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Peinlich berührt

Dienstag, 06. August 2024 | 01:07 Uhr

Von: mk

Bozen/Rom – Eine neue Briefmarke für Giovanni Gentile hat in Südtirol eine Welle der Empörung ausgelöst. Neben Landeshauptmann Arno Kompatscher und mehreren SVP-Exponenten äußerten sich auch die Freiheitlichen, die Süd-Tiroler Freiheit und die Schützen kritisch. Dabei hat die italienische Post bereits im Jahr 1994 eine Briefmarke in Gedenken an Giovanni Gentile herausgegeben.

Schon zu Lebzeiten und auch nach seinem Tod gingen die Einschätzungen des umstrittenen Philosophen weit auseinander. Er wird sowohl als Hegelianer und Idealist als auch als radikaler, amoralischer Aktionist bezeichnet.

Kritiker betrachten seine Ideen als Philosophie des Faschismus, die ihren Ausdruck in mehreren Büchern fand. Andere meinen, der Aktualismus könne auch den Kommunismus begründen. Seine Anhänger leugnen von jeher eine Verbindung zwischen der Philosophie und dem politischen Handeln Gentiles.

In Italien spielt Gentile bis heute eine Rolle, da er eine Vielzahl einflussreicher Schüler hatte und von rechtsextremen Parteien auch weiterhin hochgehalten wird.

Für Südtirol ist er aus einem traurigen Grund von Bedeutung: Während seiner Zeit als Bildungsminister in den 1920-er Jahren hat er die deutschen Schulen in Südtirol verboten. Diesmal wurde die Briefmarke vom Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Made in Italy in Auftrag gegeben, für das derzeit FdI-Vertreter Adolfo Urso als Minister zuständig ist.

Wie SVP-Obmann Dieter Steger erklärt, ist die Aufarbeitung des Faschismus in Italien „mehr als dürftig“. Doch die Briefmarke wird schon seit vier Monaten verkauft und die Post hat bereits im Jahr 1994 eine Briefmarke in Gedenken an Giovanni Gentile herausgegeben. Warum sich die SVP ausgerechnet jetzt darüber beschwert, bleibt ein Rätsel. Ist man peinlich berührt, weil aus gerechnet jene Partei für die Briefmarke Verantwortung trägt, mit der die SVP im Land eine Koalition eingegangen ist?

Bezirk: Bozen

Kommentare

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5 Kommentare auf "Peinlich berührt"


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Doolin
Doolin
Kinig
1 Monat 8 Tage

…ach Steger, die Aufarbeitung des Faschismus ist in Italien so dürftig wie eure Regierungkoalition mit deren Exponenten…zum Schamen euer Getue…

krokodilstraene
1 Monat 8 Tage

Der Kompatscher hat gemeint “ja, was soll ich jetzt tun?”…

Manche Sachen sollte man sich vorher besser überlegen!!!
Aber als es ihm “alle” gesagt haben, hat er nicht hören wollen…

Wer nicht hören will, muss fühlen – das lernt jedes kleine Kind!

Neumi
Neumi
Kinig
1 Monat 8 Tage

Das klingt ja ganz danach, als ob die Briefmarke durch die SVP Koalition entstanden ist.
Man möcht nicht meinen, wie sich so eine kleine Koalition auf die Entscheidungen des Staates und der Poste aus wirken.

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 8 Tage

Der Umbau des Staates schreitet voran. Dem Faschismus wurde mit Meloni ne neue Farbe verliehen, auf Hochglanz poliert und damit den Wählern als was Neues verkauft. Darunter steckt immer noch die Farbe der Schwarzhemden.
Der Hauptgrund für ihre Stärke, Migration, Flüchtlinge und der abgehängte Süden Italiens. Ob schwarz oder braun wie in Deutschland, es wiederholt sich, Schuldige werden gesucht. Damals waren es die Juden, heute die Flüchtlinge.
Jeder der sich heute abwertend gegen Migranten und Flüchtling äußert, sollte sich fragen wen er da unterstützt und nicht mit brillen Ausreden eine Legitimation für seine Dummheit suchen!

Unioner
Unioner
Superredner
1 Monat 8 Tage

Italien und Faschismus gehören scheinbar zusammen. Ich denke da braucht es in der Schule mehr Aufklärung. Allerdings bezweifle ich das noch viele Leute Briefmarken benutzen und noch weniger wissen wer der Mensch darauf ist.

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