Von: apa
Am 2. November jährt sich der Terroranschlag in der Wiener Innenstadt, bei dem vier Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt wurden, zum fünften Mal. Auch heuer wird rund um den Anschlagsort, wo ein damals 20-jähriger Islamist wahllos um sich schoss, wieder der Opfer mit einer Kranzniederlegung gedacht. Für Politik und Justiz ist die Aufarbeitung des bis dahin schlimmsten Attentats der jüngeren österreichischen Geschichte mittlerweile weitgehend abgeschlossen.
Wie bereits in den vergangenen Jahren, gedenkt die Politik der Opfer am Vormittag des 2. November am Desider-Friedmann-Platz. Neben Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) werden auch Staatsschutz-Staatssekretär Jörg Leichtfried (SPÖ) sowie der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, und der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl anwesend sein. Dasselbe gilt auch für den ehemaligen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der während des Anschlages Innenminister war und sich danach als Chef der Sicherheitsbehörden mit Kritik und Rücktrittsaufforderungen konfrontiert sah. Nicht anwesend sein wird gesundheitsbedingt sein Nachfolger als Kanzler, Christian Stocker (ÖVP). Bundespräsident Alexander Van der Bellen nimmt aus terminlichen Gründen nicht teil.
Aufarbeitung des Anschlages dauerte lange
Wie der Attentäter in die Wiener Innenstadt gelangt war, ob er allein gehandelt hatte und wie er seine Pläne vor dem Verfassungsschutz geheimhalten konnte, war in den letzten Jahren Inhalt politischer und justizieller Aufarbeitung. Unter der Leitung von Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes untersuchte eine von Innen- und Justizministerium eingesetzte Kommission das Verhalten von Polizei und Staatsschutz in den Wochen und Monaten vor dem Anschlag. Diese hätten das Gefährdungspotenzial des späteren Attentäters nicht erkannt. So hatte sich der Attentäter im Sommer vor dem Anschlag mit mehreren Islamisten aus Deutschland und der Schweiz in Wien getroffen und war wenig später nach Bratislava gefahren, um dort Munition zu kaufen. Die richtigen Schlüsse hätten die Sicherheitsbehörden daraus nicht gezogen, zeigte die Kommission später auf.
Hohe Haftstrafen für Mittäter
Das Attentat beschäftigte aber auch die Justiz. Ein bis dato einmaliger Prozess rund um die Mittäter fand am Wiener Straflandesgericht ab Herbst 2022 statt. Nach rund 20 Verhandlungstagen wurden vier der sechs angeklagten Männer im Februar 2023 schließlich zu hohen Haftstrafen verurteilt, da sie den Attentäter auf verschiedene Arten unterstützt hatten, etwa bei der Waffenbeschaffung. Nachdem der Oberste Gerichtshof Teile des Urteils wegen mangelnder Rechtsbelehrung der Geschworenen wieder aufgehoben hatte (der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Mord war davon nicht betroffen) und der Prozess in Teilen wiederholt wurde, fassten schließlich alle die gesetzlich möglichen Höchststrafen aus: Drei Mal lebenslang, einmal 20 Jahre, da der letzte Angeklagte zum Tatzeitpunkt noch keine 21 Jahre alt war. Die anderen beiden erhielten zwar mehrmonatige Strafen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wurden von der Beteiligung am Mehrfachmord jedoch freigesprochen.
Der tatsächliche Waffenhändler hingegen kam mit einer neunmonatigen Bewährungsstrafe davon, da ein das Sturmgewehr betreffende Ermittlungsverfahren fälschlicherweise eingestellt wurde und der Slowene letztlich nur für eine Faustfeuerwaffe belangt werden konnte. Die damalige Justizministerin Alma Zadić (Grüne) hatte den Fehler der Wiener Strafverfolgungsbehörde als “inakzeptablen Fehler, der klare Konsequenzen nach sich ziehen muss” bezeichnet.
Über 3,3 Millionen Euro aus Terrorfonds ausbezahlt
Auf Grundlage des Verbrechensopfergesetzes wurden nach dem Terroranschlag 138 Personen – Überlebende bzw. Angehörige von Opfern – Hilfeleistungen zuerkannt. Bisher wurden in diesem Zusammenhang insgesamt rund 399.000 Euro ausbezahlt, wie eine Anfrage ans Sozialministerium zeigte. Darüber hinaus wurde ein über 3,5 Millionen Euro schwerer Terroropferfonds eingerichtet, auch um den Opfern langwierige Gerichtsverfahren zu ersparen. Dieser wurde nicht vollständig ausgeschöpft. Insgesamt wurden an 106 Personen 3,34 Millionen Euro ausbezahlt, gab die Verbrechensopferhilfe “Weißer Ring”, die die Auszahlung abwickelte, auf APA-Anfrage bekannt.




Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen