Nur eine Sprache? - ein Kommentar

Kein Deutsch, kein Italienisch, keine Ärzte

Donnerstag, 09. Mai 2019 | 09:29 Uhr

Bozen – Die Polemiken um die Sprache in den hiesigen Krankenhäusern sind so alt, wie das Südtiroler Gesundheitswesen selbst. Der nie ganz verstummte Streit erfährt durch eine angebliche „polizeiliche Kontrolljagd auf deutsche Ärzte in Südtirol“ neuen Auftrieb. Es war aber nur eine Frage der Zeit bis Rom nach jahrelanger Kritik über die mangelnden Deutschkenntnisse vieler italienischer Ärzte den Spieß umdrehen und die aus dem deutschsprachigen Ausland stammenden Mediziner näher in Augenschein nehmen würde.

Genau betrachtet dienen diese Streitereien – bei aller Notwendigkeit, dass die Ärzte genauso wie das gesamte Krankenhauspersonal beider Landessprachen mächtig sein sollen – nur dazu, hie wie dort die Köpfe zum Glühen zu bringen. Das eigentliche Problem liegt viel tiefer. Der Ärztemangel ist ein Fakt. Mediziner, Krankenpfleger und Medizintechniker sind europaweit gesucht. Angesichts der Alterung aller europäischen Gesellschaften, der langen Ausbildungszeiten und der immer geringeren Anzahl von jungen Leuten wird das auch noch lange so bleiben.

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Südtirol steht genauso wie alle anderen europäischen Regionen im Wettbewerb um die „besten Köpfe“ und um alle Fachkräfte, die gemeinsam erst dafür sorgen, ein Krankenhaus am Laufen zu halten. Aus demselben Grund sind auch im Ausland die Absolventen der heimischen Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana sehr gefragt.

In diesem Sinne ist es wichtig, Arbeitsplätze möglichst attraktiv zu gestalten. Wie die auch von vielen Krankenhausangestellten besuchte Demonstration gezeigt hat, ist das Gehalt dabei ein wichtiger Aspekt. Will Südtirol aber im Rennen um die „Weißschürzen“ gute Karten haben, muss bei allen „ethnischen Schmerzen“ das Fachwissen weit vor der Sprachgewandtheit kommen.

Ansonsten könnte dem Landl schlicht das Krankenhauspersonal ausgehen. Wer – gleich ob Deutsch oder Italienisch – die Sprache zur allerhöchsten Maxime erhebt, könnte in der Zukunft ohne Ärzte und Pfleger dastehen. Wollen das auch die, die auf Ärzte, die nur eine Sprache sprechen, mit dem Finger zeigen?

Von: ka

Bezirk: Bozen