Von: mk
Bozen – Heute ist im Südtiroler Landtag der Misstrauensantrag gegen den Landtagspräsidenten (eingebracht vom Abg. Köllensperger und anderen Abgeordneten am 9.11.2017) behandelt worden. Der Antrag ist von 15 Abgeordneten der Opposition unterzeichnet. Als Grund wurde angegeben, dass Präsident Bizzo nicht die beantragte Untersuchungskommission zur Sparkasse eingesetzt hat. Präsident Roberto Bizzo übergab vor Beginn der Debatte den Vorsitz an Vizepräsident Thomas Widmann.
Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) betonte, dass es hier nicht so sehr um den Untersuchungsausschuss gehe, sondern um die Interpretation der Geschäftsordnung durch den Präsidenten. Dieser habe keine Befugnis, die Einrichtung eines solchen Ausschusses abzulehnen, der alle Themen zum Gegenstand haben könne, die für den Landtag von Interesse sind. Zumindest die Stiftung Sparkasse sei eine Institution von öffentlichem Interesse. Hier dürfe kein Präzedenzfall geschaffen werden, sonst könnte ein Präsident in Zukunft jede Untersuchungskommission nach Gutdünken ablehnen. Köllensperger verwies auf die Untersuchungskommission, die der Regionalrat Venetiens zu den Banken eingesetzt habe. Auch die Region Toskana habe eine solche Kommission für zulässig erachtet. Eine solche Kommission habe keine Polizeibefugnis, aber sie sei nützlich, um die Bürger aufzuklären. Der Präsident habe nicht die Befugnis, die Oppositionsrechte einzuschränken.
Der Präsident habe die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzuberufen, wenn mindestens neun Abgeordnete dies beantragten, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). Das sei in der Vergangenheit immer so geschehen. Der Ausschuss habe dann zu sehen, wo und wie er Nachforschungen anstellen könne. Der Misstrauensantrag sei die einzige Möglichkeit, um sich gegen diese Vorgangsweise zu wehren, er habe keinen Hintergedanken. Der Präsident sei der oberste Hüter der Geschäftsordnung. Wenn er sich nicht daran halte, sei er fehl am Platz. Vorher habe sich Bizzo übrigens immer korrekt verhalten.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) wies ebenfalls persönliche Gründe von sich. Eigentlich hätte die SVP Bizzo absetzen müssen, als er sich in der Sechserkommission nicht an den Toponomastikkompromiss gehalten habe. Er verstehe die ablehnende Haltung der SVP gegenüber der Untersuchungskommission nicht; wer nichts angestellt habe, habe auch nichts zu befürchten. Angesichts Monte Paschi und anderer Fälle gäbe es aber genug zu untersuchen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) betonte, der Antrag richte sich nicht gegen Bizzos Amtsführung im Allgemeinen. Er habe aber mehrmals die Einrichtung dieses Untersuchungsausschusses abgelehnt, obwohl man ihm Bedenkzeit eingeräumt habe. Über Untersuchungsausschüsse könne man geteilter Meinung sein, viele hätten nicht das Erhoffte gebracht, manche seien auch frühzeitig geschlossen worden. Aber das müsse der Ausschuss selber abwägen. Ob der Untersuchungsgegenstand ein legitimes Thema für den Ausschuss sei, sei nirgends festgelegt, der Präsident könne jedenfalls nicht darüber richten. Ein Untersuchungsausschuss sei ein Instrument der Kontrolle und damit hauptsächlich ein Instrument der Opposition, und laut Geschäftsordnung müsse er auf Antrag eingerichtet werden. Sobald er eingesetzt sei, gelte wieder das normale Kräfteverhältnis zwischen Mehrheit und Opposition. Die Mehrheit könne den Ausschuss dann auch wieder schließen. Dello Sbarba forderte Bizzo auf, während dieser Debatte noch zu erklären, dass er morgen den Ausschuss einsetzen wird – ansonsten werde er für den Misstrauensantrag stimmen.
Die Opposition könne nicht anders, als dem Präsidenten das Misstrauen auszusprechen, meinte Andreas Pöder (BürgerUnion), ein Untersuchungsausschuss sei ein Recht der Opposition. Der Präsident könne hier laut Geschäftsordnung nicht abwägen, auch weil er nicht zwangsweise der Opposition angehören müsse. Er dürfe auch nicht prüfen, ob das Untersuchungsthema zulässig sei. Auch wenn es um den Meeresspiegel ginge, müsste er den Ausschuss einsetzen. Bizzo lasse sich von der SVP vor einen Karren spannen. Diese habe vor irgendetwas Angst, auch wenn die derzeitige Landesregierung nichts mit den Vorfällen zu tun habe. Ansonsten ließe es nicht erklären, warum sie ein so klares Oppositionsrecht mit Füßen tritt. Seine Skepsis könne Bizzo ja in einem Begleitschreiben zur Einsetzung des Ausschusses anmerken. Dieses Verhalten entspreche jedenfalls nicht Bizzos Art.
Die Kontrolle sei ein zentrales Instrument der Demokratie, meinte Hans Heiss (Grüne), und zu den Kontrollinstrumenten gehöre auch ein Untersuchungsausschuss. Er erinnerte an den Milkon-Gastrofresh-Ausschuss, bei dem vieles aufgeklärt werden konnte, an den SEL-Ausschuss, der Zusammenhänge aufhellen konnte, die auch in der Öffentlichkeit großen Niederschlag gefunden hätten. Dadurch sei in der Bevölkerung eine gewisse politische Kultur entstanden, die Leute hätten verstanden, dass die Sache sie etwas angehe. Andere Ausschüsse seien mühsamer gewesen, aber auch sie hätten ihre Ergebnisse erbracht. Er und Foppa hätten den Antrag auf Einsetzung des Ausschusses nicht mitunterzeichnet, aber nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern um einen gewissen Druck dahinter aufzuzeigen. Dass ein Ausschuss, der von der gesamten Opposition gewünscht werde, nicht eingesetzt werde, sei skandalös, denn es gehe um ein Recht der Opposition, das auch der Präsident nicht in Zweifel ziehen dürfe. Diesen Versuch, Rechte einzuschränken, könne man nicht annehmen, daher das Misstrauen.
Die verweigerte Einsetzung lege den Eindruck nahe, man habe etwas zu verbergen, mutmaßte Elena Artioli (Team Autonomie). Wenn ein Präsident nicht über den Parteien stehe, komme das Vertrauen abhanden.
Roberto Bizzo, der von den Abgeordnetenbänken aus Stellung nahm, erklärte, er habe sich sowohl mit der Frage der Legitimität wie auch der politischen Bedeutung des Ausschusses befasst. Seiner persönlichen Meinung nach wäre die Einsetzung des Ausschusses nicht rechtens gewesen. Aber um sich zu vergewissern, habe er ein Rechtsgutachten angefordert, auch um die Abgeordneten abzusichern. Er hätte sich die Hände waschen und darauf warten können, dass der Ausschuss selbst zur Erkenntnis kommt, dass ihm in der Frage die Zuständigkeit fehlt. Ein Untersuchungsausschuss könne sich mit Fragen befassen, die in die Zuständigkeit des Landes fielen, das besage auch ein Urteil des Verfassungsgerichts. Das sei bei den Banken nicht der Fall, nur eine Parlamentskommission könnte sich damit befassen, und eine Landtagskommission könne sich nicht deren Zuständigkeiten aneignen. Die Durchführungsbestimmung von 1977, die Bestimmungen zu den regionalen und lokalen Banken enthalte, halte ausdrücklich fest, dass die Aufsichtsfunktion der Notenbank zustehe. Nach den Reformen von 1993 und 1998 seien die Banken reine Privatunternehmen und würden gar nicht mehr in die Zuständigkeit des Landes fallen. Wenn das Plenum ihm das Vertrauen ausspreche, dann werde er Prof. Caia mit einem dementsprechenden Gutachten beauftragen. Andernfalls müsse ein anderer Präsident weitermachen.
Auf Antrag von Köllensperger wurde geheim über den Antrag abgestimmt. Für den Antrag stimmten 15 Abgeordnete, 17 dagegen. Stimmzettel blieben weiß. Der Misstrauensantrag wurde damit abgelehnt.