Fernsehbild von der Ansprache der Putschisten in Gabun

Putschisten in Gabun machen General zum Übergangspräsidenten

Mittwoch, 30. August 2023 | 20:06 Uhr

Nach dem Militärputsch in Gabun ist der General Brice Oligui Nguema nach Angaben der Putschisten zum Übergangspräsidenten ernannt worden. Oligui sei “einstimmig zum Präsidenten des Komitees für den Übergang und die Wiederherstellung von Institutionen, zum Übergangspräsidenten” ernannt worden, sagte ein Offizier in Anwesenheit Dutzender hochrangiger Offiziere in einer am Mittwoch im Fernsehsender Gabon 24 verlesenen Erklärung.

Wie lange die Übergangszeit des Militärs an der Macht dauern soll, wurde zunächst nicht bekanntgegeben. Oligui ist der Chef der Republikanischen Garde.

In dem zentralafrikanischen Land war es am Mittwochmorgen zu einem Militärputsch gegen den langjährigen Präsidenten Ali Bongo Ondimba gekommen. Ein Armeeoffizier hatte, flankiert von mehreren Männern in Uniform, auf Gabon 24 verkündet, die umstrittenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende würden annulliert, das “Regime” abgesetzt und “alle Institutionen der Republik” aufgelöst.

Unmittelbar vor der Fernsehansprache hatte die nationale Wahlbehörde Bongo zum Sieger der Wahlen vom Samstag erklärt. Der 64-Jährige erhielt demnach 64,27 Prozent der Wählerstimmen und konnte sich damit eine dritte Amtszeit sichern.

Die Militärs begründeten den Staatsstreich mit der “unverantwortlichen, unvorhersehbaren Regierungsführung” von Präsident Bongo, die zu einem “kontinuierlichen Verfall des sozialen Zusammenhalts” geführt habe, der das Land “ins Chaos” zu stürzen drohe. Sie gaben an, für das “Komitee für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen” zu sprechen. Unter den Putschisten befanden sich Mitglieder der Republikanischen Garde, einer Eliteeinheit des Präsidenten, sowie Soldaten der regulären Armee und Polizisten. Der abgesetzte Präsident rief unterdessen in einem Video seine “Freunde” dazu auf, ihn zu unterstützen und “Krach” zu machen.

In der Hauptstadt Libreville waren kurz nach der Fernsehansprache kurzzeitig Schüsse zu hören. In verschiedenen Vierteln der Hauptstadt und anderer Städte versammelten sich hunderte Menschen, die hupend durch die Straßen fuhren und “Gabun ist befreit!” und “Bongo raus!” riefen. Das Internet war nach mehrtägiger Sperre im Gefolge der Wahlen am Mittwoch wieder zugänglich.

Der Militärputsch ist der jüngste in einer Reihe von Staatsstreichen in Afrika seit 2020. Zuletzt hatte das Militär im Juli im Niger geputscht und den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt. Um die verfassungsgemäße Ordnung wieder herzustellen, hat sich die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS notfalls zu einem militärischen Eingreifen bereit erklärt, setzt aber primär auf eine diplomatische Lösung. Auch in Mali, Guinea, Burkina Faso und im Tschad hatte das Militär zuletzt die Macht übernommen. Das weiter südlich liegende Gabun gehört nicht der 15 Mitglieder umfassenden Staatengruppe an.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Putsch in Gabun. Der Chef der Vereinten Nationen verfolge die Entwicklung in dem zentralafrikanischen Staat sehr genau und nehme die Berichte über schwerwiegende Verstöße gegen die Grundfreiheiten mit großer Besorgnis zur Kenntnis, teilten die UN am Mittwoch mit. Alle beteiligten Akteure müssten Zurückhaltung üben und Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte wahren.in Gabun. Der Chef der Vereinten Nationen verfolge die Entwicklung in dem zentralafrikanischen Staat sehr genau und nehme die Berichte über schwerwiegende Verstöße gegen die Grundfreiheiten mit großer Besorgnis zur Kenntnis, teilten die UN am Mittwoch mit. Alle beteiligten Akteure müssten Zurückhaltung üben und Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte wahren.

Auf die Frage, ob Teile Afrikas vernachlässigt würden und es deshalb vermehrt zu Umsturzversuchen zuletzt auch in der Sahelzone komme, sagte Guterres’ Sprecher Stephane Dujarric: “Wenn man sich die Sahelzone anschaut – ob dort weniger, nicht genügend Engagement und Investitionen seitens der internationalen Gemeinschaft stattgefunden haben -, denke ich, dass die Antwort wahrscheinlich “Ja” lautet.”

Der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki, erklärte in einer Pressemitteilung, dass die kontinentale Organisation die Situation in Gabun mit großer Besorgnis verfolge. Der Putschversuch in der ehemaligen französischen Kolonie an der Atlantikküste stelle einen eklatanten Verstoß gegen die rechtlichen und politischen Grundsätze der AU dar. Faki rief die gabunischen Sicherheitskräfte dazu auf, sich an ihre “republikanische Berufung” zu halten und die Sicherheit des Präsidenten Ali Bongo, seiner Familie sowie seiner Beamten zu gewährleisten.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gab sich angesichts der Nachricht über einen erneuten Putsch in Afrika innerhalb kurzer Zeit besorgt. “Wenn das bestätigt wird, ist das wieder ein Militärputsch, der die Instabilität in der Region verstärken wird”, betonte er am Rande des informellen EU-Verteidigungsministerrates im spanischen Toledo am Mittwoch.u überlegen, was dort passiert und wie wir unsere Politik gegenüber diesen Ländern verbessern können.”

Auch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich verurteilte den Putsch. Paris bekräftige seinen Wunsch, dass die Ergebnisse der Wahlen vom vergangenen Wochenende in Gabun “respektiert werden können, sobald sie bekannt sind”, erklärte Regierungssprecher Olivier Véran am Mittwoch. Die französische Premierministerin Élisabeth Borne sagte, man verfolge die Vorgänge aufmerksam.

Der chinesische Außenamtssprecher Wang Weibin forderte “alle Seiten” in Gabun auf, Konflikte friedlich zu lösen, die Ordnung wiederherzustellen und die Sicherheit von Präsident Bongo zu garantieren. “Zutiefst besorgt” wegen des Staatsstreichs in Gabun zeigte sich auch Russland. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, Russland “verfolgt genau, was dort passiert”.

Bongo hatte 2009 seinen verstorbenen Vater Omar Bongo Ondimba abgelöst, der seinerseits das Land seit 1967 regiert hatte. Eine erste Wiederwahl 2016 hatte Bongo mit einem Vorsprung von nur rund 5.000 Stimmen gegen den Diplomaten und Politiker Jean Ping gewonnen. Ihm wurde auch damals Manipulation vorgeworfen. In der Folge kam es zu schweren Ausschreitungen. Im Jänner 2019 fand während eines längeren Auslandsaufenthalts Bongos nach einem Schlaganfall ein Putschversuch gegen ihn statt, der jedoch umgehend niedergeschlagen wurde.

Der Familie Bongo wird seit langem Korruption vorgeworfen. Sie gilt Berichten zufolge als eine der reichsten Familien der Welt, besitzt eine private Flugzeugflotte, etliche Luxusautos und soll gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International Dutzende Residenzen in Frankreich im Wert von vielen Millionen Euro besitzen.

Von: APA/dpa/AFP/Reuters