Verwandte der beiden Geiseln begrüßten die beiden vor der Klinik

Hamas lässt zwei weitere Geiseln aus Gazastreifen frei

Dienstag, 24. Oktober 2023 | 13:18 Uhr

Mehr als zwei Wochen nach ihrem massiven Großangriff auf Israel hat die radikalislamische Hamas zwei weitere Geiseln freigelassen. Die beiden Frauen seien aus “humanitären” Gründen freigelassen worden, teilte die im Gazastreifen herrschende militante Palästinenserorganisation am Montag mit. Die Freilassung erfolgte nach einer Vermittlung durch Katar und Ägypten. Eine der freigelassenen Frauen wurde nach eigenen Angaben während ihrer Geiselhaft gut behandelt.

Die 85-jährige Yocheved Lifshitz sagte am Dienstag in Tel Aviv, sie sei am 7. Oktober bei ihrer Entführung zunächst zwar von den Extremisten geschlagen worden. “Ich bin durch die Hölle gegangen.” Die Terroristen hätten in ihrem Kibbuz gewütet, hätten Menschen getötet und entführt und dabei keinen Unterschied zwischen Alten und Jungen gemacht. Zwei Männer hätten sie auf einem Motorrad verschleppt. Einer habe sie während der Fahrt in den Gazastreifen mehrfach auf die Rippen geschlagen.

In ihrer zweiwöchigen Gefangenschaft in dem Tunnelnetz des Gazastreifens habe man sich aber um sie gekümmert. “Die haben uns gut behandelt.” Alle zwei, drei Tage habe ein Arzt nach ihnen geschaut. Ein verwunderter Mann habe Antibiotika und Medikamente bekommen. Sie hätten das Essen mit den Mitgliedern der Hamas geteilt. Diese hätten sich sehr darum bemüht, den Ort sauber zu halten.

Dieses Tunnelsystem sei “wie ein Spinnennetz”. Bei ihrer Ankunft seien in einer großen Halle 25 Gefangene gewesen. Sie hätten ihr die Uhr und Schmuck abgenommen. Bilder im Internet zeigen die Frau, wie sie bei der Freilassung einem Mitglied der Hamas die Hand gibt. Diese Geste sorgte in sozialen Netzwerken für entsetzte Reaktionen.

Nach Angaben des Büros von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu handelt es sich bei der zweiten freigelassenen Geisel um die 79 Jahre alte Nurit Cooper. Die beiden Israelinnen stammen aus dem Kibbuz Nir Oz und waren zusammen mit ihren über 80-jährigen Ehemännern während des Großangriffs der Hamas am 7. Oktober als Geiseln genommen worden.

Die beiden Ehemänner werden Netanyahus Büro zufolge weiterhin mit mehr als 200 weiteren Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Was mit ihrem Mann ist, weiß die Familie nicht, wie eine Tochter Journalisten sagte. Er sei verletzt. Am Freitag hatte die Hamas erstmals zwei Geiseln freigelassen, zwei US-Bürgerinnen.

Der Sprecher des bewaffneten Arms der Hamas, Abu Ubaida, hatte zuvor erklärt, die beiden Frauen seien “aus zwingenden humanitären Gründen” freigelassen worden.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärte seinerseits im Onlinedienst X (ehemals Twitter), bei der Freilassung der beiden Geiseln geholfen zu haben, indem es sie “heute Abend aus Gaza herausgebracht” habe. Israelischen Medien zufolge wurden sie über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten gebracht.

Die Ezzedin-al-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, veröffentlichte auf Telegram ein Video. Es zeigt die beiden Frauen in Begleitung von maskierten und bewaffneten Mitgliedern der Brigaden bei der Übergabe an Mitarbeiter des Roten Kreuzes.

Bilder ägyptischer Fernsehsender zeigten, wie die Frauen nach ihrer Ankunft in Ägypten in Krankenwagen gebracht wurden.

Netanyahus Büro erklärte, die israelische Regierung, die Armee und alle Sicherheitsdienste würden weiterhin alles tun, “um alle Geiseln zu finden und alle entführten Menschen nach Hause zu bringen”.

Bei ihrem Angriff auf israelisches Staatsgebiet hatten die schwer bewaffneten Islamisten insgesamt mehr als 200 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt – darunter Babys, Kinder, Schwangere, Soldaten und Ausländer. Auch ausländische Staatsbürger sind darunter.

Bei dem Überfall der Hamas wurden nach israelischen Regierungsangaben etwa 1.400 Menschen getötet. Als Reaktion auf den Großangriff riegelte Israel den Gazastreifen ab und startete massive Luftangriffe. Die palästinensische Seite spricht von knapp 6.000 Toten im Gazastreifen.

Von: APA/dpa/Reuters