Diverse Themen im Landtag

Periphere Krankenhäuser, Impfpflicht und Krankenhaustermine

Mittwoch, 17. Januar 2018 | 12:50 Uhr

Von: luk

Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute Anträge von 5 Sterne Bewegung, Team Autonomie, L’Alto Adige nel cuore und Grünen behandelt.

Beschlussantrag Nr. 867/17: Komplexe Strukturen in den Grundversorgungs- Krankenhäusern (eingebracht vom Abg. Köllensperger am 18.12.2017). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, in den Grundversorgungs- Krankenhäusern die heute bestehenden Primariate bis zum nächsten Landesgesundheitsplan also mindestens bis 2020 zu garantieren.

“Gesichert ist zumindest bis auf weiteres, dass die Südtiroler Krankenhaus-Landschaft mit ihren sieben Häusern bestehen bleibt”, bemerkte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). “Doch mit welchen komplexen Strukturen in den Grundversorgungs- Krankenhäusern? Auf Anfrage wird zwar mitgeteilt, dass die kleinen Krankenhäuser mit den definierten Leistungsprofilen weitergeführt werden, aber eine explizite Zusage zum Bestand der einzelnen komplexen Strukturen in den Grundversorgungs- Krankenhäusern fehlt. Auch aus diesem Grund hört man nicht zu Unrecht besorgte Stimmen aus diesen peripheren Spitälern. Deshalb ist eine klare und explizite Aussage seitens der Landesregierung was die Primariate an den Krankenhäusern in Innichen, Sterzing und Schlanders anbelangt, längst überfällig und Ziel dieses Beschlussantrags: einerseits um dem dortigen Personal und den dort lebenden Bürgern die derzeitige Unsicherheit zu nehmen, andererseits um eine gewisse Konstanz und damit verbunden jene Planungssicherheit zu gewährleisten, ohne die eine Suche nach neu anzustellenden Ärzten und eine Ausbildung unserer Jungärzte ein äußerst schwieriges Unterfangen wird.”

Albert Wurzer (SVP) wunderte sich über den Antrag Köllenspergers, der sich bisher eher als Zentralist geäußert habe. Alle wollten die Beibehaltung der Dienste auch in der Peripherie, und er habe der flexiblen Lösung der Landesregierung zugestimmt, die es ermögliche, auch auf epidemiologische Notwendigkeiten einzugehen. Der Antrag hingegen würde eine Situation zementieren.

Wenn man auf eine Visite ein Jahr warten müsse, könne man nicht mehr von einer Dienstleistung sprechen, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Schließung der Geburtenstation in Sterzing werde langfristig zur Schließung des Krankenhauses führen. In einigen Fällen seien die Primariate garantiert, aber nicht besetzt worden. Dem müsse man entgegenarbeiten. 9 von 10 Jungärzten wollten nicht mehr nach Südtirol zurück, weil es für sie zu wenig attraktiv sei. Eine flächendeckende medizinische Versorgung sei auch wichtig, wenn die Peripherie attraktiv bleiben solle. Knoll rief die Landesregierung auf, sich für eine grenzüberschreitende Nutzung der peripheren Krankenhäuser einzusetzen.

Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) sprach sich deutlich für den Erhalt der kleinen Krankenhäuser aus. Die Primariate seien derzeit wesentlich dafür, müssten in Zukunft vielleicht aber überdacht werden. Sie fragte, ob für die Abteilung im peripheren Krankenhaus immer der Primar verantwortlich sei. Ländliche Gebiete könnten nicht mit bestimmten Patientenzahlen aufwarten, daher sollte dies auch nicht das Kriterium sein.

Magdalena Amhof (SVP) schloss sich dem an. Es sei im Gesundheitsplan auch festgehalten, dass alle Krankenhäuser erhalten bleiben. Es werde dementsprechend auch in die drei kleinen Krankenhäuser investiert. Die Sorgen der Bevölkerung und der Mitarbeiter seien da, aber man sollte sie nicht auch noch verstärken. Ein Primariat sei nicht zwingend für den Erhalt eines kleinen Krankenhauses. Aus eigener Erfahrung könne sie sagen, dass die Geburtenabteilung in Brixen seit der Zusammenlegung  mit Sterzing besser funktioniere, so habe man nun zwei Hebammen pro Turnus. Auch die Hebammen aus Sterzing hätten  bestätigt, dass man so besser arbeiten könne.
LR Martha Stocker zeigte sich erfreut, dass die positiven Änderungen auch wahrgenommen werden. Natürlich könne man noch weiter verbessern und neue Dienste ansiedeln, aber das sei schwierig, wenn in ganz Mitteleuropa die Ärzte fehlten. Auch in Österreich würden Primariate mehrere Krankenhäuser zusammengelegt. In Südtirol setze man zudem auf mehr Leistungen in den Sprengeln. Das neue Abkommen mit den Hausärzten erlaube ebenfalls mehr Dienste. Im Wesentlichen gehe es darum, die Leistungen vor Ort zu garantieren. Der internationale Trend gehe in die Richtung, dass man auf Fallzahlen schaue. Diese erreiche auch mit der Zusammenlegung. Die Entscheidung sollte immer nach fachlichen Kriterien erfolgen. Die Zuwendungen für die kleinen Krankenhäuser seien im Verhältnis höher, man habe auch überall die neuesten Geräte. Für Sterzing zum Beispiel sei derzeit eine Reihe von Investitionen vorgesehen. An einer verstärkten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit habe sie großes Interesse, sie werde demnächst mit ihrem Nordtiroler Kollegen wieder darüber sprechen und dann auch mit der neuen Gesundheitsministerin. Mit Graubünden klappe die Zusammenarbeit bereits sehr gut.

Paul Köllensperger sprach sich für fachlich-medizinische Kriterien aus, das könne man aber nicht mit Zentralismus gleichsetzen. Man könne auch periphere Krankenhäuser sinnvoll besetzen. Die Neuro-Reha in Sterzing halte er dagegen nicht für sinnvoll. Mit einer zentralen Vormerkung könne man auch in der Peripherie bessere Fallzahlen erreichen. Sein Antrag ziele auf Planungssicherheit für die nächsten zwei Jahre, danach komme sowieso der neue Gesundheitsplan. Man könne auch Abteilungen weglassen oder dazu tun, aber das sollte klar gesagt werden. Viele Gerüchte gründeten darauf, dass heute klare Aussagen fehlten.

Der Antrag wurde mit zwölf Ja und 17 Nein abgelehnt.

 

Beschlussantrag Nr. 857/17: Kindergärten, Fundraising und öffentliche Verwaltung – Aufnahme aller nicht geimpften Kinder (eingebracht von der Abg. Artioli am 18.12.2017). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, den Familien mit Kindern, die aus irgend einem Grund noch nicht geimpft worden sind, für das Schuljahr 2018/2019 Lösungen anzubieten damit niemand ausgeschlossen wird, und zwar im Einklang mit dem Prinzip der „Herdenimmunität“, das durch eine Umverteilung der in den Landeskindergärten eingeschriebenen Kinder gewährleistet werden kann.

“Laut jüngsten Gesetzesbestimmungen muss das Verhältnis zwischen geimpften und ungeimpften Kindern berücksichtigt werden, um den Schutz der aus Gesundheitsgründen von der Impfpflicht befreiten Kinder zu gewährleisten”, bemerkte Elena Artioli (Team Autonomie). “Es ist auch ein Verfahren vorgesehen, wodurch der Ausschluss der ordnungsgemäß eingeschriebenen Kinder aus den Kindergärten verhindert werden soll. Um einen Ausschluss der nicht geimpften Südtiroler Kinder aus den Kindergärten möglichst auszuschließen, sollten diese Kinder gemäß den geltenden Bestimmungen über ein zentrales Einschreibungsverfahren umverteilt werden, damit die von der wissenschaftlichen Praxis zum Zwecke der Herdenimmunität vorgeschriebenen Verhältnisse eingehalten werden können.”

Für das nächste Schuljahr würden die Einschreibungen wieder nach den geltenden Bestimmungen erfolgen, erklärte LR Florian Mussner. Durch die direkte Übermittlung der Daten würden sich die Impfnachweise erübrigen. Ziel bleibe es, den Besuch des Kindergartens zu ermöglichen, unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen. Mussner plädierte für eine Ablehnung des Antrags.

Das Land gehe laut Gesetz vor, bestätigte LH Arno Kompatscher. Man sei derzeit in der Phase der Aufklärung, das Weitere werde sich zeigen. Er verwies auf die Nordtiroler Lösung, bei der nicht geimpfte Kinder nur im Falle einer Epidemie ausgeschlossen würden.

Elena Artioli bat schließlich um Vertagung.

 

Beschlussantrag Nr. 866/17: Einrichtung eines Recall-Dienstes für vorgemerkte Visiten (eingebracht vom Abg. Urzì am 18.12.2017). Die Landesregierung möge verpflichtet werden, – keine Verwaltungsstrafen für Patienten vorzusehen, die einen vorgemerkten Arzttermin nicht wahrnehmen ohne diesen rechtzeitig abgesagt zu haben, wenn die Wartezeit mehr als 45 Tage beträgt; – die Einrichtung eines Recall-Dienstes durch den Sanitätsbetrieb vorzusehen, um Patienten kontaktieren zu können, die für eine fachärztliche Untersuchung vorgemerkt sind, sie an den Termin zu erinnern und sich gleichzeitig die Wahrnehmung des Termins bestätigen zu lassen.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) meinte, “dass eine Verwaltungsstrafe nur dann vorgesehen werden kann, wenn die angebotene Leistung innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes erfolgt. Lange Wartezeiten bis zu 6 Monaten für eine fachärztliche Untersuchung sind in einer Provinz, die als Vorzeigeland in allen Bereichen gelten möchte, inakzeptabel.”

Sven Knoll (STF) unterstützte die Forderung nach einem Rückrufdienst, der nicht unbedingt Mehrkosten bedeuten müsse. Die erste Forderung könne er nicht unterstützen, da jeder für seine Termine verantwortlich sei und nicht andere Patienten belasten dürfe.

Alessandro Urzì bot an, den ersten Teil des Antrags zurückzuziehen, wenn der zweite angenommen werde.

Ein Recall-Dienst sei teilweise schon eingeführt worden, berichtete LR Martha Stocker. Er werde voll in Betrieb gehen, wenn die einheitliche Vormerkstelle eingerichtet sei, voraussichtlich 2019. Die Verwaltungsstrafen hingegen seien auch als Solidaritätsbeitrag zu sehen.
Der erste Teil des Antrags wurde zurückgezogen, der zweite Teil einstimmig angenommen.

 

Beschlussantrag Nr. 327/15: Bozner Verwaltungsgericht: Öffentliche Ausschreibung der Hälfte der Richterstellen (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Heiss am 16.2.2015). Der Landtag möge seine Vertreter in der Sechserkommission auffordern, das Verfahren zur Ernennung der Bozner Verwaltungsrichter an die demokratischen und universellen Grundsätze der Gewaltenteilung und Transparenz über eine Reform der entsprechenden Durchführungsbestimmung (Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 426 vom 6. April 1984) anzupassen und die Festlegung einzuführen, wonach die vier nicht vom Landtag bestimmten Richterinnen/Richter auf der Grundlage einer Ausschreibung in Südtirol ernannt werden, die mit derselben Durchführungsbestimmung zu regeln ist.
Der Antrag war im März 2015 bereits andiskutiert worden.

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) erinnerte daran, dass allein in Südtirol die Verwaltungsrichter von der Politik ernannt würden, was der Gewaltentrennung nicht dienlich sei. Es könne durchgehen, dass ein Teil von ihnen politisch ernannt werde, da das Bozner Verwaltungsgericht auch über Fragen der Autonomie zu richten habe, aber nicht alle. Im Trentino würden nur 4 von 6 Richtern politisch ernannt, die anderen würden durch öffentlichen Wettbewerb ermittelt.

LH Arno Kompatscher betonte, dass das Statut dem Bozner Verwaltungsgericht auch eine politische Bedeutung gebe. Die Art der Nominierung sei damit auch ein Pfeiler der Autonomie. Die neue Durchführungsbestimmung habe allerdings die Vorauswahl neu geregelt, wobei eine Kommission die fachliche Eignung prüfe.
Der Antrag wurde mit 4 Ja, 17 Nein bei zehn Enthaltungen abgelehnt.

Die Arbeiten werden um 14.30 Uhr wieder aufgenommen.

Bezirk: Bozen