Von: APA/dpa/Reuters
Nach Angaben des israelischen Militärs sind über dem Gazastreifen am Freitag Hilfslieferungen aus sechs Ländern abgeworfen worden. Es handelte sich dabei um 126 Paletten mit Lebensmitteln, erklärte die Armee auf der Plattform X. An der koordinierten Aktion hätten sich Deutschland, Spanien, Frankreich, Jordanien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligt.
Deutsche Flugzeuge warfen nach Angaben des Berliner Verteidigungsministeriums 34 Paletten mit knapp 14 Tonnen Lebensmitteln und medizinischer Ausrüstung über dem abgeriegelten Küstengebiet am Mittelmeer ab. Anfang der Woche hatte der deutsche Kanzler Friedrich Merz die Aktion mit Jordanien angekündigt. Zudem baut Deutschland seine Hilfe für die hungernde Bevölkerung im Gazastreifen weiter aus.
Auch Frankreich beteiligte sich an der Aktion. Angesichts der absoluten Notlage der palästinensischen Zivilbevölkerung seien Lebensmittel aus der Luft abgeworfen worden, teilte Präsident Emmanuel Macron mit. “Die Abwürfe allein reichen nicht aus. Israel muss einen vollen humanitären Zugang eröffnen, um der Gefahr einer Hungersnot zu begegnen”, schrieb Macron auf X.
Italien startet Hilfsflüge am 9. August
Italien kündigte indes an, am 9. August mit Hilfslieferungen aus der Luft starten zu wollen. “Ich habe grünes Licht für eine Mission gegeben, bei der Mittel des Heeres und der Luftwaffe zum Einsatz kommen werden, um dringend benötigte Hilfsgüter für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen bereitzustellen, die schwer unter dem andauernden Konflikt leidet”, erklärte Crosetto. Zudem will Italien erneut kranke palästinensische Kinder und ihre Begleitpersonen zur Behandlung ausfliegen lassen. Außenminister Antonio Tajani erklärte, man arbeite an einem entsprechenden Evakuierungsplan. Insgesamt sollen rund 50 Menschen ausgeflogen werden.
Hilfsgüter aus der Luft nicht unumstritten
Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft sind nicht unumstritten: Sie sind nach Angaben des Chefs des UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA), Philippe Lazzarini, mindestens 100 Mal so teuer wie der Transport derselben Menge an Gütern auf dem Landweg. Zudem können mit Lastwagen weit größere Mengen transportiert werden.
Der Gazastreifen steht nach UNO-Angaben unmittelbar vor einer Hungersnot. Israel kontrolliert alle Zugänge zu dem Küstengebiet am Mittelmeer und ließ über mehrere Monate keine oder nur wenige Hilfslieferungen passieren. So sollte nach israelischer Darstellung der Druck auf die islamistische Hamas erhöht werden, die letzten der am 7. Oktober 2023 entführten Geiseln freizulassen.
Seit vergangenem Sonntag – nach weltweit wachsender Kritik an der entsetzlichen Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung – lässt Israel wieder größere Lieferungen auf dem Landweg zu und unterstützt die Abwürfe von Hilfsgütern durch verbündete Staaten wie Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Deutschland beteiligt sich an der Aktion mit zwei Flugzeugen, die auf einer Militärbasis in Jordanien beladen werden und dringend benötigte Nahrungsmittel und Ausrüstung über dem Gazastreifen abwerfen.
Pistorius: Gazastreifen braucht große Mengen an Hilfsgütern
Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius betonte, die Hilfsflüge könnten nur einen sehr kleinen Teil beitragen und das Allernötigste zu den Menschen bringen. “In Gaza fehlt es in diesen Tagen vor allem an Nahrung und Medikamenten. Für viele Menschen – auch für viele Kinder – geht es ums nackte Überleben.” Er erwarte, dass Israel die umfassende humanitäre Versorgung der seit Monaten leidenden Menschen sicherstelle.
Weitere Hilfen gegen Hunger
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul kündigte bei seinem Besuch in Israel zusätzliche Mittel von fünf Millionen Euro für das UNO-Welternährungsprogramm WFP an. “Damit werden unter anderem Bäckereien und Suppenküchen unterstützt, um die Menschen in Gaza auch mittelfristig mit Brot und warmen Mahlzeiten zu versorgen”, sagte er. Außerdem finanziert die deutsche Regierung ein Feldkrankenhaus der Malteser. Dieses wird demnach in Gaza Stadt eine dringend benötigte grundlegende Gesundheitsversorgung anbieten.
Wadephul forderte die israelische Regierung auf, bei der humanitären Hilfe für den Gazastreifen schnell zu einer engen Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und ihren Institutionen zurückzukehren. Deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten “klar gezeigt, dass sie in der Lage sind, alle Menschen in Gaza ausreichend zu versorgen, wenn man sie lässt und wenn sie in Sicherheit arbeiten können”.
Der Außenminister schloss nicht aus, dass ein Teil der Hilfe von der terroristischen Hamas abgezweigt werden könne. Aber: “Die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen ist jetzt so groß, dass es nicht gerechtfertigt ist, hier weitere Hürden aufzubauen.” Im Übrigen sei das beste Mittel, um Missbrauch zu verhindern, möglichst viele Lebensmittel und Hilfsgüter in den Gazastreifen hereinzulassen.
Deutsche Hilfe für Gaza bei gut 330 Millionen Euro
Nach Angaben des Auswärtigen Amts beläuft sich die deutsche humanitäre Hilfe für die Palästinensischen Gebiete seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 auf mehr als 330 Millionen Euro. Mehr als 95 Prozent davon würden für die Bevölkerung im Gazastreifen verwendet. Zuletzt wurden die Hilfen im Mai um bis zu 31 Millionen Euro aufgestockt.
Kritik an Gewalt israelischer Siedler
Wadephul verurteilte bei seiner Reise die Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland. “Solche Taten sind Verbrechen, sie sind Terror und sie gehören endlich polizeilich verfolgt”, sagte er bei einem Besuch der Ortschaft Taybeh. Sein Besuch sei “ein Zeichen der Solidarität mit allen Menschen, die unter dieser Siedlergewalt leiden”.
Taybeh war in den vergangenen Monaten mehrfach angegriffen worden. Im ganzen Westjordanland haben die Übergriffe von Siedlern gegen Palästinenser seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 deutlich zugenommen.
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