Kein Ende der Kämpfe absehbar

UNO: Tote nach Beschuss von Flüchtlingslager im Gazastreifen

Mittwoch, 24. Januar 2024 | 23:35 Uhr

Im Süden des Gazastreifens ist ein UNO-Lager mit palästinensischen Flüchtlingen beschossen worden. “Die Kämpfe in Khan Younis spitzen sich zu. (…) Das UNRWA-Lager mit zehntausenden Menschen ist gerade getroffen worden – Gebäude brennen und viele Opfer”, schrieb Thomas White, Direktor der UNO-Hilfsorganisation für die Palästinenser (UNRWA) am Mittwoch auf X. Demnach trafen zwei Panzergeschoße ein UNRWA-Trainingszentrum, in dem 800 Menschen Zuflucht gesucht hatten.

White schrieb nicht, wer die Einrichtung seiner Einschätzung nach angegriffen hatte. Das israelische Militär hat die Verantwortung für einen Angriff auf ein UN-Lager mit palästinensischen Flüchtlingen im Süden des Gazastreifens zurückgewiesen. Durch eine Untersuchung der operativen Systeme habe man ausschließen können, dass die Armee das Zentrum in Chan Junis getroffen habe, hieß es am Mittwochabend. Nun werde geprüft, ob der Treffer die Folge von Beschuss der radikal-islamischen Hamas gewesen sei.

Augenzeugenberichten zufolge befinden sich Tausende Palästinenser wegen der Kämpfe auf der Flucht. Viele flüchteten nach Angaben vom Mittwoch in Autos oder zu Fuß in Richtung der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten. Kairo warf Israel vor, internationale Hilfslieferungen für die Palästinenser in Gaza zu verzögern. Israel trat unterdessen Medienberichten über eine mögliche Waffenruhe entgegen.

“Israel wird die Zerschlagung der Hamas nicht aufgeben”, sagte Regierungssprecherin Ilana Stein mit Blick auf das erklärte Kriegsziel. Alle Geiseln müssten zurückkehren, es dürfe keine Sicherheitsgefahr von Gaza gegen Israel mehr ausgehen. “Es wird keine Waffenruhe geben”. Einige Medien hatten zuvor berichtet, dass Israel die Kampfhandlungen im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln einstellen könnte.

Der Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen sei rund um die Uhr geöffnet, sagte der ägyptische Präsident Abdel Fatah al-Sisi. Doch mit seinen Verfahren für eine Einfuhr der Güter behindere Israel den Prozess. “Auf diese Weise üben sie Druck aus in der Frage der Freilassung der Geiseln.”

Das UNO-Nothilfebüro OCHA teilte in der Nacht mit, Evakuierungsaufrufe der israelischen Armee beträfen ein Gebiet von etwa vier Quadratkilometern in Khan Younis. In der Region gebe es rund 88.000 Einwohner, dazu kämen geschätzte 425.000 Binnenflüchtlinge, die in 24 Schulen und anderen Einrichtungen Schutz gesucht hätten. Außerdem seien drei Krankenhäuser mit einer Kapazität von insgesamt 625 Betten betroffen.

Allein im Nasser-Krankenhaus in Khan Younis hätten rund 18.000 Binnenflüchtlinge Schutz gesucht. Nach UNO-Schätzungen sind 1,7 Millionen der insgesamt 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens durch den Krieg zu Binnenflüchtlingen geworden, die ihre Wohnorte verlassen mussten.

Khan Younis gilt als eine Hochburg der islamistischen Hamas. Israel vermutet in dem Tunnelnetzwerk in der Gegend die Führung der Terrororganisation sowie auch israelische Geiseln. Die israelische Armee hatte die schwer umkämpfte Stadt am Dienstag nach eigenen Angaben umstellt. Es seien am Dienstag mehr als 100 Terroristen im Westen der Stadt “eliminiert” worden, teilte Armeesprecher Daniel Hagari Dienstagabend mit.

Am Mittwoch erklärte die israelische Armee, sie intensiviere weiter ihre Einsätze gegen die Hamas in Khan Younis. “Die Truppen haben viele Terrorzellen mit Feuer von Scharfschützen, Panzern und aus der Luft getötet”, hieß es in der Mitteilung. Bei Razzien in der Stadt seien auch Waffen gefunden worden.

Seit Kriegsbeginn am 7. Oktober wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mindestens 25.700 Menschen getötet und rund 63.740 verletzt. Den Angaben zufolge wurden allein in den vergangenen 24 Stunden mindestens 210 Palästinenser getötet und mehr als 380 verletzt. Die Zahlen lassen sich kaum unabhängig überprüfen.

Auslöser des Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels verübten. Sie ermordeten dabei 1.200 Menschen und entführten 240 Menschen.

Von: APA/dpa/Reuters

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