Von: APA/dpa/AFP
In Thailand ist die Tochter des ehemaligen Regierungschefs Thaksin Shinawatra, Paetongtarn Shinawatra, zur neuen Ministerpräsidentin gewählt worden. Das Parlament stimmte am Freitag in einem im Fernsehen übertragenen Votum mit 349 Stimmen bei 145 Gegenstimmen mehrheitlich für die 37-Jährige. Damit steht zum dritten Mal ein Mitglied der einflussreichen Milliardärsfamilie an der Spitze der Regierung – und zudem die jüngste Regierungschefin in der Geschichte des Königreichs.
Die Wahl kommt nur zwei Tage nach der Absetzung von Premier Srettha Thavisin durch das Verfassungsgericht. Paetongtarn ist ein Sprössling des bekannten Shinawatra-Clans: Sie ist die Tochter des Milliardärs und früheren Regierungschefs Thaksin und die Nichte der früheren Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra. Beide wurden durch Militärcoups entmachtet und gingen ins Exil. Im stark polarisierten Königreich hat die Familie aber weiterhin viele Anhänger. Erst im August vergangenen Jahres war Thaksin nach Thailand zurückgekehrt. Im Juni wurde er wegen Majestätsbeleidigung angeklagt.
Paetongtarn, die unter anderem in Großbritannien studierte, galt schon bei der Parlamentswahl 2023 bereits als neuer Stern am thailändischen Politik-Himmel und absolvierte den Wahlkampf damals sogar hochschwanger. Nächste Woche feiert sie ihren 38. Geburtstag. Die Regierungskoalition, die im Parlament über eine komfortable Mehrheit verfügt, hatte Paetongtarn am Donnerstag als einzige Kandidatin aufgestellt. Die Nominierung kam überraschend, nachdem zuvor der ehemalige Justizminister Chaikasem Nitisiri (75) als Spitzenkandidat gehandelt wurde. Es gab aber Spekulationen, dass der Politiker nicht bei bester Gesundheit sei. Vorausgegangen war Berichten zufolge ein Treffen der Parteispitzen im Anwesen der Shinawatras in Bangkok.
Die neue Regierungschefin erklärte, sie sei “geehrt und glücklich” über ihre Wahl. “Ich hoffe wirklich, dass ich den Menschen ein Gefühl der Zuversicht vermitteln kann”, sagte Paetongtarn am Freitag. “Ich hoffe, dass ich die Lebensqualität verbessern und alle Thailänder stärken kann.”
Ihrem Vorgänger Srettha war vorgeworfen worden, mit der Ernennung eines vorbestraften Politikers zum Minister gegen allgemeine ethische Grundsätze verstoßen zu haben. Durch das Gerichtsurteil wurde nicht nur er, sondern auch sein gesamtes Kabinett entlassen.
Die thailändische Politik hat zwei Jahrzehnte chronischer Instabilität hinter sich, in der es immer wieder zu Putschen, Straßenprotesten und folgenreichen Gerichtsbeschlüssen kam. Dafür verantwortlich ist auch der seit Langem andauernde Kampf des Militärs und des königstreuen Establishments gegen die progressiven Parteien des Landes. Erst in der vergangenen Woche hatte das Verfassungsgericht auf Druck konservativer Kräfte die Auflösung der progressiven Move-Forward-Partei (MFP) angeordnet – des eigentlichen Gewinners der Parlamentswahl vom Mai 2023.