Aus Region Kursk Vertiebene in Lager des russischen Roten Kreuzes

Ukrainischer Armeechef: “Truppen rücken in Kursk weiter vor”

Donnerstag, 15. August 2024 | 17:18 Uhr

Von: APA/AFP/Reuters/dpa

Die ukrainischen Truppen in der russischen Oblast Kursk sind laut ihrem Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj in den vergangenen 24 Stunden bis zu eineinhalb Kilometer vorgerückt. Seit Beginn des Einfalls am 6. August seien die Soldaten 35 Kilometer weit in Kursk vorangekommen, hieß es am Sonntag. Die russische Seite betonte ihrerseits, dass mehrere Dörfer wieder zurückerobert worden seien. So sei etwa die Stadt Sudscha in Kursk nicht völlig unter ukrainischer Kontrolle.

Der Kommandant der tschetschenischen Sondereinheit Achmat, Generalmajor Apti Alaudinow, wies am Sonntag über die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Berichte zurück, dass die ukrainischen Truppen Sudscha unter Kontrolle hätten. Zudem konstatierte Alaudimow die Zurückeroberung der Ortschaft Martynowka in der Oblast Kursk .

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wiederum erklärte am Donnerstag im Onlinedienst Telegram, der ukrainische Oberbefehlshaber Syrsky habe “die Befreiung der Stadt Sudscha aus den Händen des russischen Militärs” gemeldet. Die ukrainische Armee hatte am 6. August mit ihrem Vorstoß im westrussischen Kursk begonnen. In der Kleinstadt Sudscha mit ihren rund 5.500 Bewohnern befindet sich die letzte Übergabestation für russisches Gas, das über die Ukraine nach Europa gelangt.

Der Vormarsch gehe weiter, betonte Oberbefehlshaber Syrskyj. Die ukrainischen Einheiten hätten 1.150 Quadratkilometer und 82 Ortschaften unter ihre Kontrolle gebracht. Im besetzten Teil der russischen Oblast sei eine Militärkommandantur eingerichtet worden. Die Kommandantur unter Leitung des ukrainischen Generalmajors Eduard Moskaljow solle sich um die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung und die vorrangigen Bedürfnisse der Bevölkerung kümmern, sagte Syrskyj.

Nach nicht überprüfbaren russischen Angaben sollen etwa 12.000 ukrainische Soldaten im Gebiet Kursk eingefallen sein. Sie sollen nach ukrainischen Angaben 35 Kilometer weiter auf russischem Gebiet vorgedrungen sein. Das kremlkritische unabhängige russische Nachrichtenportal “Meduza” hielt wie zuvor auch andere Experten die ukrainischen Angaben für überzogen. Demnach kontrolliert Kiew 45 bis 50 Ortschaften auf einer Fläche zwischen 500 und 700 Quadratkilometern. Die Lage in dem umkämpften Gebiet gilt als sehr dynamisch mit sich immer wieder ändernden Kräfteverhältnissen.

Die russische Armee nahm nach eigenen Angaben ein weiteres Dorf im Osten der Ukraine ein und brachte zudem einen von Kiew eroberten Ort in der westrussischen Region Kursk wieder unter ihre Kontrolle. Russische Einheiten hätten das Dorf Iwaniwka in der Region Donezk “befreit”, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstag mit. Zudem habe die Armee “die Kontrolle über das Dorf Krupez wiedererlangt”. Damit sei “die Zerstörung des Feindes abgeschlossen”, so das Ministerium weiter. Die ukrainischen Angriffe in der Grenzregion würden abgewehrt. Iwaniwka liegt entlang der Frontlinie rund 15 Kilometer von dem strategisch wichtigen Logistik-Knotenpunkt Pokrowsk entfernt.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko sprach sich indes für Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew aus. “Wir sollten uns an den Verhandlungstisch setzen und diesen Streit beenden. Weder die Ukrainer noch die Russen noch die Belarussen brauchen ihn”, sagte er in einem Interview mit dem russischen Staatsfernsehen Rossija, wie die belarussische Nachrichtenagentur Belta berichtete. Während der ukrainische Präsident Selenskyj den Aggressor mit seiner Offensive zum Rückzug zwingen will, hat Russland Verhandlungen kategorisch ausgeschlossen. Belarus ist ein Verbündeter Russlands und unterstützt den Angriffskrieg, hat aber mehrfach auch seine Dienste als Vermittler angeboten. Auch jetzt betonte er, der Westen und vor allem hochrangige Vertreter der USA seien an einer Eskalation des Konflikts interessiert. “Sie wollen, dass wir uns gegenseitig vernichten”, sagte Lukaschenko.

Die ukrainische Armee hatte am 6. August mit ihrem Vorstoß in der Region Kursk begonnen. Nach Angaben aus Kiew soll der Vorstoß Moskau unter anderem dazu zwingen, Truppen aus dem Osten der Ukraine in den Westen Russlands zu verlegen. Ein Großteil der Kämpfe findet allerdings weiterhin im ukrainischen Donbass statt, wo die russischen Truppen seit Anfang des Jahres auf dem Vormarsch sind.

Russland will nun die Sicherheit seiner Grenze zur Ukraine verstärken. Verteidigungsminister Andrej Beloussow erklärte am Donnerstag, die Kommandanten hätten eine Reihe von Maßnahmen vorbereitet, um die Sicherheit in den Grenzgebieten zu erhöhen. “Wir sprechen in erster Linie über die Steigerung der Effizienz des Truppenführungs- und Kontrollsystems im Zusammenspiel mit anderen Strafverfolgungsbehörden und der Verwaltung der Region Belgorod, über die Identifizierung verantwortlicher Beamter sowie über die Zuweisung zusätzlicher Kräfte und Mittel, die zur Erfüllung der Hauptaufgaben entsandt werden.”

Der für die Grenzsicherung zuständige Inlandsgeheimdienst FSB meldet zwar fast täglich die Festnahme vermeintlicher und realer Saboteure, die für die Ukraine arbeiten sollen. Der Grenzschutz hat demnach aber übersehen, dass sich im ukrainischen Gebiet Sumy vor dem Übertritt auf russisches Staatsgebiet ein ganzes Kontingent mit Kiewer Truppen für den Angriff formiert hatte.

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