Van der Bellen unterstützt Moldaus EU-Ambitionen

Van der Bellen eröffnete Wirtschaftsforum in Moldau

Freitag, 17. November 2023 | 10:46 Uhr

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Freitag mit der moldauischen Präsidentin Maia Sandu ein Wirtschaftsforum in Chisinau eröffnet. Van der Bellen betonte in seiner Rede erneut, er sei sehr froh über den Vorschlag der EU-Kommission, die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit Moldau zu empfehlen. Dies sei ein langwieriger Prozess und benötige “viel politischen Willen sowie Unterstützung und Geduld der Bevölkerung”. Österreich werde Moldau dabei unterstützen.

Österreich gehöre bereits jetzt zu den Top-10-Investorenländern in Moldau mit großen Investitionen in der Landwirtschaft, der Industrie und im Finanzsektor, dennoch wolle man weitere österreichische Unternehmer ermutigen, hier zu investieren, so Van der Bellen. “Lassen Sie mich meinen tiefen Respekt für die großzügige Reaktion der Republik Moldau und ihrer Menschen zum Ausdruck bringen, die den vielen Ukrainern auf der Flucht vor dem brutalen russischen Angriffskrieg geholfen haben”, sagte Van der Bellen.

Seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine sei “business as usual” nicht mehr möglich. Als erstes gelte es daher, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Österreichische Unternehmen seien im Bereich der grünen Technologien weltweit führend und hätten Lösungen, um die Energieproduktion unabhängiger zu machen bei gleichzeitiger Reduktion der CO2-Emissionen, so Van der Bellen, der den kleinen Biss durch den Hund der moldauischen Präsidentin, der für Aufregung in sozialen Medien gesorgt hatte, gut überstanden hatte.

Sandu lobte die wirtschaftliche Zusammenarbeit und dankte für die Schaffung von Arbeitsplätzen durch österreichische Unternehmen. “Moldau und Österreich haben eine starke Partnerschaft in den 31 Jahren seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen entwickelt”, betonte die moldauische Präsidentin. Moldau werde weiter daran arbeiten, den Arbeitsmarkt zu öffnen, den öffentlichen Sektor zu digitalisieren und Regulierungen im Wirtschaftsbereich zu reduzieren. Der Kampf gegen die Korruption und für Rechtsstaatlichkeit zeige bereits erste Erfolge, so Sandu. Sie hoffe daher, dass die EU-Staaten beim Gipfel im Dezember in Brüssel die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfehlen werden.

“Die Empfehlung der EU-Kommission, Beitrittsverhandlungen mit der Republik Moldau aufzunehmen, ist ein deutliches Zeichen der Anerkennung der positiven Entwicklung, die das Land in den letzten Jahren genommen hat”, betonte Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer, gegenüber der APA. Dennoch sei es wichtig, “angesichts der geopolitischen Herausforderungen großes Augenmerk auf die Qualität der Umsetzung der Reformen” zu legen, denn Unternehmen bräuchten stabile Rahmenbedingungen.

Gerade im Hinblick auf den künftigen Wiederaufbau der Ukraine sei die Republik Moldau “hervorragend positioniert”, so Groß. “Der Ausbau des Ost-West-Korridors und der Logistikkapazitäten gehört zu den Prioritäten der EU-Förderungen.” Ebenso zeige die “Errichtung einer Schule nach österreichischem Vorbild”, dass die Kooperation zwischen Österreich und der Republik Moldau auf Dauer ausgelegt sei, so Groß weiter.

Als letzter Punkt der Reise Van der Bellens stand am Freitag noch ein Besuch der Staatlichen Universität Moldau am Programm. Dort tauschten sich Van der Bellen, die slowenische Präsidentin Nataša Pirc Musar und Sandu mit Studenten über die europäische Integration aus. Sandu betonte dabei, dass ein EU-Beitritt die einzige Möglichkeit für Moldau sei, die Demokratie zu erhalten. Doch auch danach müsse man “weiter für Demokratie kämpfen”, sagte die moldauische Präsidentin. Van der Bellen sagte, Österreich habe erst mit dem Ende der Sowjetunion die Möglichkeit erhalten, der EU beizutreten. Damals seien jedoch die Beitrittsbedingungen nicht so scharf gewesen. So würde ein System der Strafverfolgung wie jenes Österreichs, das es bereits beim EU-Beitritt 1995 gab, gegenwärtig bei keinem EU-Beitrittskandidaten akzeptiert werden, erklärte Van der Bellen.

Die ehemalige Sowjetrepublik Moldau liegt zwischen Rumänien und der Ukraine und entspricht in Größe und Einwohnerzahl in etwa den Bundesländern Nieder- und Oberösterreich. Die Amtssprache ist Rumänisch, Russisch ist ebenfalls weit verbreitet. Der Binnenstaat gilt als ärmstes Land Europas. In den vergangenen Jahren hat das Land eine pro-westliche Wende vollzogen und damit Moskau erzürnt. 2022 wurde Moldau unter der pro-europäischen Präsidentin Sandu, die 2020 den russlandfreundlichen Präsidenten Igor Dodon ablöste, der Status eines EU-Beitrittskandidaten zugesprochen. Anfang November empfahl die Europäische Kommission den Start von EU-Beitrittsverhandlungen, die Entscheidung darüber fällen die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten beim EU-Gipfel im Dezember in Brüssel.

Von: apa