Umweltschutzgruppe Vinschgau übt scharfe Kritik

“Staatsrat hält am Systemfehler fest”

Freitag, 09. Februar 2024 | 21:52 Uhr

Mals – Die Umweltschutzgruppe Vinschgau nimmt zum Staatsratsurteil Stellung.

“Der Weg geht weiter. Die Motivation, eine nachhaltige, umweltverträgliche und dem Menschen dienende Landwirtschaft zu schaffen, ist noch größer geworden. Die Gemeinde Mals bemühte sich seit 2015, die erste pestizidfreie Gemeinde Europas zu werden. 76 Prozent der 5000-köpfigen Gemeinde stimmten für biologische Landwirtschaft und Naturschutz. Dieser Aufstand gegen die Mächtigen in der Landesregierung und gegen den Bauernbund ging als „Wunder von Mals“ um die Welt und schrieb Geschichte. Ist nun diese Vision endgültig vom Acker? Was bleibt zurück? – Eine ohnmächtige Mehrheit auf ihren Trümmern der Gefühle?

Der Staatsrat in Rom hat beide Verordnungen der Gemeinde Mals zur Aufhebung und zur Abstandshaltung der Pestizide in Wohngebieten abgelehnt. Die Gemeinde Mals sei dafür nicht zuständig, hieß es. Jeder kann also weiterhin auf dem Gemeindegebiet Mals spritzen. Das Urteil ist Fakt. Fakt ist auch der Wunsch der Bürgerinnen, die ihren Enkeln eine zukunftstaugliche Welt hinterlassen wollen. Und dieser Wunsch konnte durch das Urteil nicht zu Fall gebracht werden.

Fakt ist aber auch: Luft, Wasser, Natur und Boden sind Allgemeingut. Ohne Luft lebt kein Mensch, kein Wesen auf dieser Welt, ohne Wasser auch nicht, um nur zwei Allgemeingüter zu nennen. Gewinnmaximierung bringt jedoch bei einer feststehenden Menge an Wasser, Luft und Boden nichts, weil diese Menge nicht vergrößert werden kann. Es gibt nur eine Erde und mit dieser müssen wir haushalten lernen.

Facebook/Umweltschutzgruppe Vinschgau

Wohlstand und Wachstum sind nur möglich, wenn man Technik einsetzt und Energie nutzt. Leider wird die Ökoenergie aus Sonne und Wind aber niemals reichen, um weltweites Wachstum zu befeuern. Die Industrieländer müssen also eine Kreislaufwirtschaft anstreben, in der nur noch verbraucht wird, was sich recyceln lässt.

Ernst F. Schumacher plädierte schon 1972 für eine Rückkehr zum menschlichen Maß in der Wirtschaft, in seinem Buch “Small is beautiful. Die Rückkehr zum menschlichen Maß.” Heute ist die Frage nach dem rechten Maß in Wirtschaft und Technik aktueller denn je.

Unser Wirtschaftssystem ist leider immer noch so aufgebaut, dass Allgemeingut wie Wasser, Luft, biologische Lebensmittel gewinnorientiert und Gewinn maximierend berechnet und gehandelt werden. Nur wer Geld hat, hat Zugang zu diesen Allgemeingütern. Eine hochtechnisierte Landwirtschaft, wie wir sie haben, lässt sich nicht so leicht umstellen. Denn je technisierter, folglich kapitalintensiver, die Landwirtschaft ist, desto leichter lässt sie sich kontrollieren und ihre Verfügbarkeit zentralisieren. Perfekt für eine konservative Politik mit schnellen Lösungen.

Deshalb brauchen wir Denkrichtungen, um unseren zerstörerischen Wachstumspfad zu verlassen. Wir brauchen ein Konsum befreites Leben, damit wir eine “Kultur des Genug” entwickeln. Denn nur mit einer “zufriedenen Genügsamkeit” werden sich die großen Krisen unserer Zeit lösen lassen.

Was ist denn das Besondere am “Wunder von Mals”? Die Malser sind Meister im Durchhaltevermögen gegenüber einer konservativen Regierung und im Glauben, dass diese Allianz der Mächtigen zu Reformen bereit sei. Die Malser schauen in die Zukunft und spüren ihre Verantwortung für die künftigen Generationen. Heute vielleicht von Vielen als Traum oder Vision belächelt. Es braucht aber Vordenker. Und es werden immer mehr. Sie geben sich nicht ohnmächtig. Das Streben nach einer verträglichen Wirtschaftsweise und nach einem gesunden und zukunftstauglichen Leben für alle kann kein Gerichtsurteil verhindern. Vielleicht geben die Belagerungen der Bauern in der EU ihnen jetzt Recht? Das ist das Wunder.

Von: ka

Bezirk: Vinschgau

Kommentare
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Oracle
Oracle
Kinig
2 Monate 18 Tage

Wir leben in einem Rechtsstaat! Es gibt Gesetze und Regeln! Der Staatsrat ist hier die oberste nationale Gerichtsinstanz. Warum sollten jetzt ein paar von einigen Marktschreiern aufgewiegelte Bürger sich das Recht nehmen, sich über nationale und EU-Vorgaben stellen dürfen? Wo kämen wir hin? Solche moderne Hexenjagd darf es nicht geben!

magg
magg
Superredner
2 Monate 18 Tage

Ja, mir leben in einem Rechtsstaat mit Gesetzen, aber Gesetzte kann man auch ändern, wenn sie nicht mehr zeitgemäß oder mehr Schaden anrichten.
Man hat eine Schlacht verloren, aber man wird weiterkämpfen.

OrtlerNord
OrtlerNord
Universalgelehrter
2 Monate 18 Tage

Oracle.
Ein Pferd hat Scheuklappen, du hast deine Augen dick verbunden!
Vergifte dein Umwelt weiter und begründe es damit das andere das auch tun!

Oracle
Oracle
Kinig
2 Monate 17 Tage
@magg… tja, das mit der Schlacht, fühlen sich einige da im Krieg? ….. den Obst- und Weinbau gibt es anderswo schon viel länger und ausgedehnter als im Obervinschgau! Pflanzenschutzmittel werden seit mittlerweilen über 100 Jahre in Südtirol eingesetzt. Die Lebenserwartung ist dennoch in den letzten 100 Jahren beträchtlich gesteigen, oder? Deshalb ist diese Kampagne eine rein ideologisch geprägte Hexenjagd! Aber wie so oft geht es darum, das eigene Gewissen zu beruhigen, wohlwissend, dass man mit dem eigenen Auto, Heizung, usw. die Umwelt täglich viel mehr verschmutzt. Wenn man so überzeugt von der Umweltsache ist, wann kommt in Mals die Bürgerbefragung… Weiterlesen »
Oracle
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Kinig
2 Monate 17 Tage

@OrtlerNord…. es geht hier um Kohärenz. Anstatt die großen Umweltprobleme im Gemeindegebiet anzugehen, versucht man das eigene Gewissen zu beruhigen, indem man nur gezielt gegen eine Gruppe vorgeht? Das finde ich nicht gut! Es ist wohlbekannt, dass Verkehr und Heizungen für die großen Umweltprobleme verantwortlich sind und nicht der Pflanzenschutz!

Oracle
Oracle
Kinig
2 Monate 18 Tage

Eine etwas verzerrte Sichtweise einiger Hinterwäldler. Das Ausbringen von Pflanzenschutzmittel auf den paar wenigen Bäumen in Mals soll ein Problem sein, während die tägliche Verkehrsbelastung, die bekanntermassen eine Hauptursache für Klimawandel und Umweltverschmutzung ist, ist in Mals kein Thema? So verbissen gegen eine kleine Gruppe anderer, bei sich selber aber kein Problem sehen? Ach wie fadenscheinig!

Kellergeist
Kellergeist
Grünschnabel
2 Monate 18 Tage

@Oracle,

genau verbissen ist das richtige Wort. Ich weiß nicht, wer das Foto oben ausgewählt hat. Hier soll wahrscheinlich eine Spritzbehandlung dargestellt werden. Tatsächlich brennen hier ganz offensichtlich ein paar Äste, trockens Laub oder ähnliches. Die Umweltschutzgruppe muss endlich aufhören mit Halb- und Unwahrheiten und solchen Bildern Stimmung zu machen. Vorher ist an eine sachliche Diskussion nicht zu denken.

Kellergeist
Kellergeist
Grünschnabel
2 Monate 18 Tage

>> 76 Prozent der 5000-köpfigen Gemeinde stimmten für biologische Landwirtschaft und Naturschutz

Was hilft es wenn 76% für biologische Landwirtschaft stimmen und nachher 96% ganz normales Obst und Gemüse kaufen.

magg
magg
Superredner
2 Monate 18 Tage

@Kellergeist Wie kann man etwas kaufen, wenn es im Laden nicht gibt? In den Dorfläden ist in diesem Bereich nicht viel Auswahl!

Oracle
Oracle
Kinig
2 Monate 17 Tage

@Kellergeist….. es kann nicht sein, dass man über eine Bürgerbefragung jemanden zwingen kann, seinen Betrieb in einer gewissen Weise auszurichten. Warum hat man aber umgekehrt keine Bürgerbefragung durchgeführt, indem man Bürger in Mals zwingt, ausschließlich Bio zu verkaufen bzw. kaufen? Man könnte ja sämtliche Hotels und den Lebensmittelhandel, die Bürger selber per Referendum zu Bio zu zwingen. Wäre auch eine Idee, oder? Wie würde sowas ankommen? Wäre gespannt. Gäbe es eine ausreichende Nachfrage, würden sich die Produzenten automatisch danach richten!

Oberjoggler
Oberjoggler
Tratscher
2 Monate 17 Tage

@magg die Nachfrage bestimmt das Angebot, ergo dessen wird wohl zu wenig Nachfrage nach

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