Von: luk
Bozen – Im Landtag wird heute das Corona-Hilfspaket für Südtirol debattiert.
Landesgesetzentwurf Nr. 78/21: Änderungen zum Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen 2021-2023 und andere Bestimmungen (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag des Landeshauptmannes Arno Kompatscher). Der Gesetzentwurf enthalte eine Reihe von kleineren Änderungen, aber auch ein Paket von 500 Mio. Euro, um Arbeitnehmer, Familien und Betriebe zu unterstützen, erklärte LH Arno Kompatscher. Der Staat habe das letzte Haushaltsgesetz angefochten, aber wegen des Voranschlags von 2022 und 2023; die 500 Mio., die das Land dem Staat jährlich überweisen müsse, sei dort nur zum Teil enthalten. Das Abkommen zwischen Staat und Land gelte für beide Seiten, daher könne das Land auch jene Beträge in den Haushalt eintragen, die der Staat ihm schulde, in diesem Fall Einnahmen aus Akzisen auf den Treibstoff und aus den Steuern auf das Glücksspiel. Kompatscher zählte die einzelnen Beträge auf, die insgesamt 528 Mio. ausmachten. Man schlage dem Staat gemeinsam mit dem Trentino derzeit eine andere Lösung vor, die ihm nichts kosten würde; er müsste dafür für drei Jahre Schulden aufnehmen, würde das Geld aber zurückbekommen. Das Ziel sei es, antizyklisch agieren zu können; das dürfte Mario Draghi, der ein überzeugter Keynesianer sei, überzeugen. Das Land sei schuldenfrei und könnte sich ein solches Vorgehen leisten. Der Gesetzentwurf enthalte auch eine Aufstockung der Beteiligung an der SASA, Mittel für den NOI-Park, zusätzliche Mittel für die Umfahrung Percha, die vom Staat für das CONI mitfinanziert werde, die Vorfinanzierung des Gerichtsgebäudes in der Duca-d’Aosta-Straße, 15,8 Mio. für die Tarifverhandlungen zum bereichsübergreifenden Kollektivvertrag – 15 weitere Mio. würden später eingeschrieben -, während die Mittel für die Verträge für die leitenden Beamten gestrichen werden sollten. Viele behaupteten, diese verdienten zu viel, aber das sei nicht wahr; dennoch wolle man eine Erhöhung in dieser Krisenzeit vermeiden. Alle anderen Mittel seien für Covid-Hilfen gedacht, wobei der Kreis der Bezugsberechtigten erweitert werde.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) bemerkte, dass es um eine der bedeutendsten Haushaltsänderungen der letzten Jahre groß angekündigt, was es bis jetzt noch gar nicht gebe. Das sei schlimmer als eine Verschuldung. Der Landtag sei nie informiert worden über die Maßnahmen, die damit finanziert würden. Die Landesregierung wolle einen Blankoscheck. Es sei eine riskante Operation, ohne sichere Finanzierung. Im besten Fall verschulde man sich für Jahrzehnte, im schlimmsten könne man die Versprechen nicht einhalten. Im Dezember habe man beschlossen, dem Staat die geschuldeten Beträge nicht zu überweisen; wenn alle Regionen so vorgehen würden, würde der Staat in Konkurs gehen. Das Land sei der Ansicht, dass der Staat ihm etwas schulde und schreibe dieses Guthaben einfach in seinen Haushalt ein. Eine solche Operation werde dem Landtag erst 24 Stunden vorher vorgelegt, und darüber solle der Landtag in Videokonferenz entscheiden, während Schulklassen in weit kleineren Räumen sitzen dürften. Diese Geschichte habe schlimm begonnen und werde noch schlimmer enden: Sobald man diese 500 Mio. zuweisen wolle, werde man merken, dass es sie nicht gebe. Es sei eine reine Fassadenoperation, man riskiere eine Anfechtung in einem unsicheren Rahmen, denn hier gehe es nicht nur um das Mailänder Abkommen, sondern um Verfassungsprinzipien wie die Pflicht zur Beteiligung zum Staatshaushalt. Das sei Dilettantenwerk oder Abenteurertum, und das von einer Landesregierung, die 400 Mio. für eine Spending Review ausgegeben habe, die nichts gebracht habe. Die Landesregierung wolle mit diesem Blankoscheck alles allein entscheiden, ohne dem Landtag und den Bürgern Rechnung abzulegen.
Hanspeter Staffler (Grüne) sah die Einnahmenseite nicht so trüb wie Urzì. Vorher wollte man die jährlich geschuldeten 476 Mio. an den Staat aussetzen, nun nehme man 528 Mio. her, die der Staat dem Land schulde. Das sehe legitim aus. Man müsse sich aber fragen, warum der Staat diese Schuld in den vergangenen Jahren nicht bezahlt habe. Wenn das nur Säumigkeit gewesen sei, habe man wenig zu befürchten, wenn es aber auf rechtliche Einwände gründe, dann habe man eine Reaktion zu erwarten. Mehr Bedenken habe er aber bei der Ausgabenseite, die bisher nur den Medien detailliert vorliege und die eine Schieflage zugunsten der Wirtschaft zeige: 280 Mio. für Fixkosten der Betriebe, Beiträge um 100 Mio., 75 Mio. Reservefonds, 55 Mio. für Bürger und Familien. Also rund 400 Mio. für die Wirtschaft. In einer informellen Sitzung sei viel über die Einnahmen informiert worden, wenig über die Ausgaben. Das müsse nachgeholt werden, damit der Landtag seine Kontrollfunktion ausüben könne. Staffler wunderte sich auch über die Streichung von 15 Mio. für die Kollektivverträge – die Mitarbeiter hätten in dieser Krisenzeit einen deutlichen Mehraufwand durch das Krisenmanagement, unter anderem wegen der Auszahlung der Covid-Hilfen. Seine Fraktion begrüße das Hilfspaket, habe aber auch Bedenken, ob der Staat dieses Vorgehen akzeptieren werde. Es sei richtig, dieses Guthaben einzuschreiben, aber man müsse erst noch sehen, ob die Rechnung aufgehe. Bei der derzeitigen Konstellation in Rom habe die SVP kaum Gewicht. Es sei zu hoffen, dass es gut ausgehe.
Josef Unterholzner (Enzian) kam in seiner Berechnung nur auf 440 Mio. Euro. Wenn der Staat dem Land dieses Geld schulde, sei es richtig, es einzusetzen. Man müsse aber berechnen, wie viel Geld der Staat dem Land und wie viel das Land dem Staat insgesamt schulde. Er fragte, ob die Beträge für die Kollektivverträge mit den Sozialpartnern abgesprochen seien. Die Einsparung bei den Führungskräften sei nicht hoch angesichts der 1,2 Mrd. für die Landesbediensteten. Gut sei die Aussetzung der GIS, das sei eine unbürokratische Förderung. Die beste Förderung wäre, wenn man den gesunden Menschen nicht das Arbeiten verbieten würde. Man könne sich einen neuen Lockdown nicht leisten, der neben wirtschaftlichen Auswirkungen auch psychische und gesundheitliche habe. Auch bei der Impfstrategie brauche es Ehrlichkeit. Die Hersteller hätten ehrlich gesagt, dass sie die Folgen nicht abschätzen könnten bei einer so kurzen Testzeit, aber die Politik dränge sie dazu, die Impfstoffe auf den Markt zu bringen.
Paul Köllensperger (Team K) erinnerte daran, dass der Staat laut Abkommen in Notsituationen zehn Prozent einfordern könne, und er sei derzeit in einer Notsituation. Es sei die Frage, ob man mit der Einschreibung dieser Beträge auf Konfrontation gehen wolle. Das wäre schlecht für die Verhandlungen zur Stundung des jährlichen Beitrags zum staatlichen Haushalt. Auch die Einschreibung von 300 Mio. im Mai 2020 sei gewagt gewesen, aber damals habe die SVP ein anderes Gewicht in Rom gehabt. Beim 500-Millionen-Hilfspaket sei nicht alles Gold, was glänze. Man frage sich, wie dieses Geld ausgegeben werde, was eine Zustimmung nicht erleichtere. Südtirol habe in den letzten Wochen Negativrekorde in Italien geschrieben, nicht nur bei den Inzidenzzahlen, auch beim Wirtschaftsrückgang um 10 Prozent. Einem Schaden von 2,5 Mrd. Euro wolle man nun mit 500 Mio. begegnen. Positiv sei die Anpassung der Kriterien für die Hilfen, um dem Mittelstand entgegenzukommen. Voriges Jahr habe es lange bis zur Auszahlung gedauert, das dürfe sich nicht wiederholen. Der größte Teil des Pakets gehe an die Wirtschaft. Bestimmte Einschränkungen im Gastgewerbe seien zu überdenken, hier sei der Schaden am größten. Bei den Kleinbetrieben gehe es ums Überleben, also auch um die Zeit. Um die Hilfen für die größeren Betriebe, den Kostenbeitrag, schneller abwickeln zu können, sollte man die Verrechnung über das Formular F24 ermöglichen. Ebenso sollte das Land seine Verbindlichkeiten gegenüber den Betrieben schnellstmöglich begleichen. Man frage sich, warum das Guthaben gegenüber Rom nicht schon früher eingetrieben wurde. 9 Prozent Arbeitslose seien für Südtirol ein Novum, man müsse zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik übergehen.
Am Nachmittag hat der Landtag die Generaldebatte über den Landesgesetzentwurf Nr. 78/21: Änderungen zum Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen 2021-2023 und andere Bestimmungen (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Kompatscher) wieder aufgenommen.
Debattieren sei schwierig, wenn man die Ausgaben nicht kenne, bemängelte Maria Elisabeth Rieder (Team K). Der Landtag werde heute entscheiden und dann keinen weiteren Einfluss haben. Sie wünsche sich heute wenigstens klare Zahlen. Sie fragte, ob das stimme, dass man erst im Mai wieder um Covid-Hilfe ansuchen könne. Wer im Winter kein Einkommen hatte und auch keine Arbeitslosenunterstützung, habe es auch jetzt und im April nicht. Die angekündigte digitale Plattform für die Ansuchen stehe noch nicht zur Verfügung, und das nach einem Jahr Covid. Sie sei für die Digitalisierung, aber die schnelle Auszahlung sei wichtiger. Rieder fragte auch, ob die neuen Kriterien rückwirkend seien, d.h. ob jene, die vorher nicht ansuchen konnten, es jetzt könnten, und ob die Kinderhilfe zu Ende sei. Wenn bei den Privatpersonen die Sparbücher zählten, müsste bei den Betrieben auch das Vermögen berechnet werden. Für die Plattform werde es auch Personal brauchen, das nicht in Sicht sei. Von der Streichung der 15,8 Mio. für die Kollektivverträge wüssten die Gewerkschaften, die sie kontaktiert habe, nichts. Für das Personal der Sanität seien lächerliche Beträge vorgesehen.
Franz Ploner (Team K) erinnerte an die Pressekonferenz der Landesregierung vor einer Woche, in der die Eckpfeiler des Hilfspakets vorgestellt worden seien. Eine genauere Auflistung liege dem Landtag nicht vor. Die Dringlichkeit sei kein Argument, wenn die Beiträge erst ab Mai ausbezahlt würden. Eine schnelle Auszahlung sei unwahrscheinlich, wenn die nötige Plattform noch fehle. Dem medizinischen Schutz gelte die Priorität, deshalb frage er, warum die Landesregierung so lange mit den Einschränkungen gewartet habe, die deshalb länger bleiben müssten. Während Italien einen Einbruch von 8 und die EU von 6 Prozent verzeichne, betrage er in Südtirol 10 Prozent. Wenn die Armut zunehme, würden weitere Hilfen nötig sein. Um weitere Schäden zu vermeiden, müsse die Wirtschaft dringend entlastet werden. Viele Menschen seien unverschuldet in Existenznöten: Tourismus, Märkte, Veranstalter usw. Nach dem Entlassungsstopp werde es eine Arbeitslosenwelle geben. Die Betriebe bräuchten schnell Liquidität und Entlastung von der Bürokratie. Von den 500 Millionen sollten 30 in die Sanität fließen, auch für neues Personal.
Helmuth Renzler (SVP) erinnerte daran, dass das Hilfspaket als Zusatz zu den Maßnahmen des Staates gedacht sei. Für die SVP-Arbeitnehmer seien die Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung Vorrang, ein guter Arbeitsplatz sei die beste Absicherung gegen finanziellen Notstand. Daher sei man auch nicht einverstanden mit der vorgesehenen Umbuchung von Geldern, die für die Kollektivverträge vorgesehen waren. Der Staat gehe den umgekehrten Weg und investiere in die Verjüngung des Personals. Renzler dankte LH Kompatscher für die Bereitschaft, das Lohngefüge im öffentlichen Bereich zu entflechten. Es wäre wünschenswert, wenn man die nun ausgesetzten 17 Mio. über den Nachtragshaushalt wieder einfügen könnte. Arbeit für alle müsse wieder selbstverständlich sein, und deshalb unterstütze man die entsprechenden Hilfen für die Betriebe: Diese sollte man abhängig machen von einer bestimmten Arbeitsplatzgarantie. Es bestehe die Gefahr, dass viele Betriebe die Krise als Gelegenheit nutzten, um Personal abzubauen. Betriebe mit Sozialdumping sollten keine Hilfe erhalten. Der Südtiroler Steuersitz könne laut EU-Recht nicht als Bedingung gelten, daher sei darauf zu achten, dass die Beihilfen nicht an jene gingen, die das Geld nähmen und gingen. In Notsituationen könnten die Probleme nur von allen gemeinsam gelöst werden, und dazu seien die Arbeitnehmer bereit. Renzler rief dazu auf, nicht die Rentner zu vergessen und das Lebensminimum anzupassen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) sah die Führung der SASA mit ihren fast 600 Mitarbeitern als positiv. Bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst sollte die Zweisprachigkeitszulage bei der Post wieder eingeführt werden, die seit 2000 ausgesetzt seien. Er wundere sich, warum man die 500 Mio., die der Staat dem Land schulde, bisher nie eingetrieben habe. Man wisse nicht, ob es dazu positive Signale aus Rom gebe; wenn nicht, brauche es einen Plan B.
Helmut Tauber (SVP) sah im Hilfspaket ein wichtiges Signal für Bürger und Betriebe. Zusammen mit den staatlichen Beiträgen sei es eine große Hilfe, nicht Kleinigkeiten, wie Urzì spotte. Man tue, was möglich sei, und helfe nun z.B. all jenen, die in dieser Wintersaison kein Einkommen hatten. Wichtig sei, dass das Geld schnell ankomme. Dazu gehörten auch Vorschüsse der Banken. Sein Antrag, der genehmigt wurde, könne hier hoffentlich Spielraum schaffen. Bei der GIS sollten auch die Gemeinden Spielräume schaffen für jene, die über Monate kein Einkommen gehabt hätten. Man wisse noch nicht, wann man wieder öffnen könne, wann die Einreise aus dem Ausland wieder möglich sei, man müsse alles tun, damit sich die Betriebe organisieren könnten.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) sah dunkle Seiten in dieser Operation, vor allem auf der Einnahmenseite. Wichtig sei aber, dass die Beiträge bald ankämen, denn viele wüssten nicht, wie weiter. Die Südtiroler Betriebe seien am schwersten betroffen, weil hier die längsten Lockdowns gewesen seien. Die staatlichen Beihilfen, die Mitte Jänner beschlossen worden seien, auch rund 500 Mio. für Südtirol, seien noch nicht angekommen. Nicht nur der Tourismus, auch das Handwerk sei stark betroffen. Bei der Ausgabenseite zeichne sich die richtige Richtung ab, wichtig sei jetzt die Zeit. Sich zu verschulden sei immer riskant, für das Land wie für die Betriebe, aber was das Land jetzt auf der Einnahmenseite beanspruche, sei Anlass für Anfechtungen. Hoffentlich finde man eine einvernehmliche Lösung. Es gebe Bereitschaft, diese Haushaltsänderung zu unterstützen, damit Familien und Betrieben so bald wie möglich geholfen werden könne.
Diese Krise zeige, was es bedeute, zum falschen Staat zu gehören, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). In Tirol bekämen die Betriebe 80 Prozent des Umsatzes ersetzt, die Südtiroler Betriebe wüssten noch nicht, ob sie etwas bekämen. 500 Mio. seien wenig angesichts der entstandenen Schäden und der verlorenen Arbeitsplätze. Man wisse noch nicht, ob die Impfung die Lösung sein werde; Israel sei Impfweltmeister und stehe trotzdem vor einem neuen Lockdown. Es sei möglich, dass man sich wie bei der Grippe immer wieder impfen lassen müsse, wegen der Varianten. Wegen dieser könne man auch noch nicht abschätzen, ob Deutschland seine Bürger nach Südtirol reisen lasse, wenn hier mit AstraZeneca geimpft werde, das bei der südafrikanischen Variante weniger wirksam sei. Südtirol werde voraussichtlich zur roten Zone, und damit würden die Schäden wieder die Aushilfen überwiegen. Das Land sollte sich überlegen, den jährlichen Beitrag zum staatlichen Schuldenabbau stattdessen für die heimische Wirtschaft zu verwenden. Der Virus werde nicht in einem halben Jahr verschwinden, daher müsse man nach Alternativen zum Lockdown suchen, z.B. mit Gratistests für die Bevölkerung. Jedes Mal 50 Euro könnten sich die Bürger nicht leisten.
Es seien auch nicht 50 Euro, berichtete Magdalena Amhof (SVP), sondern 35. Mit diesem Hilfspaket wolle man die staatlichen Hilfen vergrößern. Der Staat sehe eine Verlängerung des Lohnausgleichs vor, einen Schutz vor Entlassung, die Rückwirksamkeit der Arbeitslosenhilfe, den Babysitterbonus u.a. Dazu kämen die Covid-Hilfen und die bisherigen Unterstützungen des Landes. Die bestehenden Covidhilfen würden verlängert bis Ende April, damit kein Loch entstehe. Die Anträge würden über eine digitale Plattform abgewickelt, da noch mehr Ansuchen sonst nicht zu stemmen wären. Für die Betriebshilfen verlangten die Arbeitnehmer eine gewisse Arbeitsplatzgarantie. Die Kriterien stünden noch nicht fest, aber man werde jedenfalls auf den Ausgleich achten.
Franz Locher (SVP) begrüßte die Haushaltsänderung. Er erinnerte auch daran, was in dieser Krise gut gelaufen sei, unter anderem die Öffnung von Kindergärten und Grundschulen, damit habe man vielen Familien geholfen. In Deutschland sei dagegen seit Mitte Dezember alles geschlossen. Hilfreich sei auch die Öffnung der Geschäfte in der Vorweihnachtszeit gewesen. Ebenso habe das Handwerk bis auf einen Monat im Frühjahr 2020 immer arbeiten können. Dadurch falle die Entscheidung leichter, den Fokus des Hilfspakets auf die Gastbetriebe zu lenken. Zu wenig sei immer, aber mit 500 Mio. könne man doch eine gute Hilfe bieten. Auf der anderen Seite gebe es immer noch Betriebe, die Mitarbeiter suchten und keine fänden. Auch hier müsse man schauen, wie man diesen Bedarf decken könne.
Stellungnahmen von Faistnauer, A. Ploner, Leiter Reber, Lanz und Vettori
Die Landesregierung habe nur mehr Corona im Kopf und vergesse die anderen Verpflichtungen, befand Peter Faistnauer (Team K) und nannte die Raumordnung, zu der noch Durchführungsverordnung fehlten, und die Vergabe des öffentlichen Verkehrsdiensts, die immer noch nicht erfolgt sei. Auch LR Widmann habe einen Fehler nach dem anderen gemacht, z.B. bei den Tests für die Fernfahrer auf dem Sadobre-Gelände. Die digitale Plattform für die Ansuchen um Covid-Hilfen hätte man schon früher ins Leben rufen können.
Alex Ploner (Team K) fragte, warum man den Abgeordneten eine parlamentarische Debatte in Präsenz verwehre, wenn es um 500 Millionen gehe. Die Menschen würden auch nicht verstehen, warum die Friseure arbeiten könnten und die Hundefriseure nicht. Ploner vermisste LR Achammer in der Debatte, in der es vor allem um Beiträge für die Wirtschaft gehe. In dieser Woche habe man auch über Hate Speech gesprochen; dieser sei abzulehnen, aber Angst führe auch zu solchen Äußerungen. Es genüge nicht, um Verständnis zu werben, es brauche konkrete Taten. Es sei viel Vertrauen verloren gegangen, auch im Landtag fehle das Vertrauen, da er in die Entscheidungen nicht eingebunden werde. Die Vorschläge des Abg. und Arztes Franz Ploner würden aus Machtdenken missachtet. Es sei zu hoffen, dass die Beiträge rasch ausbezahlt werden könnten, aber die Aussagen Amhofs und Achammers ließen daran zweifeln. Nur 12 Prozent der Bevölkerung hätten den SPID-Zugang aktiviert. Das Hilfspaket sollte auch den Start für eine neue Krisenpolitik geben, stattdessen gebe es keine Planbarkeit für die Menschen. Mit jedem Tag würden neue Schäden entstehen, wirtschaftlich wie psychisch. Es müsse ein Leben abseits des Ausnahmezustands geben. Hierzulande sei sogar Musik-Einzelunterricht verboten, in den Niederlanden gebe es punktuelle Öffnungen nach Analyse der Situation. Die Erwartungen zum Hilfspaket seien hoch, aber sie würden enttäuscht, weil sie die Betroffenen nicht erreichten oder zu spät kämen. Es wäre besser, das Paket von Fachleuten verwalten zu lassen.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) forderte von der Landesregierung mehr Transparenz, weder der Landtag noch die Bevölkerung seien informiert worden. Im vergangenen Jahr sei viel Vertrauen verloren gegangen, und das sei schwer wiederzugewinnen. Das anfängliche Vertrauen sei in Wut oder Resignation umgeschlagen. Das Hilfspaket sei eine Mischung verschiedener Maßnahmen, entscheidend sei, wann sie ankommen würden. 2020 habe das Land bereits getrickst, als es die 476 Mio., die es dem Staat schulde, nicht eingetragen habe. Nun trage man Geld in den Haushalt ein, das noch nicht ausgehandelt sei. Ehrlichkeit sei auch beim sog. Südtiroler Weg verlorengegangen. Auch er vermisse LR Achammer, da es hier vor allem um Wirtschaft gehe. Wenn der Wirtschaftslandesrat nicht regelmäßig Stellungnehme zu den Fragen, die die Bevölkerung bewegten, trage das auch zum Vertrauensverlust bei. LR Deeg vertröste immer wieder auf die Wohnbaureform, LR Hochgruber Kuenzer sei bei den Durchführungsverordnungen zur Raumordnung in Verspätung. Südtirol zahle heute die Rechnung für jahrelange Einsparungen bei der Sanität, eine Reform sei versäumt worden. Er vermisse auch, dass Landesräte etwas aus ihrem Budget für die Pandemiebekämpfung bereitstellten. Man müsse schauen, wo man sparen könne, auch für die Zeit nach Corona. Nach zwölf Monaten habe man gesehen, dass man es nicht schaffe, das Virus zu verbannen oder auszurotten. Es werde bleiben. Vor einem Jahr sei man bereit gewesen, Leben und Wirtschaft herunterzufahren, heute sei die moralische Pflichtfrage, auf wie viel Wirtschaft, Bildung usw. man verzichten wolle. Jeder Tote sei einer zu viel, aber man müsse sich fragen, wie lange man so weitermachen könne. Wenn man mit der Impfung die Risikogruppen schützen könne, dann könne man komme man im Sommer vielleicht der Normalität näher. Laut WHO träten die Mutationen ja gegen Ende einer Pandemie auf.
Gerhard Lanz (SVP) wehrte sich gegen die Vielzahl von Vorwürfen. Die SVP würde die Opposition ernst nehmen, aber auch diese müsse den Konsens suchen. Mit dem Hilfspaket wolle man Menschen und Betrieben helfen, die sonst keine Existenz mehr hätten. Und neben der Hilfe gehe es auch darum, Leben zu schützen. Die einen würden der Landesregierung die Sperrungen vorwerfen, die anderen bezeichneten sie als verspätet. Danach könne man immer sagen, das hätte man anders machen können. Die Situation sei komplex, und sie würde sich stetig ändern. Die Opposition habe monatelang mehr Tests gefordert, und wenn das gemacht werde, seien es die falschen. Es müsse auch allen klar sein, dass Staaten einen anderen Handlungsspielraum als das Land hätten. Vergleiche mit anderen Ländern seien wenig hilfreich. Man dürfe sich nicht nur deren Rosinen herauspicken, denn in Summe machten alle ungefähr dasselbe. Der Südtiroler Weg habe etwas mehr Normalität erlaubt. Der Vorwurf, der Landtag könne nichts entscheiden, sei fehl am Platz. Man müsse nur die entsprechenden Themen einbringen und Mehrheiten suchen. Die 500 Mio. seien nun ein Startpunkt für diese Phase. Südtirol sei es als einer der wenigen Regionen im Umfeld imstande gewesen, dies auf die Beine zu stellen. Man müsse auch anerkennen, dass das politische System zu schwerfällig für die immer komplexeren Entscheidungen geworden sei. Daher sollte man sich mehr auf die Ziele konzentrieren. Südtirol sei in dieser Krise stark zurückgefallen, habe aber die Kraft, wieder nach ganz vorne zu kommen.
Es sei eine außerordentliche Haushaltsänderung für eine außergewöhnliche Zeit, befand Carlo Vettori (Alto Adige Autonomia). Daher könne er nicht verstehen, dass man sich so stark auf die Form konzentriere. Der Bevölkerung komme es auf die Substanz an. Kritik allein, wie sie manche übten, die auch in Rom in der Opposition seien, sei nicht genug. Und statt zu kritisieren, dass man Guthaben von Rom eintreibe, sollte man verstehen, dass das Geld jetzt gebraucht wird. Man sollte das Blockdenken aufgeben, nach einem Jahr Pandemie sei es an der Zeit, an einem Strang zu ziehen.
Antworten der LR Deeg und Achammer und von LH Kompatscher
Nach der Unterbrechung erklärte Brigitte Foppa, dass man die Sondersitzung zum Recovery Fund vertagen wolle. Es habe keinen Sinn, sich um Mitternacht mit einem so komplexen Thema zu beschäftigen. LH Arno Kompatscher stimmte dem zu und wies darauf hin, dass das Thema nicht so dränge wie befürchtet, da es vom Staat noch keine brauchbaren Informationen gebe. Das Thema könnte man auch bei der nächsten Landtagssitzung besprechen.
LR Waltraud Deeg wies auf die große Arbeit ihres Ressorts bei der Berechnung der Beiträge hin. Für Familien und Personen, die von der Krise betroffen wurden, stünden 55 Mio. zur Verfügung. Die Frist werde für März und April wieder eröffnet. Die Frage sei, ob man weitere 20.000 Gesuche schaffen werde. Daher müsse die Plattform, die es bereits gebe, für die Covid-Hilfen angepasst werden. SPID und Bürgerkarte würden die Wartezeiten verringern, weil sie weitere Überprüfungen erübrigten. Ziel sei es, jene aufzufangen, die bisher keinen Zugang zu den Leistungen gehabt hätten. Man arbeite noch an den Parametern, und das sei nicht so leicht, wie die Opposition es darstelle.
LR Philipp Achammer wunderte sich, wie die Erstellung dieses Hilfspakets als Leichtigkeit hingestellt werde – es sei ein zusätzliches Wirtschaftspaket. Man wolle dort eingreifen, wo die Einbußen am höchsten seien. Die Wirtschaftshilfe bestehe in Beiträgen für Kleinbetriebe mit Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent und in einer Deckung der Fixkosten bis zu 100.000 Euro für größere Betriebe. Man sei nicht imstande, sämtliche Einbrüche zu ersetzen. Man werde auch die Sicherung von Arbeitsplätzen, wenn auch nicht aller, zum Kriterium machen. Treffsicherheit und Geschwindigkeit gingen nicht gleichzeitig. Eine Bearbeitungszeit müsse auch online in Kauf genommen werden. Um die Liquidität schneller zu gewährleisten wolle man Vorschüsse durch die Banken ermöglichen. Zur Höhe des Hilfspakets meinte Achammer, man müsse am Ende zusammenrechnen, was von Staat und Land komme. Eine generelle Öffnung sei derzeit noch nicht möglich, es sei Populismus, wenn man die Vorsichtsmaßnahmen als sinnlos hinstelle. Man werde übrigens auch weitere Unterstützung für die Kultur bieten.
Der Tourismus sei ein Sektor, der wesentlich für den Aufschwung in Südtirol verantwortlich sei, meinte LR Arnold Schuler, und dieser leide derzeit auch unter großen Unsicherheiten, denn weder die Pandemieentwicklung noch die Entscheidungen anderer Länder zur Reisefreiheit seien abzusehen. Südtirol habe doppelt so viele Nächtigungen wie Sardinien oder Apulien, daher sei es auch nicht zu verwundern, dass Südtirol wirtschaftlich besonders getroffen worden sei. Der Staat habe für diesen Sektor bisher wenig getan, daher müsse das Land hier tätig werden. Man werde sehen, was die Regierung Draghi in diesem Sinne unternehmen werde. Für das Fixkostenmodell brauche es noch etwas zum Aufbau der digitalen Plattform, mit den Vorschüssen der Banken schaffe man etwas Luft. Schuler dankte LH Kompatscher für seinen Einsatz bei den Finanzverhandlungen mit Rom, aber jetzt hänge alles von der Abstimmung im Landtag ab.
LH Arno Kompatscher ging auf die einzelnen Einwände im Laufe der Debatte ein. Das Mailänder Abkommen und der Sicherungspakt hätten Gesetzeskraft und seien auch durch einen Notenwechsel zwischen Italien und Österreich gedeckt, erklärte er Urzì, für jede Änderung brauche es ein Einvernehmen mit dem Land. Urzì behaupte, der Staat zweifle das Guthaben zugunsten des Landes an, dafür gebe es keinen Hinweis. Ein Gesetz des Staates lege auch fest, dass die 60 Mio., die Monti uns zu viel abgenommen habe, zurückzuzahlen seien – auch diese würden in den Haushalt eingeschrieben. Auch beim Gefängnis habe der Staat gesagt, dass ihm momentan das Geld fehle, aber das ändere nichts daran, dass Südtirol das Geld zustehe und dass es dieses in den Haushalt schreiben könne. Der andere Weg, die Stundung des jährlichen Beitrags an den Staatshaushalt, sei durch die Regierungskrise unterbrochen worden, aber man sei auf einem guten Weg, auch weil dies dem Staat nichts koste. Es komme oft vor, dass der Staat seine Schulden nicht in seinen Haushalt schreibe, daher habe man diese Operation früher auch nicht machen können. Diese 500 Mio. seien rechtlich gedeckt; sollte dennoch eine Anfechtung kommen, sei er im Lichte der jüngsten Verfassungsurteile zuversichtlich. In den 500 Mio. seien die Stundungen nicht enthalten, diese kämen noch dazu. Momentan verschulde man sich nicht, mit der Stundung der Beiträge an den Staat schon. Dieses Geld sei natürlich zurückzuzahlen, aber es werde auch wieder Phasen geben, in denen der Landeshaushalt dies leisten könne. Die EU habe eine Zusatzlieferung von Impfstoffen genehmigt, die für Schwaz, Teile Bayerns, einige französische Regionen und auch Südtirol gedacht seien. Die SPID sei etwas umständlich zu erhalten, eröffne dann aber die Tür für die unbürokratische Inanspruchnahme von vielen Diensten. Heute habe der Staat die Kriterien für die Farbeinstufung der Regionen geändert, aber noch sei nicht klar, wie Südtirol eingestuft werde. Eine Kompensation von Schulden und Guthaben gegenüber dem Staat, wie von Leiter Reber gefordert, sei nicht möglich. Kompatscher betonte auch, dass man beim Hilfspaket nachbessern werde, falls manche Kategorien nicht berücksichtigt würden. Vergleiche mit anderen Staaten seien nicht sinnvoll, auch der Vergleich mit Tirol hinke, wenn man wisse, dass dort die großen Beiträge vom Staat kämen. Das Land wolle ergänzende Unterstützung bieten, könne aber nicht alle Schäden wieder gutmachen.
Die Arbeiten werden um 19:40 Uhr fortgesetzt.