"So was darf sich nicht wiederholen"

Spülung des Mühlbacher Stausees mit fatalen Auswirkungen

Donnerstag, 22. August 2019 | 17:05 Uhr

Mühlbach – Das Amt für Jagd und Fischerei hat im Zuge der Spülung erstmalig eine umfangreiche Datensicherung vorgenommen und vor wenigen Tagen die Ergebnisse präsentiert: Sie belegen eindeutig, dass klassische Spülungen für den Jungfischbestand in den darunterliegenden Fließgewässern tödlich sind. Darauf macht der Landesfischereiverband aufmerksam.

Über die Spülung des Mühlbacher Stausees vom 27. Mai bis zum 14. Juni ist in diversen Medien intensiv berichtet worden. Dank der erstmals praktizierten umfangreichen Datensicherung (Trübung, Pegelgang, chemisch-physikalische Parameter sowie fischökologische Erhebungen an zehn Probepunkten zwischen Mühlbach und Bozen), federführend betrieben vom Amt für Jagd und Fischerei, sind die Auswirkungen für die Gewässerlebensräume nun detailliert schwarz auf weiß dokumentiert.

Für Fischbrütlinge, also Jungfische der heurigen Generation, war die Stauseespülung großteils letal: die Äschenbrütlinge wurden komplett vernichtet, d.h. auf keinem der zehn Probepunkte konnte nach der Stauseespülung ein Äschenbrütling nachgewiesen werden. Auch der Forellen-Brütlingsbestand wurde großteils vernichtet – hier ist im Durchschnitt aller Probepunkte ein Ausfall von 85 Prozent zu beklagen. Rechnet man Ergebnisse der einzelnen Probepunkte auf die gesamte betroffene Flussstrecke von Mühlbach bis Bozen hoch (Rienz und Eisack, rund 60 km Länge), muss man von einigen 100.000 verendeten Fischbrütlingen ausgehen – wohlgemerkt von Wildfischen, unter anderem der gefährdeten Marmorierten Forelle.

Angesichts der Tatsache, dass die Behörden für diese Spülung die Auflagen verschärft hatten – an die sich der Betreiber Alperia auch zu 100 Prozent gehalten hat (wie die wichtigsten Kennzahlen der Spülung dokumentieren) – das Ergebnis aber dennoch ähnlich verheerend ist, wie bei vergangenen Spülungen, lässt laut Landesfischereiverband nur eine logische Schlussfolgerung zu: „Die klassischen Stauseespülungen sind nicht nachhaltig durchzuführen und müssen deshalb durch alternative Methoden (Stichwort Saugbagger) ersetzt werden!“ Dabei werden Sedimente über einen längeren Zeitraum (in den Monaten mit relativ hoher Wasserführung der Flüsse), z.B. von Juni bis Oktober, kontinuierlich durch unbemannte Boote (vollautomatisiert) abgepumpt und dem Triebwasser zugeführt (also mitturbiniert). Die “Dosierung” der Wassertrübung kann fein justiert und umweltverträglich gestaltet werden.

Im Zuge der kürzlich erfolgten Präsentation der erhobenen Daten durch das Amt für Jagd und Fischerei hat der Betreiber Alperia zugesichert, umgehend alternative Methoden der Sedimentbewirtschaftung prüfen zu wollen. Gleichzeitig haben das Amt für Gewässerschutz und das Amt für Jagd und Fischerei angekündigt, das sogenannte “Führungsprojekt”, welches die Spülungsmodalitäten regelt, gemeinsam mit dem Betreiber auf alternative Methoden überprüfen und anpassen zu wollen. „Allerdings handelt es sich dabei um erst mündliche, noch wenig konkrete Zusagen“, erklärt Markus Heiss, Präsident vom Landesfischereiverband.

Der LFVS wird versuchen, das Thema demnächst mit Landesrat Giuliano Vettorato, zuständig für Umwelt und Energie, sowie mit dem für die Fischerei zuständigen Landesrat Arnold Schuler zu erörtern, um „verbindliche und glaubwürdige Maßnahmen für die Zukunft“ zu vereinbaren. Erste Gespräche mit beiden Ressorts vor der Spülung seien vielversprechend verlaufen. „Eine derart verheerende Spülung wie dieses Jahr in Mühlbach darf sich nicht wiederholen! Immerhin geht es auch um die Glaubwürdigkeit der (Groß-)Wasserkraft – also zugleich um die Glaubwürdigkeit Alperias und somit der Öffentlichen Hand: Werden Großkraftwerke imstande sein, wirklich nachhaltig zu werden, also ohne klassische Stauseespülungen auszukommen, wirkungsvolle Maßnahmen gegen Schwall und Sunk einzuführen sowie die Durchgängigkeit für Fische und Geschiebe durch technische Hilfen zu gewährleisten, oder nicht?“, fragt der Landesfischereiverband abschließend.

Von: mk

Bezirk: Pustertal