Nehammer lud zu Sitzung ins Bundeskanzleramt

Nationaler Sicherheitsrat tagte zu Russland-Ereignissen

Dienstag, 27. Juni 2023 | 22:58 Uhr

Angesichts des Söldner-Aufstands in Russland vom vergangenen Wochenende hat am Dienstagabend im Wiener Bundeskanzleramt der Nationale Sicherheitsrat getagt. Die Beratungen zum Thema “Aktuelle Entwicklungen in Russland und deren Auswirkungen” auf Einladung von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) seien vertraulich, weshalb die Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden habe, teilte eine Regierungssprecherin der APA im Vorfeld mit.

Unmittelbar vor dem Treffen sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in einem Pressestatement: “Wir haben ein Risikobild, wir haben ein neues Streitkräfteprofil, und die beste Sicherheitsgarantie ist die Ausstattung des österreichischen Bundesheeres.” Die Welt sei unsicherer geworden, “und gerade die letzten Tage haben gezeigt, dass in Russland die Situation eine instabile ist.” Die Lage verändere sich stündlich, “darum ist es umso wichtiger, dass wir diese umso intensiver beobachten. Das machen unsere Dienste perfekt.” Das Bundesheer “zu einer modernen Armee” zu formen, sei also umso wichtiger, sagte sie und verwies dabei auf den Aufbauplan 2032. Das österreichische Bundesheer sei ein wesentlicher Teil der Sicherheitspolitik.

Der neue SPÖ-Chef Andreas Babler kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung als nicht “professionell”. Nun sei er aber “froh”, endlich zusammenzukommen. Es sei wichtig, die Opposition einzubinden und mit einer Stimme zu sprechen. Babler hatte die Einberufung des Sicherheitsrates am Wochenende öffentlich verlangt.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl meinte vor dem Gremium: “Man muss überhaupt erst ein einheitliches Bild der Lage bekommen.” Dann könne man feststellen, ob es sich aktuell um eine ernsthafte Bedrohungslage handle.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellte klar, dass es sich um einen “Informationssicherheitsrat, weniger einen Beschlusssicherheitsrat” handle. Es gelte, die Informationen in die “parlamentarische Breite” zu streuen. Den Kritikern konterte er, dass die Regierung die Lage “selbstverständlich” im Griff habe. Außerdem wiederholte er seine Aussage, die aktuellen Ereignisse untermauerten den Plan, die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu beenden. “Das wird schwierig genug: Wir wissen, was die Vorgängerregierungen hier veranstaltet haben.”

Es handelte sich um die 60. Zusammenkunft des Gremiums. Dem Sicherheitsrat gehören neben Nehammer, Kogler und Tanner, Außenminister Alexander Schallenberg, Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) sowie Vertreter der im Hauptausschuss vertretenen Parlamentsparteien an. Die SPÖ hatte nach dem Vormarsch der Söldnertruppe Wagner auf Moskau am Samstag die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrats gefordert.

Nehammer hatte sich am Samstag besorgt gezeigt. “Die Vorgänge in der Russischen Föderation sind immer von größter strategischer Bedeutung, weil Russland biologische, chemische und nukleare Waffen besitzt”, sagte er am Rande des “Europaforums” Göttweig. “Atomwaffen dürfen nicht in die falschen Hände gelangen.”

Am Sonntag hatte das “Krisenkabinett” der Regierung im Verteidigungsministerium getagt. Im Anschluss wurde mitgeteilt, dass das Außenministerium eine partielle Reisewarnung für die an die Ukraine angrenzenden Verwaltungsgebiete (Belgorod, Kursk, Brjansk, Woronesch, Rostow, Krasnodar) ausgegeben und das Innenministerium Schutzmaßnahmen für bestimmte Einrichtungen erhöht habe. “Wir werden nicht zulassen, dass ein innerer russischer Konflikt auch auf österreichischem Boden ausgetragen wird”, sagte Nehammer.

Am Montag erläuterte Karner, dass unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorgänge durch die Wagnertruppe der Staatsschutz reagiert habe. Es seien “Aufträge erteilt” worden, “den Polizeieinsatz in Teilbereichen auch zu erhöhen”, erklärte der Innenminister. Aus polizeitaktischen Gründen wolle er “nicht sagen, wo”, doch gehe es um “Gebäude oder Personen, die hier in Gefahr sein könnten”. Man komme “sehr konsequent” der Aufgabe nach, die Sicherheit von Österreicherinnen und Österreichern “und der hier lebenden Menschen” zu gewährleisten.

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin war in der Nacht auf Samstag mit seinen in der Ukraine kämpfenden Söldnern in Russland einmarschiert. Die Truppe kam bis rund 200 Kilometer vor Moskau. Verhandlungen unter Vermittlung des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko stoppten den Vormarsch am Samstagabend, die Wagner-Truppe verließ die zuvor von ihr eingenommene südrussische Millionenstadt Rostow am Don. Die Rebellion hat nach den Worten von Präsident Wladimir Putin die Existenz Russlands bedroht. Prigoschin und seinen Kämpfern war Exil in Belarus und Straffreiheit zugesichert worden. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko sagte am Dienstagnachmittag, dass Prigoschin bereits nach Belarus gekommen sei.

Von: apa