufenen Pressegespräch vor Journalistinnen und Journalisten. Dem 14-Jährigen würden Anschlagspläne unterstellt, aus dem U-Haft-Beschluss sei diesbezüglich aber nichts zu entnehmen: “Da ist nichts da. Er hat sicher keinen Anschlag auf die Parade geplant”.

Der 14-Jährige – ein HTL-Schüler – sei gemeinsam mit dem 17-Jährigen und dessen älterem, 20 Jahre alten Bruder in einer Telegram-Gruppe gewesen: “Er hat sich über den IS informiert und Gräuelvideos geschaut.” Die Verdachtslage werde von den Behörden allerdings so dargestellt, als hätten die Beschuldigten einen Anschlag auf die Großveranstaltung für LGBTIQ-Rechte geplant. “Das Ganze ist ein Politikum, um den Bundestrojaner zu bekommen”, meinte Schweitzer. Im Übrigen kenne sein Mandant die beiden in St. Pölten lebenden Brüder gar nicht persönlich.

Im Unterschied zum 14- und 17-jährigen verneinte das Landesgericht St. Pölten bei der Haftprüfung beim 20-Jährigen den dringenden Tatverdacht. Er wurde daher auf freien Fuß gesetzt, die Staatsanwaltschaft hat dagegen Beschwerde eingelegt. Über die Beschwerde muss nun das Oberlandesgericht (OLG) Wien entscheiden.

Die St. Pöltner Volkspartei forderte indes in einer Aussendung einen Gipfel mit Sicherheitsbehörden, Integrationsexperten und allen Gemeinderatsfraktionen, “denn hier wurde von den Verantwortlichen lange genug weggeschaut”. “Es ist unerträglich, dass St. Pölten immer wieder bei Terror-Ermittlungen zum Thema wird”, meinte der VP-Klubobmann im Gemeinderat, LAbg. Florian Krumböck. Er verwies auf die aktuell aufgedeckten Anschlagspläne, den Terroranschlag im November 2020 in Wien oder Hausdurchsuchungen 2017 nach der Explosion einer Pizzeria in Hollabrunn: “Die Landeshauptstadt rückt hier immer wieder in den Fokus. Wir müssen uns in St. Pölten daher dringend darüber unterhalten, wie wir die religiöse und gesellschaftliche Radikalisierung von jungen Menschen hintanhalten können.”

Gegen die drei mutmaßlichen Islamisten wird wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation ermittelt. Das Trio war Samstagmittag festgenommen worden – rund eine Stunde vor Beginn des Paradezuges. Die beiden älteren Beschuldigten haben ihren Wohnsitz in St. Pölten, der 14-Jährige lebt in Wien.

Alle drei Burschen sind jüngsten Informationen der APA zufolge in geordneten familiären Verhältnissen aufgewachsen. Ihre Eltern sollen keine stark ausgeprägte religiöse Gesinnung oder gar radikalislamistische Tendenzen aufweisen. Die Verdächtigen dürften sich online und nicht in Moscheen radikalisiert haben. Einem geregelten, strukturierten Alltag gingen sie zuletzt nicht nach – einer hatte eine Lehre als Versicherungskaufmann abgebrochen, der Jüngste soll eher unregelmäßig eine HTL besucht haben.

Von: apa