Wütende Proteste in Athen gegen die EU-Flüchtlingspolitik

Nach Bootsunglück mit Hunderten Toten beginnt Aufarbeitung

Sonntag, 18. Juni 2023 | 19:26 Uhr

Nach dem Schiffsunglück im Mittelmeer mit mehreren Hundert ertrunkenen Flüchtlingen aus Afrika läuft jetzt die Suche nach den Schuldigen. Die griechischen Behörden baten am Wochenende die europäische Polizeibehörde Europol um Hilfe bei den Ermittlungen. Neun mutmaßliche Schleuser, die an Bord des untergegangenen Kutters waren, gerettet und dann festgenommen wurden, sollen einer großen Bande angehören. Die Fahnder wollen jetzt die Hintermänner des Schleuserrings ermitteln.

Die Küstenwache setzte sich gegen Vorwürfe zur Wehr, bei ihrem Einsatz am Mittwoch den Tod der bis zu 700 Menschen an Bord des Schiffes in Kauf genommen zu haben. Angeblich bot ein Patrouillenboot Hilfe an – was von den Menschen an Bord des Kutters aber abgelehnt worden sei. Zudem müssen die 78 geborgenen Todesopfer identifiziert und die 104 Überlebenden registriert werden. An der Unglücksstelle wurde weiter gesucht – ohne Erfolg. Hoffnung, jetzt noch Überlebende zu finden, gibt es keine mehr.

Die Katastrophe vor Griechenlands Küste löste international Entsetzen aus. Papst Franziskus sagte am Sonntag in Rom, mit “großer Trauer und viel Schmerz” habe er davon erfahren. Er mahnte, “alles Mögliche zu tun, damit solche Tragödien sich nicht wiederholen”. Gemeinsam mit der italienischen Polizei und der europäischen Polizeibehörde Europol wollen die Griechen nun die Drahtzieher der Schleuserbande ermitteln. Nach dem Unglück wurden neun Ägypter zwischen 20 und 40 Jahren festgenommen, die zu den Überlebenden gehören.

Die Bande soll in den vergangenen Monaten bis zu 18 Fahrten übers Mittelmeer aus Libyen nach Italien organisiert haben. Einer der Männer habe zugegeben, Geld dafür erhalten zu haben, um während der Reise Arbeiten am Schiff vorzunehmen, berichteten griechische Medien. Die anderen Männer sollen bisher alle Vorwürfe abstreiten. Von vielen Seiten gab es Vorwürfe, dass die Küstenwache nach Entdeckung des Kutters nicht eingeschritten sei. Einige Medien zitierten Überlebende, die Küstenwache habe den Untergang sogar erst verursacht, indem sie das Boot Richtung Italien habe schleppen wollen.

Am Sonntag veröffentlichte die griechische Zeitung “Kathimerini” das Protokoll eines Berichts, den der Kommandant des Patrouillenboots 920 seinen Vorgesetzten gegeben habe. Demzufolge bot der Kapitän dem völlig überfüllten Fischkutter etwa zwei Stunden vor dem Unglück Hilfe an – was von dort aber abgelehnt worden sei.

“Wir näherten uns dem Schiff, um seinen Zustand und den der Passagiere zu überprüfen und erneut Hilfe anzubieten”, zitierte die Zeitung den Kapitäns, dessen Name nicht veröffentlicht wurde. Dann hätten die Beamten am Bug des Schiffs ein Seil befestigt. Von Bord seien jedoch Rufe wie “No Help” und “Go Italy” zu hören gewesen – man brauche keine Hilfe, Ziel sei Italien. “Trotz wiederholter Appelle, ob sie Hilfe brauchten, ignorierten sie uns und machten gegen 23.57 Uhr das Seil los.”

Das Patrouillenboot habe das Boot dann im Abstand von 200 Metern begleitet, gab der Kapitän an. Um 1.40 Uhr habe der Kutter erneut angehalten. Dann habe sich das Boot langsam geneigt. Unter den Passagieren habe es Aufruhr gegeben, auch Schreie seien zu hören gewesen. Innerhalb einer Minute sei das Boot dann jedoch gekentert. Das Mittelmeer ist an dieser Stelle etwa 5000 Meter tief.

Von: APA/dpa

Kommentare
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Holz Michl
Holz Michl
Superredner
3 Monate 3 Tage

Die schuldigen dürften schnell gefunden sein!!! Würde mann die Schiffe gar nicht erst ablegen lassen würde es solche Unhlücke auch nicht geben

OrtlerNord
OrtlerNord
Universalgelehrter
3 Monate 3 Tage

Holzkopf…..
Wie willst du das ablegen verhindern wenn die Anlegestelle in einer einsamen Bucht ist?

genau
genau
Kinig
3 Monate 3 Tage

“Von Bord seien jedoch Rufe wie “No Help” und “Go Italy” zu hören gewesen – man brauche keine Hilfe, Ziel sei Italien.”

Diskussion überflüssig.
Wenn man wirklich vor einer Gefahr flüchtet ist man nicht auch noch bei der gew8nschten Destination wählerisch!😄

Holz Michl
Holz Michl
Superredner
3 Monate 3 Tage

@OrtlerNord den Artikel lesen soll helfen!!! Da steht:,, die Bande soll in den letzten Monaten bis zu 18 fahrten organiesiert haben,,. Und nun willst du mir erklären das es ein Problem sei solche Leute ausfindig zu machen und deren Schiffe zu beschlagnahmen??

Staenkerer
3 Monate 3 Tage

a olter seelenverkäufer (so betiteln nit zu unrecht de matrosn de olten kübel) den leibmehr der rost zummholte ober nit ungebotene hilfe unnemmen! nor braucht man nit der EU de schuld gebn!

Neumi
Neumi
Kinig
3 Monate 3 Tage
@genau und genau das “Diskussion überflüssig” ist das Problem. Es spricht nämlich einiges dafür, dass dieser Kapitän lügt wie gedruckt. Und damit meine ich noch nicht mal, dass Überlebende gesagt haben, er hätte mit dem Seil versucht, das Schiff zum Kentern zu bringen. Das halte ich für Unsinn, bestenfalls eine Falschauslegung. Aber laut orf.at hat sich das Schiff dank kaputten Motors sieben Stunden lang nicht bewegt. Ein Öltanker brachte Lebensmittel und 7 Stunden später sank es genau an der Stelle, die Rettungsschiffe fuhren genau dort hin. Und das widerspricht der Aussage des Kapitäns komplett. Der hatte gemeint, das Boot begleitet… Weiterlesen »
Neumi
Neumi
Kinig
3 Monate 2 Tage

Dann muss man nur noch die Schuldigen dafür finden, dass es einen Bedarf an ablegenden Schiffen gibt.

Tim
Tim
Grünschnabel
3 Monate 3 Tage

Die wollten auf keinen Fall nach GR gerettet werden, weil sie dort registriert werden und ins normale Asylverfahren samt Aufnahmlager kommen. In Italien läuft das dagegen ziemlich locker ab. Sie können einfach ihrer Wege gehen. Siehe Milano Centrale usw

Doolin
Doolin
Kinig
3 Monate 3 Tage

…no help, go Italy…

ischJOwurscht
3 Monate 3 Tage

Wenn diese illegalen Schiffe nicht ablegen würden, gäbe es exakt null Tote!
Also wer hat hier die Schuld?
Mit Ausnahme der Kinder die an Bord waren (Kinder???), haben die Erwachsenen zu 100% selbst schuld.

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